Am 11. Dezember 2021 verstarb die 80-jährige Schriftstellerin Anne Rice an den Folgen eines Schlaganfalls im Beisein des Sohnes Christopher und ihrer Familie.
Für ihren Sohn ist es der Verlust der Mutter, die ihn in allen Belangen unterstützte. Er, der selbst ein ausgezeichneter Autor ist, konnte nicht nur in schriftstellerischen Bereichen auf ihrem Erfahrungsschatz aufbauen, sondern wusste sich auch in seinen Aktivitäten als Aktivist der Rechte der Homosexuellen und auf anderen sozialen Bereichen von seiner Mutter bestärkt. Er betont: ,,…ihre Unterstützung für mich war bedingungslos – sie lehrte mich, meine Träume anzunehmen, Konformität abzulehnen und die dunklen Stimmen der Angst und des Selbstzweifels herauszufordern. Als Autorin hat sie mir beigebracht, Genregrenzen zu überwinden und mich meinen obsessiven Leidenschaften hinzugeben.“
Anne Rice wurde am 4. Oktober 1941 als Howard Allen O’Brien in New Orleans, Louisiana als Tochter einer streng katholischen Familie geboren, wobei ihr männlicher Vorname ihr den Weg ins berufliche Leben erleichtern sollte. Den Namen „Anne“ gab die 6-Jährige sich selbst beim Eintritt in die katholische Grundschule. Nach dem Tod der alkoholkranken Mutter wurde sie in der St.Joseph Academy einer von katholischen Nonnen geführte reine Mädchenschule unterrichtet und empfand das Leben dort als mittelalterliche Tortur und wandte sich vom katholischen Glauben ab.
Aus Schulzeiten an der Richardson High School kannte sie ihren späteren Ehemann Stan Rice, der selbst Professor für Englisch und Kreatives Schreiben war und sich später auch als Maler betätigte. Stan Rice war ein überzeugter Atheist. Anne Rice studierte Politikwissenschaften an der San Francisco State University und erwarb 1964 einen Bachelor of Arts. Danach setzte sie ihr Studium im Fach „Kreatives Schreiben“ fort. In dieser Zeit wurde Tochter Michele geboren, bei der im Alter von 4 Jahren akute Leukämie diagnostiziert wurde und die im Alter von 5 Jahren an dieser Krankheit verstarb. Um den Tod der geliebten Tochter zu verdrängen, greift Rice zum Alkohol und schreibt ihren ersten erfolgreichen Roman. In „Interview mit einem Vampir“ setzt sie ihrer verstorbenen Tochter ein Denkmal als kleiner, blonder Vampir.
Selbst sagte sie dazu: „Ich wusste es damals nicht, aber das Buch handelte nur von meiner Tochter, dem Verlust und davon, dass man weiterleben muss, auch wenn der Glaube zerschmettert ist.“ Um dem 1978 geborenen Sohn Christopher nicht eine ebenso traurige Kindheit zu bieten wie sie es hatte, entsagte sie dem Alkohol.
Nicht nur ein Buch entsteht, ein ganzer Zyklus. Auch Romane über Hexen und – unter dem Pseudonym Anne Roquelaure – schreibt sie Bücher, die manch ihrer Leserinnen und Leser verschrecken. Erotische Romane, in denen es so eindeutig heftig zugeht, jede Seite von Hingabe und Dominanz beschrieben wird, dass einige Bücher in Deutschland auf dem Index landeten. Liz Colville, San Francisco Chronicle „Anne Rice verbindet eine enorme literarische Begabung mit einer schamlosen Liebe zu Sex, Schönheit und Popkultur. Ihre künstlerische Vision ist teils Bela Lugosi, teils Andy Warhol, teils Christina die Erstaunliche, die mittelalterliche heilige Frau, die bekanntermaßen „Sünde riechen“ konnte.… „
So entstanden phantasievolle Romane diverser übernatürlicher Erscheinungen, die über 150 Millionen Mal verkauft wurden. Nach dem Bestsellerroman Interview mit einem Vampir wurde 1994 der gleichnamige Horrorfilm mit den Hauptdarstellern Tom Cruise, Brad Pitt und Kirsten Dunst veröffentlicht.
Anne Rice war aber nicht immer die erfolgsverwöhnte Autorin. Nach überwiegend negativen Kritiken zog sie sich vorübergehend aus dem übernatürlichen Genre zurück.
Nur vorübergehend. Ihre Romane sind besonders bei Randgruppen der Gesellschaft beliebt und so entsteht ihre große Fangemeinde. „Von Anfang an hatte ich schwule Fans und eine schwule Leserschaft, die der Meinung waren, dass meine Werke eine anhaltende schwule Allegorie beinhalten… Ich hatte nicht vor, das zu tun, aber das war es…..selbst als Christopher ein kleines Baby war, hatte ich schule Leser, schwule Freunde und kannte Schwule und lebte im Castro-Viertel von San Francisco, einem schwulen Viertel.“
Rice hatte auch großen Einfluss auf das allgemeine Genre der Vampirliteratur. Sie identifizierte sich nicht mit dem Opfer, sondern mit dem Vampir. Dabei sind ihre Vampire oft philosophisch veranlagt.
Anne Rice hatte immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und überdachte auch ihren Standpunkt zu Kirche und Glauben. Am Ende ihrer Tage hat sie sich gegen die Kirche, aber für ihren Glauben entschieden.
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