Garten-Theater hing am seidenen Faden
Statt Wrack stürmischer Beifall

Gut 200 Gäste freuten sich über eine gelungene Vorstellung im Arzt-Garten.©T.Pfundtner
Von Thomas Pfundtner
Elversdorf – Zum nunmehr sechsten Mal fand im idyllischen Garten von Professor Ulrich Nellessen in Elversdorf – ein Ortsteil von Demker – ein sommerlicher Theaterabend statt. Bisher gab es immer umjubelte Vorstellungen vom Ensemble des Theaters der Altmark. Die Idee für einen Theater-Garten hatte er während der Corona-Pandemie. „Damals“, so erinnert er sich, „waren die Auflagen für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen so hoch, dass ich meinen Garten für eine Vorstellung im Freien anbot.“ Aus der Not geboren entwickelte sich so eine Veranstaltung, die mittlerweile Kult ist.

Musiker und Darstellende boten ein amüsantes Miteinander auf der Bühne.©T.Pfundtner

Der Wiener Schmäh begeisterte die Gäste in Elversdorf.©T.Pfundtner
Standen bisher alle Vorstellungen unter einem guten Stern, zogen diesmal – sowohl im Vorfeld als auch am Vorstellungsabend – dunkle Wolken über dem Theater-Garten auf. Alles begann im Juni dieses Jahres anlässlich der Premiere von „Das Wrack“ auf der Freilichtbühne in Arendsee. Das Stück hatte TdA-Intendantin Dorotty Szalma gemeinsam mit ihrem Mann Greg Stosz (Greg Stosch) bereits vor Jahren als 20-minütigen Sketch geschrieben und später dann als längeres Stück auf die Bühne gebracht. Nun wurde das Stück in Arendsee gespielt – in einer weiteren Fassung mit viel Musik und noch mehr Klamauk.
Mitbeteiligt an dieser Version war Schauspielerin Kerstin Slawek. „Das Wrack“ – so der Plan des Theaters – sollte zum Schluss der Freilichtsaison – also auch im Garten von Professor Nellessen aufgeführt werden. Angeblich in einer wieder veränderten Fassung.
Damit begannen die Probleme: Bereits nach der Premiere in Arendsee hatte Professor Nellessen auf die Frage, wie ihm das Stück gefallen habe, mit „Da schweigt des Sängers Höflichkeit“ geantwortet. Wie viele andere Premierenbesucher auch war er über „Das Wrack“ ziemlich entsetzt und wollte nicht, dass es bei ihm aufgeführt wird. Also unternahm er alles, um eine Aufführung in seinem Garten zu verhindern. Und das, obwohl es unterschriebene Verträge gab. „Das Wrack“ passe nicht in den Garten und zum Heimatverein Elversdorf, der jedes Jahr dafür Sorge trägt, dass die Gäste, neben einem angenehmen Theaterabend, auch kulinarisch auf ihre Kosten kommen, erklärte er jedem, der es hören wollte.
Außerdem, so der ehemalige ärztliche Direktor der Johanniter-Klinik in Stendal, würde dieses Stück das bisherige gute Zusammenspiel zwischen Kunst und Kulinarik zum Wohle des zahlenden Publikums gefährden. Also suchte er das Gespräch mit Theater-Verantwortlichen und warb um Verständnis für seinen Standpunkt. Professor Nellessen, der auch Vorsitzender des Fördervereins der TdA ist, sagte dazu: „Das hat das Theater sofort akzeptiert. Ich erhielt innerhalb kürzester Zeit einen Anruf vom dramaturgischen Leiter Roman Kupisch. Er sagte mir, dass nicht „Das Wrack“ sondern „Da rennt der Schmäh“ im Theatergarten aufgeführt werde. Darüber habe ich mich sehr gefreut und war auch erleichtert.“

Kerstin Slawek mischte sich unter das Publikum.©T.Pfundtner
Doch damit waren die Wolken nicht verzogen: Einige Tage vor Veranstaltungsbeginn musste der Pianist, Sänger und Schauspieler Niclas Ramdohr krankheitsbedingt passen. Der musikalische Leiter des TdA hatte seine Stimme verloren und konnte deshalb nicht auftreten. Sowohl bei der Wiederaufnahme von „The Rocky Horror Show“, als auch bei „Da rennt der Schmäh“. So wurde entschieden, die Horror-Show abzusagen, und für den Abend in Elversdorf künstlerischen Ersatz zu suchen.
Gefunden wurden Opernsänger Ulf-Dirk Männer und der Klavierspieler Joachim Kuipers. Sie begeisterten die gut 200 Gäste mit verblüffenden musikalischen Variationen verschiedenster österreichischer Musik – von der Klassik über Pop bis hin zum Chanson. „Die Reblaus“ von Hans Moser, „Aber bitte mit Sahne“ von Udo Jürgens, „Rock me Amadeus“ von Falco oder die wunderbare Schnulze „Sag beim Abschied leise Servus“ von Peter Kreuder – die musikalische Palette war schier unerschöpflich. Dazu die schauspielerischen Glanzleistungen der österreichischen Ensemblemitglieder Kerstin Slawek und Hannes Liebmann, die einen wunderbaren Wien-Abend in herrlicher Natur abrundeten. Auch die Herren am Mischpult trugen ihre Kunst zum Gelingen bei.

Professor Nellessen begrüßt die Gäste in seinem Garten zur Vorstellung des TdA, um die er sehr gekämpft hat!©T.Pfundtner
Der sechste Theaterabend in Elversdorf war ein großer Erfolg und die Vorfreude aufs nächste Jahr ist geweckt.

Nicht nur das angepriesene Pflaumenmus hinterließ einen guten Eindruck.©T.Pfundtner

Die Mitglieder des Elversdorfer Heimatvereins boten ein leckeres, abwechslungsreiches Büfett.©T.Pfundtner
Dazu das Engagement des Elversdorfer Heimatvereins. Wie auch in den Jahren zuvor kümmerten sich seine Mitglieder um das kulinarische Wohlergehen der gut 200 Gäste. Sie verkauften herzhafte Frikadellen, Schnittchen in den verschiedensten Variationen, Brezeln sowie alle möglichen Getränke.
Darunter „Tinto de Verano“ (Sommer-Rotwein), ein traditionelles spanisches Erfrischungsgetränk aus Rotwein und Zitronenlimonade oder Mineralwasser, das meist mit Eis und einer Zitronenscheibe serviert wird. Es ist eine leichtere und einfachere Alternative zur Sangria und wird besonders an heißen Tagen in Spanien genossen, sei es als Aperitif, zum Essen oder eben als Theaterdrink.
Doch auch vor der Vorstellung waren die Damen und Herren des Vereins aktiv: Aufstellen der Sitzbänke, Aufbau des Tresens, Betreuung des Theaterteams. „Ohne den Verein wäre es überhaupt nicht möglich, einen Abend wie diesen zu organisieren“, sagte Professor Nellessen bei der Eröffnung der sechsten Elversdorfer Theaternacht unter freiem Himmel. So war es auch kein Wunder, dass der Gartenbesitzer auf charmante Art und Weise Werbung für den Heimatverein machte, insbesondere für das Pflaumenmus, das für 3,50 Euro erworben werden konnte: „Ich habe noch nie ein besseres Pflaumenmus gegessen“ sagte Professor Nellessen dem Publikum und forderte alle mit einem Lächeln auf den Lippen auf, das Mus käuflich zu erwerben. „Sie werden es lieben.“
Für alle Besucher hatte er dann noch eine Überraschung parat – Tomaten und Pflaumen! „Haben Sie keine Hemmungen, Tomaten und Pflaumen mitzunehmen. Wir haben so viel davon und können wirklich nicht alles verarbeiten“, bat der 73-Jährige seine Gäste und erntete für dieses Angebot großen Applaus. Anschließend begrüßte Dorotty Szalma, Intendantin des Theaters der Altmark die Gäste und betonte, wie gern Ensemble und Theater nach Elversdorf kommen, denn: „Sie, liebe Gäste, sind der Grund, warum wir überhaupt hier sein dürfen. Es ist uns eine Ehre vor Ihnen zu spielen und Ihnen einen unvergesslichen Abend zu bereiten.“

Ein begeistertes Publikum freut sich schon auf die nächste Vorstellung im Garten.©T.Pfundtner
Und das war tatsächlich so: Knapp zwei Stunden ließen Kerstin Slawek, Hannes Liebmann, Joachim Kuipers und Dirk-Ulf Mäder das Publikum einen tiefen Blick in die Wiener Seele und den legendären „Schmäh“ werfen. So erlebten die Gäste morbiden, staubtrockenen Humor, bissige Texte und den herben österreichischen Charme, der immer wieder zum Klatschen animierte.
Fazit: Auch der sechste Theaterabend in Elversdorf war wieder ein sehr großer Erfolg, der schon jetzt Freude auf die Veranstaltung im kommenden Jahr macht. Auch Professor Nellessen war sehr zufrieden und bedankte sich noch einmal nachdrücklich für die prompte Programmänderung und die Flexibilität, die das Theater mit seiner Entscheidung bewiesen habe. „Das war der Garant für einen niveauvollen Abend in Elversdorf, der das Publikum begeisterte und neugierig auf die neue Spielzeit gemacht hat.“
Einige Impressionen der Veranstaltung des Theaters der Altmark in Elversdorf im Garten von Professor Nellessen.©alle Fotos T.Pfundtner
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