Friedenspreis des Buchhandels 2025 geht an Karl Schlögel
Seit 1950 verleiht der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, die Berufsorganisation der Verlage und Buchhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Er ist mit einer Preissumme von 25.000 Euro verbunden, die von den Verlegern und Buchhändlern aufgebracht wird. Im Friedenspreis wird die Verpflichtung des Buchhandels, mit seiner Arbeit der Völkerverständigung zu dienen, eindrucksvoll sichtbar. Niemals fand ein von einem Berufsstand entwickelter und praktizierter Gedanke solch weltweite Anerkennung.
Der Stiftungsrat hat den Historiker und Essayisten Karl Schlögel zum Friedenspreisträger des Jahres 2025 gewählt. Die Verleihung fand am Sonntag, 19. Oktober 2025, in der Frankfurter Paulskirche statt. Die Laudatio hielt die deutsch-ukrainische Schriftstellerin Katja Petrowskaja.

Karl Schlögel erhielt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2025 © Phil Dero
Begründung der Jury
In seinem Werk verbindet der deutsche Historiker und Essayist empirische Geschichtsschreibung mit persönlichen Erfahrungen. Als Wissenschaftler und Flaneur, als Archäologe der Moderne, als Seismograph gesellschaftlicher Veränderungen hat er schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs Städte und Landschaften Mittel- und Osteuropas erkundet. Er hat Kyjiw und Odessa, Lwiw und Charkiw auf die Landkarten seiner Leserinnen und Leser gesetzt und St. Petersburg oder Moskau als europäische Metropolen beschrieben. Mit seiner Erzählweise, die Beobachten, Empfinden und Verstehen verbindet, korrigiert er Vorurteile und weckt Neugier.
Nach der Annexion der Krim durch Russland hat Karl Schlögel seinen und unseren Blick auf die Ukraine geschärft und sich aufrichtig mit den blinden Flecken der deutschen Wahrnehmung auseinandergesetzt. Als einer der Ersten hat er vor der aggressiven Expansionspolitik Wladimir Putins und seinem autoritär-nationalistischen Machtanspruch gewarnt. Eindrücklich beschreibt er die Ukraine als Teil Europas und fordert auf, das Land um unserer gemeinsamen Zukunft willen zu verteidigen. Seine Mahnung an uns: Ohne eine freie Ukraine kann es keinen Frieden in Europa geben.
Ein leidenschaftliches Plädoyer für eine freie, demokratische Welt

Auf der Sandbank der Zeit
Der Historiker als Chronist der Gegenwart
Karl Schlögel hat in seinen Büchern einem großen Publikum die Geschichte Osteuropas vermittelt. Doch das war ihm nie genug. Als Zeitgenosse beobachtet er mit dem Blick des Historikers die Umbrüche seit 1989 und notiert mit seismografischem Gespür die Verschiebungen gesellschaftlicher und politischer Kräfteverhältnisse. Noch im unscheinbarsten Detail des Alltags erkennt er Zeichen des Wandels. Stilistisch brillant berichtete er aus den Zentren und Provinzen Osteuropas, ein engagierter Kämpfer für eine liberale und demokratische Welt, erst recht nach der russischen Annexion der Krim 2014. Dieser Band versammelt Texte aus den letzten Jahren, die unentbehrlich sind zum Verständnis der Gegenwart.