Alhierd Bacharevič erhält Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2025

Europas Hunde

Verschrobene Gestalten bevölkern diesen „totalen Roman“: einsame Sucher, fiebrige Träumer, verkrachte Existenzen, geborene Eskapisten. Da ist Maŭčun, der Junge, der davon träumt mit seiner geliebten Gans gen Westen zu fliegen, bis ihm eine junge Spionin vom Himmel vor die Füße fällt. Der Tote im Berliner Rosengarten, dessen rätselhafte Spuren den Ermittler Teresius Skima durch ein Netzwerk von Buchhandlungen in ganz Europa zu einem abgeschotteten Superstaat führen. Oder Oleg Olegowitsch, ein Misanthrop aus Minsk, der den Sprachen abgeschworen hat und eine neue erfindet: Balbuta. Seine geheime Liebste, die er hegt und pflegt. Sie alle graben, schürfen tief und träumen sich zugleich federleicht, entdecken Geschwister im Geiste, fallen aus der Zeit, überwinden Grenzen. Aber immer lauter bellen die Kettenhunde – in Berlin, Prag, Paris, Vilnius, Minsk … Alhierd Bacharevičs großer europäischer Vorabend-Roman erspürte schon 2017, was uns hier erst allmählich zu dämmern beginnt. In Belarus ist der Roman inzwischen verboten.
  • Herausgeber ‏ : ‎ Verlag Voland & Quist
  • 1. Edition (19. Februar 2024)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 744 Seiten
  • Preis ‏ : ‎ 36 Euro
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3863913151

Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, seit 1994 jährlich vergeben und mit 20.000 Euro dotiert, zählt zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen in Deutschland. Das Preiskuratorium bilden der Freistaat Sachsen, die Stadt Leipzig, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und die Leipziger Messe. Kooperationspartner ist die Bundeszentrale für politische Bildung.

Der Jury des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2025 gehören Dr. Maike Albath (Literaturkritikerin und Autorin), Michael Lemling (Geschäftsführer der Buchhandlung Lehmkuhl), Dr. Lothar Müller (Literaturkritiker und Journalist), Gundula Sell (Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus, Jury-Vorsitz) sowie Dr. Daniela Strigl (Literaturkritikerin und Essayistin) an.

In der Begründung der Jury heißt es: „Alhierd Bacharevič gelingt mit seinem aus allen erzählerischen Nähten platzenden Roman ,Europas Hunde‘ eine furiose literarische Zukunftsvision. Bereits der Titel, der ein Gedicht von W.H. Auden aufgreift, drückt die Schlagrichtung des Unterfangens aus: ,In the nightmare of the dark/ All the dogs of Europe bark‘. Bacharevič, der 1975 in Minsk geboren wurde und seit 2020 als Schriftsteller und Übersetzer im Exil lebt, folgt Audens Empfehlung: ,Follow, poet, follow right/ To the bottom of the night …‘. Sein Abstieg führt in die finstersten Ecken und Winkel der Gegenwart, wo er aus den Widersprüchen Funken schlägt und sie im Jahr 2050 zwischen Minsk, Vilnius, einer Mittelmeerinsel, Hamburg, Prag und Berlin verglühen lässt.“

Weiter schreibt die Jury: „Die wilde Mischung aus Politthriller, Epos, Abenteuergeschichte, Satire und Märchen verknüpft Bezugspunkte, die von James Joyce, Jonathan Swift, Selma Lagerlöf und Joseph Brodsky bis zu Alexander Puschkin, Vladimir Nabokov und Paul Celan reichen. Ein verschrobener Müßiggänger tritt als Erfinder einer utopischen Sprache auf, ein furchtloser Junge geht einer Spionin zur Hand und findet wie Nils Holgersson unter den Flügeln einer Graugans Zuflucht, die Heilkräfte eines vertrockneten Mütterleins sind im gesamten diktatorischen Hyper-Staat gefragt. Leidenschaftlicher kann man von Europa und seinen Abgründen nicht erzählen.“

Der Preis wird zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am 26. März 2025 im Gewandhaus zu Leipzig an Alhierd Bacharevič verliehen. Die Laudatio hält die Literaturkritikerin, Autorin und Lektorin Sieglinde Geisel.

Alhierd Bacharevič, 1975 in Minsk geboren, wurde in Belarus mit mehreren Literaturpreisen („Buch des Jahres“ u.a.) ausgezeichnet. Er hat zahlreiche Romane und Essaysammlungen publiziert, seine Bücher sind ins Deutsche, Englische, Russische und weitere Sprachen übersetzt. 2017 erschien „Сабакі Эўропы“ (Europas Hunde). Inzwischen ist der Roman in Belarus verboten und als extremistisch eingestuft. Das „Belarus Free Theater“ inszenierte den Roman in Minsk, London, Paris, Adelaide und Berlin. 2021 wurde Bacharevič mit dem deutschen Erwin-Piscator-Preis geehrt. Bacharevič lebt zusammen mit seiner Frau, der Dichterin Julia Cimafiejeva, im Exil an verschiedenen Orten in Europa. Zuletzt erschienen: „Das letzte Buch von Herrn A.“ (edition.fotoTAPETA, 2023).

Thomas Weiler wurde 1978 im Schwarzwald geboren. Seit seinem Übersetzerstudium in Leipzig, Berlin und St. Petersburg übersetzt und vermittelt er Belletristik und Kinderliteratur aus dem Polnischen, Russischen und Belarussischen. 2017 erhielt er den Deutschen Jugendliteraturpreis, 2019 wurde er mit dem Karl-Dedecius-Preis geehrt. Er lebt mit seiner Familie in Markkleeberg bei Leipzig. Bei Voland & Quist erschienen seine Übersetzungen von Viktor Martinowitsch, Ziemowit Szczerek und Alhierd Bacharević.