Alle meine Geister

Hamburg 1955 – der noch 14-jährige Uwe wird von seinem Vater, dem Inhaber eines Pelzgeschäfts, in die Kürschnerlehre gegeben. Im Takt der Stechuhren lernt der junge Mann die kreative Präzision, die das heute fast ausgestorbene Handwerk erfordert, schult den Blick für das Material, die Kundinnen, die Tücken und Geheimnisse dieser Kunst. Er lauscht den Geschichten der Kollegen, schließt Freundschaften, bekommt Bücher empfohlen, entdeckt die Stadt und den Jazz. Der Lehrling, der vom Schreiben träumt, liest heimlich im Sortierzimmer Salinger und Camus, begleitet den »roten Erik« auf die Reeperbahn, erkundet mit dem Kollegen Johnny-Look, reichlich schüchtern noch, die Liebe, wird von Meister Kruse politisch initiiert und streitet sich nun umso intensiver mit dem Vater über die NS-Zeit.

Inzwischen ist auf dem Pelzmarkt ein Preiskampf ausgebrochen, das Kürschnergeschäft der Familie floriert nicht mehr, und als der Vater plötzlich an einem Herzinfarkt stirbt, muss der 18-Jährige ein völlig überschuldetes Geschäft sanieren. Die harte Arbeit und die großen Sorgen bringen ihn nicht ab von der Vorstellung eines ganz anderen Lebens.

Ein großartiges Buch der Erinnerungen und des Aufbruchs, präzise und poetisch. Ein sprechendes Zeitbild, ein Initiationsroman der Liebe, des Lesens, des Arbeitens und Träumens.


  • Verlag: Kiepenheuer&Witsch
  • Erscheinungstermin: 07.09.2023
  • Preis: 25 Euro
  • 288 Seiten
  • ISBN: 978-3-462-00549-3

Uwe Timm ist am 30. März 1940 in Hamburg geboren, wo er auch den größten Teil seiner Kindheit und Jugend verbrachte. Nach dem Tod seines Vaters übernahm er die hoch verschuldete Kürschnerei seines Vaters. Nach der Entschuldung holte er das Abitur zusammen mit Benno Ohnesorg nach und veröffentlichte seine ersten Gedichte. Anschließend ging er nach München, um an der Ludwig-Maximilian-Universität Philosophie und Germanistik zu studieren und 1971 zu promovieren.

Uwe Timm wurde immer wieder ausgezeichnet, u.a. mit dem Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, dem Schubart-Literaturpreis und dem Heinrich-Böll-Preis. Als Nachkriegsgeborener bearbeitet er besonders in seinen aktuelleren Werken die historische Sicht auf den Nationalsozialismus sowie die Ideen der 68er. Timm lebt mit seiner Familie als freier Schriftsteller in München und Berlin. Regelmäßig hält er noch Poetik-Vorlesungen an verschiedenen deutschen und internationalen Universitäten.