Das Schloss der Schriftsteller

NÜRNBERG ’46. Treffen am Abgrund

Wohl nie waren so viele berühmte Schriftsteller und Reporterinnen aus aller Welt unter einem Dach versammelt wie in Nürnberg 1946. John Dos Passos und Erika Mann, Erich Kästner und Martha Gellhorn, Willy Brandt und Markus Wolf: Sie kamen, um zu berichten – von den Gräueln des Krieges und des Holocaust, die dort vor Gericht verhandelt wurden. Sie wohnten und schrieben auf Schloss Faber-Castell, diskutierten, tanzten, verzweifelten, tranken.

Nürnberg 1946: Es war eine einzigartige Versammlung von welberühmten Schriftstellern, Journalistinnen, Reportern und solchen, die später einmal Berühmtheit erlangten. Erich Kästner war dort und Erika Mann, John Dos Passos und Martha Gellhorn. Augusto Roa Bastos kam aus Paraguay, Xiao Qian aus China. Im Gerichtssaal blickten sie den Verbrechern ins Angesicht, die sich für den Krieg und den Holocaust verantworten mussten. im Press Camp auf Schloss Faber-Castell versuchten sie, das Unfassbare in Worte zu fassen, damit die Welt davon erfahren konnte. Dabei trafen im Mikrokosmos des Faber-Schlosses Exil-Rückkehrer auf Überlebende des Holocaust, Kommunisten auf Vertreter westlicher Medienkonzerne, Frontberichterstatter auf extravagante Starreporter. Man schlief auf Feldbetten und begegnete sich in der Bar, im Salon, im Spielzimmer und im Kino, die die Alliierten in der globalen Herberge eingerichtet hatten. Und während die Schlossbewohner in den Abgrund der Geschichte sahen, während sie über Schuld, Sühne und Gerechtigkeit nachdachten, veränderten sich nicht nur sie, sondern auch die Art, wie sie schrieben.


Erich Kästners Kinderbuchklassiker verzaubern mit ihrem charmanten Humor, doch hinter dieser Heiterkeit verbirgt sich eine bewegte Biografie. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Kästner aufgrund seiner politischen Ansichten und jüdischen Abstammung verfolgt. Am 10. Mai 1933 sieht auch Erich Kästner auf dem Berliner Opernplatz seine Bücher brennen.

Trotz der Gefahren entschied sich Kästner, in Deutschland zu bleiben – einerseits aus Verbundenheit mit seiner Heimatstadt Dresden, andererseits in der Hoffnung, durch seine Literatur subtilen Widerstand zu leisten und die Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Unter verschiedenen Pseudonymen wie Berthold Bürger, Melchior Kurtz und Robert Neuner veröffentlichte er politisch unauffälligere Werke wie Gedichte und Kinderbücher. Nach dem Krieg setzte er sich aktiv für die Erziehung junger Menschen ein und betonte die Werte von Toleranz, Demokratie und Frieden.


Der freie Autor und Literaturagent Uwe Neumahr greift die komplexe Situation vieler Intellektueller und Künstler während und nach der Nazi-Zeit in Deutschland anhand Erich Kästners in seinem Buch „Das Schloss der Schriftsteller – Nürnberg ‘46 Treffen am Abgrund“ auf. Darin beleuchtet Neumahr das Treffen zahlreicher renommierter Schriftsteller, Journalisten und Persönlichkeiten auf Schloss Faber-Castell in Nürnberg im Jahr 1946. Sie alle berichteten über die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust, die vor Gericht verhandelt wurden, und versuchten im Press Camp das Unfassbare in Worte zu fassen.

Broschur 16 Euro
ISBN 978-3-406-82455-5
Erschienen am 11. Juli 2024
304 S., mit 31 Abbildungen
C.H.Beck Paperback

Uwe Neumahr (Jahrgang 1972) bringt als promovierter Germanist und Romanist sowie als Literaturagent viel internationale Erfahrung mit. Einen Namen als Autor hat er sich vor allem durch seine Biografien gemacht, z.B. über Georg Friedrich Händel, Cesare Borgia und Miguel de Cervantes.  2024 erhielt er den August-Graf-von-Platen-Literaturpreis.