Programm für DoG 2026 bekanntgegeben

 

Pressemeldung  zur Veranstaltungsreihe

 

 

25 Veranstaltungen mit renommierten Gästen und regionalen Akteurinnen und Akteuren finden in der Zeit vom 17. bis zum 31. Januar 2026 statt, mit denen die Veranstaltungsreihe „Denken ohne Geländer" ins zweite Jahrzehnt geht. Gewidmet ist die Veranstaltungsreihe 2026 Cornelia Habisch von der Landeszentrale für politische Bildung, die „Denken ohne Geländer“ von Beginn an entscheidend geprägt hat und nun in den Ruhestand gewechselt ist.

„Denken ohne Geländer“ wird von der Hochschule Magdeburg-Stendal, dem Theater der Altmark und derLandeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt veranstaltet und aus dem Landesprogramm „Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit“ Sachsen-Anhalt gefördert. Projektträgerin ist die Freiwilligen-AgenturAltmark e.V.

Sie stehen hinter Denken ohne Geländer 2026 (v.l.): Marion Zosel-Mohr, Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. (Projektträgerin), DominicBorchert, Landeszentrale für politische Bildung, Prof. Katrin Reimer-Gordinskaya, Hochschule Magdeburg-Stendal, Roman Kupisch,Leiter der Dramaturgie am TdA, Sylvia Gohsrich,Geschichtswerkstatt Stendal e.V., Antje Hille, Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. (Projektkoordination) und TdA-Intendantin DorottySzalma.©Edda Gehrmann

Vergangenes wird gegenwärtig

Die 25 Veranstaltungen in Stendal, Tangermünde, Havelberg und Gardelegen stehen unter dem Leitgedanken Hannah Arendts für dasaktuelle Programm: „Ich halte es eher mit Faulkner der sagt: ,Das Vergangene ist niemals tot. Es ist nicht einmal vergangen.‘“ Die Veranstaltungsreihe macht Facetten des Lebens im Nationalsozialismus und in der postnazistischen DDR gegenwärtig und blickt auf das heutige Mit- und Gegeneinander in der Gesellschaft.

Theater, Musik, Comic, Lesungen, Ausstellungen, Filme, Führungen, Vorträge, Gespräche, Gedenken und lokale Spurensuche: „Denken ohne Geländer“ 2026 bietet vielfältige Zugänge zum Lernen, Reflektieren und Diskutieren an. Das verbindende Zitat Hannah Arendts entstand im Kontext ihrer Sorge über den Verfall der Öffentlichkeit in den USA nach der Niederlage in Vietnam. Anstatt Lehren aus der Geschichte zu verkünden, regt sie an, den Blick auf Ereignisse und ihre Wirkungen zu richten. In diesem Sinne geht es in der Veranstaltungswoche etwa um Ausgrenzung und Vertreibung im Nationalsozialismus, deren Betroffene in der Erzählung persönlicher Schicksale ein Gesicht bekommen. Es geht aber auch um Israel und Palästina, um jüdisches Leben in der DDR und immer wiederum die Frage nach moralisch und politisch richtigem Handeln angesichts von Krisen, Kriegen und Konflikten. Die Veranstaltungen finden rund um den 27. Januar, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, statt.

 

 

 

 

Renommierte Gäste aus Wissenschaft und Kunst

Die Hochschule Magdeburg-Stendal, das Theater der Altmark und die Landeszentrale für politische Bildung als Veranstaltende mit der Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. als Projektträgerin haben namhafte Referent*innen und Gesprächspartner*innen sowie spannende Künstler*innen für die Veranstaltungsreihe gewonnen. Der in Deutschland geborene israelische Soziologe Natan Sznaider befasst sich in Vortrag und Lesung mit Reportagen der JournalistinGabriele Tergit (1894–1982), die in den 1930er-Jahren das britische Mandatsgebiet Palästina bereiste. Die israelische Historikerin Prof.

 Dr. Yfaat Weiss, Direktorin des Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur in Leipzig, schrieb jüngst ein Buch über die gescheiterte Mission der Vereinten Nationen, Jerusalem bei der Teilung Palästinas als international verwaltete Sonderzone zu etablieren. Über die Bedeutung dieser Geschichte spricht sie mit Prof. Katrin Reimer-Gordinskaya vom Institut für demokratische Kultur, Stendal. Die Comic-Autorin und Journalistin Nathalie Frank hinterfragt in ihrer Arbeit die Verbindung zwischen individuellem Schicksal und kollektiver politischer Geschichte. Siestellt drei ihrer Buchprojekte vor und bietet zwei Workshops für junge Menschen an.

„Einige unserer Veranstaltungen öffnen ein Fenster zu den Lebenserfahrungen von Jüdinnen und Juden in der DDR, so ein Gespräch mit Andrej Hermlin und dann – im weiteren Sinne – die Texte von Thomas Brasch, die von der Berliner Musikerin Masha Qrella eindrucksvoll berührend interpretiert werden“, sagt Dominic Borchert von derLandeszentrale für politische Bildung, der im Denken-ohne-Geländer-Team den Staffelstab von Cornelia Habisch übernommen hat. Der Dichter Thomas Brasch (1945 – 2001) war Sohn jüdischer Remigranten und wuchs in derDDR auf. Der Pianist Andrej Hermlin, Jahrgang 1965, ist der Sohn des in der DDR angesehenen Schriftstellers Stephan Hermlin und leitet das international bekannte Swing Dance Orchestra. Im Zeitzeugengespräch wird er auch musikalische Akzente setzen.

Theaterpremiere, lokale Perspektiven und Gedenken

Mit jüdischem Leben in der DDR beschäftigt sich auch die traditionelle Premiere des Theaters der Altmark im Rahmenvon „Denken ohne Geländer“. Das Schauspiel „Muttersprache Mameloschn“ von Sasha Marianna Salzmann dreht sich komödiantisch und dennoch ernsthaft um drei Generationen jüdischer Frauen in Deutschland – Mutter, Tochter und Enkelin. Die Hauptfigur kommt aus einer Partisanenfamilie in den Niederlanden, ist in die DDR eingewandert und dort Künstlerin geworden.

Anhand dieser drei Generationen mit ihren unterschiedlichen Ansichten wird jüdisches Leben in der DDR aufgefächert. Es bleibt nicht bei einer historischen Rückschau: Über die Enkelin führt das Stück bis in unsere Zeit.

Für Schulklassen zeigt der TdA-Spielclub TeenMärker an zwei Tagen nochmals seine Produktion „Was das Nashornsah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ von Jens Raschke. „Es geht um einen Zoo direkt neben einemKonzentrationslager. Mit dem naiven, unverfälschten Blick der Tiere werden die Gräueltaten in diesem Lagerbeobachtet. Das ist ein sehr heftiges Stück“, sagt Theaterintendantin Dorotty Szalma. Der Verlag sei beeindruckt, „dass wir es mit Jugendlichen machen.“ Die TeenMärker haben sich das Stück aus verschiedenen Möglichkeiten selbst ausgesucht. Seine metaphorische Erzählweise aus der Perspektive von Tieren ermöglicht es, sehr junge Menschen einfühlsam an das Thema Holocaust heranzuführen und tiefgreifende Fragen über menschliches Verhalten zu stellen.

Lokale Perspektiven bringen die Geschichtswerkstatt Stendal e.V. und die Tangermünderin Petra Hoffmann in das Programm ein. Ob Geschichten über Fluchtrouten und aus dem Exil (mit Zeithistoriker Prof. Dr. Wolfgang Benz als Gast), Führungen über die jüdischen Friedhöfe von Stendal und Tangermünde, die Verlegung neuer Stolpersteineoder die Vorstellung neuer Rechercheergebnisse – immer geht es um die Erinnerung an jüdische Menschen, die dort zu Hause waren, wo wir heute leben. In Tangermünde hält die Wissenschaftlerin und Autorin Dr. Ursula Töller einen Vortrag über den jüdischen Warenhauskonzern M. Conitzer & Söhne, der auch in der Altmark mehrere Kaufhäuserbetrieb, und schildert die Zerschlagung des Unternehmens durch die Nationalsozialisten sowie die Ausplünderung, Vertreibung und Ermordung der Familienmitglieder.

In den Rahmen von „Denken ohne Geländer“ eingebettet sind die offiziellen Gedenkveranstaltungen der Hansestadt Gardelegen in der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe und der Hansestadt Havelberg im Rathaus. Letztere nimmt die NS-Zwangsarbeit in den Fokus. Dazu spricht Dr. Roland Borchers, stellvertretender Leiter des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit Berlin.

Das gesamte Programm mit weiterführenden Informationen gibt es unter www.denken-ohne-gelaender.de.

Das Programm

Sonnabend 17.1.2026, 19.30 Uhr / Theater der Altmark, Kleines Haus – Stückeinführung um 19 Uhr

MEPHISTO – ROMAN EINER KARRIERE

Schauspiel von Thomas Jonigk nach dem gleichnamigen Roman von Klaus Mann

In seinem Exilroman »Mephisto« zeichnet Klaus Mann 1936 das Porträt eines Opportunisten, der im »Dritten Reich« Karriere macht. Dabei hat der Autor den Schauspieler Gustaf Gründgens vor Augen. Flirtet Gründgens in den »Goldenen Zwanzigern« noch mit dem in Kulturkreisen schicken Bolschewismus, dient er sich ab 1933 den Nationalsozialisten an. Er steigt auf zum Favoriten Hermann Görings, wird später Staatstheaterintendant in Berlin. Im Rausch des Ruhmes geht der gefeierte Mephisto-Darsteller einen Pakt mit den realen Teufeln ein – für den Apparat, der seine Kunst feiert, opfert er allzu bereitwillig seine Ideale. Das Theater der Altmark zeigt »Mephisto« in der Bühnenfassung von Thomas Jonigk. In einundzwanzig knappen, aber äußerst prägnanten Bildern, entwirft er einen teuflischen Reigen aus Ehrgeiz, Gewissenlosigkeit und Opportunismus. Karten an der Theaterkasse, unter 03931 – 63 57 77 oder www.tda-stendal.de.


Sonnabend 17.1.2026, 21.30 Uhr / Theater der Altmark, Theatercafé 

FEIERLICHE AUFTAKTVERANSTALTUNG

Im Anschluss an die »Mephisto«-Vorstellung laden wir alle Interessierten herzlich dazu ein, gemeinsam die Gedenkreihe »Denken ohne Geländer« im Theatercafé des TdA zu eröffnen. Der Eintritt ist frei, Reservierungen oder ein Besuch der »Mephisto«-Vorstellung sind keine Voraussetzung.


Sonntag, 18.1.2026, 14 Uhr / Café »bohne & praline«, Markt Stendal

AUF DER FLUCHT UND IM EXIL

Ein Nachmittag mit der Geschichtswerkstatt Stendal und Zeithistoriker Wolfgang Benz

Verschärfte politische und wirtschaftliche Repressionen der Nationalsozialisten führten ab 1938 dazu, dass die Flucht aus Deutschland für Jüdinnen und Juden immer schwerer wurde. Der NS-Staat schöpfte gnadenlos alle Werte aus ihrem Eigentum ab und behinderte den Transfer von jüdischem Vermögen ins Ausland. Fast alle Staaten der Welt schlossen für die nun mittellosen Flüchtlinge ihre Grenzen und führten strengste Regelungen ein. Unter teils abenteuerlichen Bedingungen retteten sich die Verfolgten in weit entfernte Länder wie Argentinien, Palästina, die USA und als letzte Zuflucht Shanghai. Die Geschichtswerkstatt Stendal e.V. gibt Einblick in Fluchtrouten und Geschichten des Exils von Jüdinnen und Juden aus Stendal. Ab 15 Uhr liest der Zeithistoriker Prof. Dr. Wolfgang Benz aus seinem Buch »Exil – Geschichte einer Vertreibung 1933 bis 1945«. Als einer der besten Kenner des Themas bietet er geschichtliche Einordnung und Hintergründe mit anschließendem Gespräch. Eintritt frei.


Montag, 19.1.2026, 11 Uhr / Wandelhalle im Stendaler Stadthaus Markt 14/15

WEGE DER ERINNERUNG

Ausstellungseröffnung: Schülerinnen und Schüler präsentieren deutsch-französisches Geschichtsprojekt

Das deutsch-französische Bildungsprojekt »Wege der Erinnerung – Les chemins de la mémoire« führte Lernende und Lehrkräfte des BSZ Stendal und des Lycée Martin Nadaud in Saint-Pierre-des-Corps zu historischen Stätten in Nürnberg, Dachau, Berlin, Theresienstadt, Prag und Auschwitz. Ziel der deutsch-französischen Studienfahrt im Frühjahr 2025 war eine gemeinsame Aufarbeitung und Reflexion der Geschichte des Dritten Reiches. Im Fokus standen die Themen Indoktrination, Propaganda, Holocaust und der Deutsche Widerstand. Nachdem die Schülerinnen und Schüler im September ihre gemeinsam erarbeitete Ausstellung in Paris präsentierten, zeigen sie die Collage aus Fotos und Texten bis zum 13. Februar 2026 in der Wandelhalle des Stadthauses Stendal. Oberbürgermeister Bastian Sieler eröffnet die Ausstellung am 19. Januar um 11 Uhr. Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen. Öffnungszeiten des Stadthauses: Mo., Di., Mi., 7 bis 16 Uhr, Do. 7 bis 18 Uhr und Fr. 7 bis 13 Uhr.


Montag, 19.1.2026, 18 Uhr / Kleine Markthalle, Stendal

GOLDA – FILM, ZEIT UND MENSCH BETRACHTET

Filmabend mit Austausch im Nachgespräch

Golda Meir (1898–1978) wurde 1969 israelische Premierministerin und war die erste Frau in diesem Amt. Der Film »Golda – Israels eiserne Lady« (2023) konzentriert sich auf ihre Rolle während des Jom-Kippur-Krieges im Oktober 1973. Während des Überraschungsangriffs durch Ägypten und Syrien 1973 leitete sie die Regierung und organisierte internationale Hilfen, insbesondere durch die USA. Der bewegende Film über eine starke Frau wird als Beitrag zur historischen Aufarbeitung und als intensives Charakterporträt gewürdigt, aber auch unterschiedlich betrachtet. Eine anschließende Diskussion widmet sich der Einordnung des Films, seinen Leerstellen und aktuellen Bezügen. Eine Veranstaltung der Geschichtswerkstatt Stendal e.V.. Eintritt frei.


Dienstag, 20.1.2026, 19 Uhr / Katharinenkirche Stendal

WOANDERS – MASHA QRELLA VERTONT THOMAS BRASCH

Die Berliner Künstlerin Masha Qrella bewegt sich mühelos zwischen Indie-Pop, Elektronik und Songwriting. Mit ihrem Projekt »Woanders« widmet sie sich den Texten des jüdischen Dichters Thomas Brasch und überführt dessen kraftvolle, poetische Sprache in moderne, atmosphärische Songs. Entstanden ist ein Konzertprogramm, das Lyrik, Musik und Zeitgeschichte auf einzigartige Weise verbindet. Tief in der Gegenwart verwurzelt, greift es zugleich die Fragen einer ganzen Generation nach Freiheit, Herkunft und Identität auf. In ihren Interpretationen schwingen Melancholie, Witz und Widerstand – ganz im Geiste Braschs, der 1945 als Sohn jüdischer Emigranten in England geboren wurde, in der DDR aufwuchs und später zu einer der eigenwilligsten Stimmen der deutschen Nachkriegsliteratur wurde. Ein Abend über Sehnsucht, Zugehörigkeit und die Kraft der Sprache – zwischen Pop, Poesie und Erinnerung. Einlass ab 18 Uhr. Eintritt frei. Reservierung empfohlen über Altmärkisches Museum / Musikforum 03931 – 65 17 01, musikforum@stendal.de und die Tourist-Information am Markt, 03931 – 65 11 90, touristinfo@stendal.de.


Mittwoch, 21.1.2026, 18 – 20 Uhr / Online Veranstaltung

ONLINE WORKSHOP ZU ANTISEMITISCHER DISKRIMINIERUNG

Antisemitismus zeigt sich heute in vielen Formen – offen, subtil oder strukturell. Besonders im Bildungsbereich stehen Fachkräfte immer wieder vor der Herausforderung, angemessen zu reagieren und Betroffene zu unterstützen. Der Workshop von OFEK – der Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung – sensibilisiert für aktuelle Erscheinungsformen antisemitischer Diskriminierung und vermittelt praxisorientierte Handlungsmöglichkeiten. Im Mittelpunkt stehen konkrete Fallbeispiele und Impulse für einen reflektierten, solidarischen Umgang mit Antisemitismus im schulischen und hochschulischen Alltag. Der Workshop ist offen für Lehrende, Schulsozialarbeiter*innen, Mitarbeitende und Fachkräfte an Hochschulen sowie die interessierte Öffentlichkeit. Anmeldung über: www.eveeno.com/Workshop_Umgang_mit_Antisemitismus


Donnerstag, 22.1.2026, 18 Uhr / Salzkirche Tangermünde

GESCHICHTE EINER JÜDISCHEN KAUFMANNSFAMILIE

Buchautorin Dr. Ursula Töller spricht über den Warenhauskonzern M. Conitzer & Söhne

Mitglieder der großen jüdischen Familie Conitzer gründeten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis in die Jahre zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg hinein mehr als 30 Kaufhäuser. Standorte gab es auch in Tangermünde, Stendal und Tangerhütte. Dr. Ursula Töller beleuchtet in ihrem Vortrag die Geschichte des jüdischen Warenhauskonzerns M. Conitzer & Söhne, die sie in einem Buch aufgeschrieben hat. Schwerpunkte sind die Zerschlagung des Konzerns durch die Nationalsozialisten, die Ausplünderung der privaten Vermögen, die Vertreibung und Ermordung aller Familienmitglieder sowie der lange Weg der Rückerstattungsverfahren nach Kriegsende. Im Anschluss wird eine Diskussion angeboten. Eintritt frei.


Freitag, 23.1.2026, 18.30 Uhr / Winckelmann-Buchhandlung Stendal

IM SCHNELLZUG NACH HAIFA

Natan Sznaider spricht über Gabriele Tergit und ihre Reportagen aus Palästina

»Leser und Leserinnen werden mit intellektueller Spannung die Geschichten von Menschen kennenlernen, keine Verallgemeinerungen, keine großspurigen Theorien, sondern wundervoll erzählte und detaillierte Ereignisse«, schrieb Natan Sznaider in der Süddeutsche Zeitung über Gabriele Tergits Buch »Im Schnellzug nach Haifa«. In Stendal spricht der in Deutschland geborene israelische Soziologe über die Berliner Journalistin (1894–1982) und ihre Reportagen. 1933 musste sie aus Deutschland fliehen und ging nach Palästina. In teils erstmals veröffentlichten Porträts und Reiseschilderungen vermittelt Gabriele Tergit ein sinnliches Bild von der ungeheuren Vielfalt Palästinas in den 1930er-Jahren, lange vor der Staatsgründung Israels. Einlass ab 18 Uhr. Eintritt frei.


Sonnabend 24.1.2026, 19.30 Uhr / Theater der Altmark, Rangfoyer – Stückeinführung um 19 Uhr 

PREMIERE: MUTTERSPRACHE MAMELOSCHN

Schauspiel von Sasha Marianna Salzmann in der Regie von Marcus Kaloff  

Lin, Clara, Rahel – Mutter, Tochter, Enkeltochter – drei Frauen, drei jüdische Generationen in Deutschland. Jede von ihnen hat ihre eigenen Erfahrungen und ihre eigenen Ansichten darüber, was es heißt, eine jüdische Frau in Deutschland zu sein. Lin, die den Holocaust überlebte und als linientreue Kommunistin in der DDR das bessere Deutschland aufbauen wollte; Clara, die mit Religion und Ideologie gebrochen hat, um das Trauma ihrer Mutter hinter sich zu lassen und Rahel, die vor allem eines sucht: Zugehörigkeit. »Muttersprache Mameloschn« von Sasha Marianna Salzmann ist vielleicht keine Komödie, aber das Stück zeigt drei Frauen, die alles daransetzen, ihr Leben zu einer solchen zu machen. Das ist meistens urkomisch und unterhaltsam, aber im richtigen Moment ernst und berührend. Karten an der Theaterkasse, unter 03931 – 63 57 77 oder www.tda-stendal.de.


Sonntag, 25.1.2026, 11 – 17 Uhr / Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen

GEGEN DAS VERGESSEN

Geführte Rundgänge über das Außengelände und Besuch der Ausstellungen im Dokumentationszentrum

Die Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe erinnert am historischen Tatort an das Massaker von Gardelegen am 13. April 1945. Dabei wurden kurz vor Kriegsende mehr als 1.000 Häftlinge aus den KZ-Komplexen Mittelbau und Neuengamme in der Isenschnibber Feldscheune ermordet. Um 11 Uhr und um 14 Uhr starten vor dem Dokumentationszentrum geführte Rundgänge (ca. 90 Minuten) durch das historische Außengelände. Interessierte haben außerdem die Möglichkeit, die Dauerausstellung »Gardelegen 1945. Das Massaker und seine Folgen« und die Ausstellung »›Tod den Nazi-Verbrechern!‹ Widerstand gegen den Nationalsozialismus am Kriegsende« der Gedenkstätte Deutscher Widerstand zu besichtigen. Letztere zeigt das breite Spektrum von spontaner Verweigerung bis hin zu geplanten Aktionen politischer Gegner des Nationalsozialismus. Eintritt frei.


Sonntag, 25.1.2026, 14 Uhr / Jüdischer Friedhof Stendal

SPUREN JÜDISCHEN LEBENS

Führung über den jüdischen Friedhof mit Einblick in seine Geschichte  

Der jüdische Friedhof in Stendal ist seit 1865 Ruhestätte für die jüdische Gemeinschaft in Stendal. 1940 wurde der Lederwarenhändler Edel Kraskin dort als letzter beerdigt. Während der DDR-Zeit verfiel die Stätte zusehends und wurde 1970 von Engagierten aus der evangelischen Gemeinde wiederhergerichtet. Die angemessene Pflege und der Zugang zum Friedhof werden auch heute kontrovers diskutiert. Die Geschichtswerkstatt Stendal e.V. gibt während der Führung einen umfassenden Einblick in die Geschichte des Friedhofs. Treffpunkt ist der Parkplatz Georgenstraße (an der Brücke). Männer dürfen diesen Ort nur mit einer Kopfbedeckung betreten. Es können kleine weiße oder schwarze Steine zum Gedenken mitgebracht werden. Eintritt frei.


Sonntag, 25.1.2026, 18 Uhr / Theater der Altmark, Kleines Haus

DAS GETEILTE JERUSALEM

Let’s talk about Jetzt!: Yfaat Weiss im Gespräch mit Katrin Reimer-Gordinskaya  

Die renommierte Historikerin Yfaat Weiss blickt in ihrem neuen Buch »Verfehlte Mission. Das geteilte Jerusalem und die Vereinten Nationen« auf ein wenig beachtetes Kapitel der Geschichte des Staates Israel: die gescheiterte Idee der UN, Jerusalem bei der Teilung Palästinas als international verwaltete Sonderzone zu etablieren. Der Arabisch-Israelische Krieg 1948 machte diese Lösung zunichte. Jerusalem wurde in Ost und West geteilt mit einer Exklave im Nordosten der Stadt. Yfaat Weiss untersucht zum ersten Mal die Geschichte dieser Exklave und macht deutlich, wie sie bis in unsere Gegenwart hineinreicht. Im Rahmen der Reihe »Let’s talk about Jetzt!« kommen Yfaat Weiss (Direktorin des Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur, Leipzig) und Katrin Reimer-Gordinskaya (Institut für demokratische Kultur, Stendal) darüber ins Gespräch. Eintritt frei. Reservierung unter 03931 – 63 57 77 oder besucherservice@tda-stendal.de empfohlen.

Der in Berlin und der Ostprignitz lebende Fotograf Sergej Horovitz stellt im Foyer des Kleinen Hauses eine Fotostrecke über die Jaffa-Straße in Jerusalem aus, die er zu Beginn der 1990er-Jahre mit der Kamera dokumentiert hat – ein visueller Echo-Raum zur historischen Spurensuche des Abends.


Montag, 26.1.2026 und Dienstag, 27.1.2026, jeweils 10 Uhr / Schulvorstellungen / Theater der Altmark, Kleines Haus

WAS DAS NASHORN SAH, ALS ES AUF DIE ANDERE SEITE DES ZAUNS SCHAUTE

Theaterstück für junge Menschen ab Klassenstufe 7  

Was tun wir, wenn wir Unrecht und Gewalt bemerken? Hinsehen, wie der Bär, oder wegschauen, wie der Pavian in Jens Raschkes preisgekröntem Theaterstück »Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute«. Hintergrund des Textes sind die grausamen Verbrechen im KZ Buchenwald, wo es zur Zerstreuung der SS-Angehörigen und ihrer Familien in Sichtweite zum Lager einen Zoo gab. Die metaphorische Erzählweise aus der Perspektive der Tiere ermöglicht es, sehr junge Menschen einfühlsam an das Thema Holocaust heranzuführen. Unabhängig von diesem konkreten Kontext stellt das Stück tiefgreifende Fragen über menschliches Verhalten. Für Schulklassen ab Klassenstufe 7 zeigt der TdA-Spielclub TeenMärker noch einmal seine Produktion, die zum Fetzt!Festival 2025 entstand. Beide Veranstaltungen sind bereits ausgebucht.


Dienstag, 27.1.2026, 13 Uhr / Jüdischer Friedhof Tangermünde

ORTE DER ERINNERUNG

Friedhofsführung und Putzen von Stolpersteinen in der Langen Straße  

Der jüdische Friedhof in Tangermünde (Magdeburger Straße 49) ist ein Ort voller Geschichte und Geschichten. Eröffnet im Jahr 1744, zeugt er von einer Friedhofskultur aus längst vergangener Zeit. Ein Besuch führt unausweichlich zur Auseinandersetzung mit den Folgen der Nazi-Herrschaft für Jüdinnen und Juden im eigenen Heimatort. Während der einstündigen Führung ist Gelegenheit, Fragen zu stellen und ins Gespräch zu kommen. Männer dürfen den Ort nur mit einer Kopfbedeckung betreten. Im Anschluss werden die Tangermünder Stolpersteine in der Langen Straße geputzt. Schulklassen können sich nach Vereinbarung vormittags über den jüdischen Friedhof führen lassen. Ansprechpartnerin ist Petra Hoffmann, Tel. 0152 – 55 88 98 05.


Dienstag 27.1.2026, 16 Uhr / Bruchstraße 8 / 17 Uhr Rathaus am Markt Stendal

STOLPERSTEINE FÜR STARKE FRAUEN

Gedenkstunde erinnert an Schicksale von Jüdinnen und Juden aus Stendal

Am Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus werden in Stendal um 16 Uhr Stolpersteine für drei starke Frauen verlegt. Vor dem Haus Bruchstraße 8 erinnern sie künftig an Esther Streifler, geb. Grünberg, und ihre Töchter Marie Streifler und Frieda Kaufmann, geb. Streifler. Um 17 Uhr lädt die Geschichtswerkstatt Stendal e.V. zu einer Gedenkstunde in den Festsaal des Rathauses ein. In diesem Rahmen werden die Rechercheergebnisse zu den Biografien von Esther Streifler und ihren Töchtern präsentiert. Weitere Beiträge berichten u.a. über das Schicksal der Familie Wolfowitz. Im Mittelpunkt der Gedenkstunde steht, wie Menschen sich unter extrem schwierigen Umständen mutig behauptet haben.


Dienstag 27.1.2026, 16 Uhr / Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen

GEGEN DAS VERGESSEN

Offizielle Gedenkveranstaltung der Stadt Gardelegen zur Befreiung von Auschwitz  

Am Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager in Auschwitz laden die Stadtverwaltung Gardelegen und die Gedenkstätte Isenschnibbe um 16 Uhr zu einer gemeinsamen Veranstaltung ein. Hintergrund des Gedenktages ist die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Soldaten am 27. Januar 1945.


Dienstag 27.1.2026, 18 Uhr / Rathaussaal Havelberg

NS-ZWANGSARBEIT IM FOKUS

Hansestadt, Domgemeinde und Bundeswehr laden zum Gedenken ein  

Die Hansestadt Havelberg mit Bürgermeister Mathias Bölt als Schirmherr, die Evangelische Domgemeinde Havelberg und der Bundeswehrstandort Havelberg laden zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein. Dr. Roland Borchers, stellvertretender Leiter des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit Berlin, wird zum Thema Zwangsarbeit sprechen. Das Dokumentationszentrum erinnert an das Schicksal der über 13 Millionen Männer, Frauen und Kinder, die während des Zweiten Weltkriegs im Deutschen Reich durch Zwangsarbeit ausgebeutet wurden. Die Veranstaltung ist öffentlich.


Mittwoch, 28.1.2026, 18 Uhr / Uppstall Kinos Stendal

DENKEN IST GEFÄHRLICH

Neue Dokumentation porträtiert Hannah Arendt in Originalzitaten  

Nach langer Zeit widmet sich wieder ein Kinofilm der bedeutenden Philosophin Hannah Arendt. Ihre Haltung und ihr intellektueller Anspruch begleiten diese Veranstaltungsreihe von Beginn an, ihr furchtloses »Denken ohne Geländer« wurde zum programmatischen Leitmotiv und Namensgeber. Durch Originalzitate aus Arendts Essays und Briefen, vorgetragen von Nina Hoss, sowie seltene Archivaufnahmen zeichnet die Dokumentation »Hannah Arendt – Denken ist gefährlich« das intime Porträt einer Intellektuellen, deren Leben geprägt war von der Erfahrung des Nationalsozialismus und der Unfassbarkeit des Holocaust. Der Film zeigt, wie Arendt als Jüdin und Widerstandskämpferin die Welt zu verstehen suchte – und warum ihre Gedanken über die Katastrophen des 20. Jahrhunderts direkt zu uns im Hier und Jetzt sprechen. Eintritt frei.


Donnerstag, 29.1.2026., 8.30 – 11.45 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal und 13 – 17 Uhr / BSZ Berufsschulzentrum Stendal

WIE GEHT ES DIR?

Workshop für junge Menschen mit Comiczeichnerin Nathalie Frank  

Die Berliner Comiczeichnerin und Journalistin Nathalie Frank bietet Studierenden der Hochschule Magdeburg-Stendal und Berufsschülerinnen des BSZ einen Comic-Workshop an. Er ist vom Projekt »Wie geht es dir? Zeichner*innen gegen Antisemitismus, Hass und Rassismus« inspiriert, an dem sie als Co-Kuratorin und Co-Autorin mitwirkte. In sorgfältig angeleiteten und spielerischen Schritten bringen die Teilnehmenden ihren eigenen kleinen Comic zu Papier, der sich mit dem Thema Vergangenheit und deren Bezug zur Zukunft beschäftigt. Der Workshop ermöglicht ihnen eine andere und kreative Auseinandersetzung mit einer sensiblen und hochpolitischen Frage. Die Veranstaltungen sind nicht öffentlich.


Donnerstag, 29.1.2026, 19 Uhr / Kleine Markthalle Stendal

VOM INDIVIDUELLEN SCHICKSAL ZUR KOLLEKTIVEN GESCHICHTE

Lesung und moderiertes Gespräch mit Nathalie Frank  

Nathalie Frank hinterfragt in ihrer Arbeit die Verbindung zwischen individuellem Schicksal und kollektiver politischer Geschichte. Die Comic-Autorin und Kulturreporterin für das Arte Journal stellt drei ihrer Buchprojekte vor: »Rückkehr nach Nürnberg«, eine Auseinandersetzung mit der Geburtsstadt ihres deutsch-jüdischen Großvaters, »Wie geht es dir?«, ein kollektives Projekt von Künstler*innen nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, und »Menschen wie alle anderen«, ein Buch über visuellen Antisemitismus, das im Auftrag des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin entsteht und 2026 erscheinen soll. In einem moderierten Gespräch erzählt Nathalie Frank, was sie bewegt. Sie beschäftigt sich intensiv damit, wie die Vergangenheit unsere Gegenwart beeinflusst, z.B. jahrhundertealte antisemitische Bildsprache, die bis heute das kollektive Unterbewusstsein prägt. Eintritt frei.


Sonnabend, 31.1.2026, 14 Uhr / Treffpunkt Uenglinger Tor Stendal

AUF DEN SPUREN DER TÄTER

Fahrradtour durch Stendal mit der Geschichtswerkstatt  

Die systematische Entrechtung, Ausgrenzung und Ermordung von Jüdinnen und Juden sowie anderer Opfer des NS-Systems gelang durch die tatkräftige Mithilfe von Nachbarn, Sicherheitsbehörden und der kommunalen Verwaltung. Die Geschichte der Täter ist auch in Stendal noch sehr unerforscht. Die Fahrradtour mit der Geschichtswerkstatt Stendal e.V. führt zu Orten des Unrechts: die Machtzentralen der NSDAP, zerstörte oder enteignete jüdische Geschäfte, Propagandaorte, Nutznießer der Zwangsarbeit sowie Stätten der Kriegsmaschinerie. Dauer: ca. zwei Stunden. Die Teilnahme ist kostenfrei.


Sonnabend, 31.1.2026, 19.30 Uhr / Katharinenkirche Stendal

GESPRÄCH & SWING MIT ANDREJ HERMLIN

TdA-Dramaturg Roman Kupisch interviewt den Musiker und Zeitzeugen jüdischen Lebens in der DDR

Als Musiker ist Andrej Hermlin eine internationale Kapazität im Bereich des Swing. Mit seinem Swing Dance Orchestra feiert er im In- und Ausland Erfolge. Daneben ist Hermlin aber auch ein genauer Beobachter politischer Entwicklungen. Der 1965 in Ost-Berlin geborene Pianist konnte dank seines Vaters Stephan Hermlin, der ein angesehener Autor der DDR war, früh eine unabhängige, kritisch-distanzierte Haltung gegenüber Staat und Gesellschaft einnehmen. Zugleich ist er aufgrund seiner Familiengeschichte auch ein Zeitzeuge jüdischen Lebens in der DDR. Im Gespräch mit dem TdA-Dramaturgen Roman Kupisch wird er die historischen Kontinuitäten und Brüche der deutschen und Deutsch-Jüdischen Geschichte in den Blick nehmen und dabei auch den Austausch mit dem Publikum suchen. Musikalisch umrahmt wird das Gespräch von Andrej Hermlin selbst mit familiärer Unterstützung. Einlass ab 19 Uhr. Eintritt frei. Reservierung empfohlen über Altmärkisches Museum / Musikforum 03931 – 65 17 01, musikforum@stendal.de und die Tourist-Information am Markt, 03931 – 65 11 90,touristinfo@stendal.de.