Programm für DoG 2026 bekanntgegeben
Pressemeldung zur Veranstaltungsreihe
25 Veranstaltungen mit renommierten Gästen und regionalen Akteurinnen und Akteuren finden in der Zeit vom 17. bis zum 31. Januar 2026 statt, mit denen die Veranstaltungsreihe „Denken ohne Geländer" ins zweite Jahrzehnt geht. Gewidmet ist die Veranstaltungsreihe 2026 Cornelia Habisch von der Landeszentrale für politische Bildung, die „Denken ohne Geländer“ von Beginn an entscheidend geprägt hat und nun in den Ruhestand gewechselt ist.
„Denken ohne Geländer“ wird von der Hochschule Magdeburg-Stendal, dem Theater der Altmark und derLandeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt veranstaltet und aus dem Landesprogramm „Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit“ Sachsen-Anhalt gefördert. Projektträgerin ist die Freiwilligen-AgenturAltmark e.V.

Sie stehen hinter Denken ohne Geländer 2026 (v.l.): Marion Zosel-Mohr, Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. (Projektträgerin), DominicBorchert, Landeszentrale für politische Bildung, Prof. Katrin Reimer-Gordinskaya, Hochschule Magdeburg-Stendal, Roman Kupisch,Leiter der Dramaturgie am TdA, Sylvia Gohsrich,Geschichtswerkstatt Stendal e.V., Antje Hille, Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. (Projektkoordination) und TdA-Intendantin DorottySzalma.©Edda Gehrmann
Vergangenes wird gegenwärtig
Die 25 Veranstaltungen in Stendal, Tangermünde, Havelberg und Gardelegen stehen unter dem Leitgedanken Hannah Arendts für dasaktuelle Programm: „Ich halte es eher mit Faulkner der sagt: ,Das Vergangene ist niemals tot. Es ist nicht einmal vergangen.‘“ Die Veranstaltungsreihe macht Facetten des Lebens im Nationalsozialismus und in der postnazistischen DDR gegenwärtig und blickt auf das heutige Mit- und Gegeneinander in der Gesellschaft.
Theater, Musik, Comic, Lesungen, Ausstellungen, Filme, Führungen, Vorträge, Gespräche, Gedenken und lokale Spurensuche: „Denken ohne Geländer“ 2026 bietet vielfältige Zugänge zum Lernen, Reflektieren und Diskutieren an. Das verbindende Zitat Hannah Arendts entstand im Kontext ihrer Sorge über den Verfall der Öffentlichkeit in den USA nach der Niederlage in Vietnam. Anstatt Lehren aus der Geschichte zu verkünden, regt sie an, den Blick auf Ereignisse und ihre Wirkungen zu richten. In diesem Sinne geht es in der Veranstaltungswoche etwa um Ausgrenzung und Vertreibung im Nationalsozialismus, deren Betroffene in der Erzählung persönlicher Schicksale ein Gesicht bekommen. Es geht aber auch um Israel und Palästina, um jüdisches Leben in der DDR und immer wiederum die Frage nach moralisch und politisch richtigem Handeln angesichts von Krisen, Kriegen und Konflikten. Die Veranstaltungen finden rund um den 27. Januar, den Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, statt.
Renommierte Gäste aus Wissenschaft und Kunst
Die Hochschule Magdeburg-Stendal, das Theater der Altmark und die Landeszentrale für politische Bildung als Veranstaltende mit der Freiwilligen-Agentur Altmark e.V. als Projektträgerin haben namhafte Referent*innen und Gesprächspartner*innen sowie spannende Künstler*innen für die Veranstaltungsreihe gewonnen. Der in Deutschland geborene israelische Soziologe Natan Sznaider befasst sich in Vortrag und Lesung mit Reportagen der JournalistinGabriele Tergit (1894–1982), die in den 1930er-Jahren das britische Mandatsgebiet Palästina bereiste. Die israelische Historikerin Prof.
Dr. Yfaat Weiss, Direktorin des Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur in Leipzig, schrieb jüngst ein Buch über die gescheiterte Mission der Vereinten Nationen, Jerusalem bei der Teilung Palästinas als international verwaltete Sonderzone zu etablieren. Über die Bedeutung dieser Geschichte spricht sie mit Prof. Katrin Reimer-Gordinskaya vom Institut für demokratische Kultur, Stendal. Die Comic-Autorin und Journalistin Nathalie Frank hinterfragt in ihrer Arbeit die Verbindung zwischen individuellem Schicksal und kollektiver politischer Geschichte. Siestellt drei ihrer Buchprojekte vor und bietet zwei Workshops für junge Menschen an.
„Einige unserer Veranstaltungen öffnen ein Fenster zu den Lebenserfahrungen von Jüdinnen und Juden in der DDR, so ein Gespräch mit Andrej Hermlin und dann – im weiteren Sinne – die Texte von Thomas Brasch, die von der Berliner Musikerin Masha Qrella eindrucksvoll berührend interpretiert werden“, sagt Dominic Borchert von derLandeszentrale für politische Bildung, der im Denken-ohne-Geländer-Team den Staffelstab von Cornelia Habisch übernommen hat. Der Dichter Thomas Brasch (1945 – 2001) war Sohn jüdischer Remigranten und wuchs in derDDR auf. Der Pianist Andrej Hermlin, Jahrgang 1965, ist der Sohn des in der DDR angesehenen Schriftstellers Stephan Hermlin und leitet das international bekannte Swing Dance Orchestra. Im Zeitzeugengespräch wird er auch musikalische Akzente setzen.
Theaterpremiere, lokale Perspektiven und Gedenken
Mit jüdischem Leben in der DDR beschäftigt sich auch die traditionelle Premiere des Theaters der Altmark im Rahmenvon „Denken ohne Geländer“. Das Schauspiel „Muttersprache Mameloschn“ von Sasha Marianna Salzmann dreht sich komödiantisch und dennoch ernsthaft um drei Generationen jüdischer Frauen in Deutschland – Mutter, Tochter und Enkelin. Die Hauptfigur kommt aus einer Partisanenfamilie in den Niederlanden, ist in die DDR eingewandert und dort Künstlerin geworden.
Anhand dieser drei Generationen mit ihren unterschiedlichen Ansichten wird jüdisches Leben in der DDR aufgefächert. Es bleibt nicht bei einer historischen Rückschau: Über die Enkelin führt das Stück bis in unsere Zeit.
Für Schulklassen zeigt der TdA-Spielclub TeenMärker an zwei Tagen nochmals seine Produktion „Was das Nashornsah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ von Jens Raschke. „Es geht um einen Zoo direkt neben einemKonzentrationslager. Mit dem naiven, unverfälschten Blick der Tiere werden die Gräueltaten in diesem Lagerbeobachtet. Das ist ein sehr heftiges Stück“, sagt Theaterintendantin Dorotty Szalma. Der Verlag sei beeindruckt, „dass wir es mit Jugendlichen machen.“ Die TeenMärker haben sich das Stück aus verschiedenen Möglichkeiten selbst ausgesucht. Seine metaphorische Erzählweise aus der Perspektive von Tieren ermöglicht es, sehr junge Menschen einfühlsam an das Thema Holocaust heranzuführen und tiefgreifende Fragen über menschliches Verhalten zu stellen.
Lokale Perspektiven bringen die Geschichtswerkstatt Stendal e.V. und die Tangermünderin Petra Hoffmann in das Programm ein. Ob Geschichten über Fluchtrouten und aus dem Exil (mit Zeithistoriker Prof. Dr. Wolfgang Benz als Gast), Führungen über die jüdischen Friedhöfe von Stendal und Tangermünde, die Verlegung neuer Stolpersteineoder die Vorstellung neuer Rechercheergebnisse – immer geht es um die Erinnerung an jüdische Menschen, die dort zu Hause waren, wo wir heute leben. In Tangermünde hält die Wissenschaftlerin und Autorin Dr. Ursula Töller einen Vortrag über den jüdischen Warenhauskonzern M. Conitzer & Söhne, der auch in der Altmark mehrere Kaufhäuserbetrieb, und schildert die Zerschlagung des Unternehmens durch die Nationalsozialisten sowie die Ausplünderung, Vertreibung und Ermordung der Familienmitglieder.
In den Rahmen von „Denken ohne Geländer“ eingebettet sind die offiziellen Gedenkveranstaltungen der Hansestadt Gardelegen in der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe und der Hansestadt Havelberg im Rathaus. Letztere nimmt die NS-Zwangsarbeit in den Fokus. Dazu spricht Dr. Roland Borchers, stellvertretender Leiter des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit Berlin.
Das gesamte Programm mit weiterführenden Informationen gibt es unter www.denken-ohne-gelaender.de.