Antigone

 

Antike – zeitgemäß mit Bodo Wartke und Melanie Haupt

 

Bodo Wartke – Antigone: Melanie Haupt und Bodo Wartke©Gernot Hoesch & Joe Frohriep 

Das Theaterstück von Bodo Wartke Antigone beruht auf dem Stück von Sophokles, einem Dichter in der Zeit der Griechischen Klassik (430/420 bis 400/390 v. Chr.).  Diese Tragödie hat Bodo Wartke in Reime gefasst und mit Musikstücken ganz verschiedener Genres unterlegt. Der Klavierkabarettist und seine langjährige Bühnenpartnerin Melanie Haupt spielen alle Rollen des Stückes in rasanten Rollenwechseln mit wenigen Requisiten im minimalistischen Bühnenbild. Die zeitgemäße Interpretation widmet sich nicht nur der Geschichte von Ödipus‘ ältester Tochter, sondern bezieht auch die Vorgeschichte mit ein. Respekt- und doch humorvoll haben die Macher des Stücks Antigone zeitgemäß aufbereitet und musikalisch ergänzt, ohne dem Stück die Tragik zu nehmen.

Text & Musik: Bodo Wartke
Regie: Sven Schütze / Dramaturgie: Carmen Kalisch
Premiere: 9. April 2018 im Schmidt Theater in Hamburg

Bühnenbild von Antigone©ik

Der Nikolaisaal befindet sich in der Altstadt Potsdams hinter den Hausnummern 10/11 in der Wilhelm-Staab-Straße. Das Potsdamer Konzert- und Veranstaltungshaus hat eine über 100-jährige musikalische Tradition an diesem Ort. Am 14. April 1945 zerstört, wurde der Saal von der Gemeinde und dem neu gegründeten Hörfunk Landessender Potsdam aufgrund seiner berühmten Akustik wiederaufgebaut. Im Jahr 2000 wurde er durch den Neubau eines Konzert- und Veranstaltungshauses ersetzt. Vollbesetzt können 725 Besucher die Veranstaltungen genießen.

Die Vorstellung am 2. Oktober war ausverkauft! Dennoch waren nicht alle Sitze besetzt. Wie das? Hotels kaufen wohl für ihre Gäste einen Vorrat, wenn diese Plätze nicht abgerufen werden, gibt es dieses Phänomen. Nach der Pause setzten sich dann auch etliche Personen um. Glück für sie. Das Publikum war Generationen übergreifend – von Kindern bis zu älteren Interessierten.

Das Bühnenbild bestand links aus einem Podium für den Flügel, rechts gab es ein Podium für einen schlichten Thron. Dazu ein Treppenpodest, das im Verlauf des Stückes durch Haupt oder Wartke  oder beide, an verschiedene Standorte geschoben wurde. Ein Lichtspiel ergänzte das Bühnenbild nicht nur durch verschiedene Beleuchtungsfarben, sondern es erzeugte an den Wänden auch faszinierende Schattenspiele.

Szene aus Antigone©Gernot Hoesch

Szene mit Ukulelenspiel von Melanie Haupt©Sven Schütze 

Eteokles (re. Melanie Haupt) und Polyneikes (li. Bodo Wartke) begegnen sich in der Schlacht, die sich an der Thronfolge entzündete.©Sven Schütze

Kurz nach 20 Uhr begann das Bühnenspektakel mit Melanie Haupt und Bodo Wartke. Durchgehend gereimt, immer wieder mit Musik unterlegt. Flügel, Ukulele, Mundharmonika, Harmonika und Kastagnetten wurden virtuos von beiden Akteuren gespielt.

Überhaupt war es erstaunlich, wie Text und Musik über fast zweieinhalb Stunden mit nur 20 Minuten Pause von Melanie Haupt und Bodo Wartke so lebendig und mitreißend „über die Bühne gebracht wurden“.

Die komplizierte Handlung verlor bei allen popkulturellen Zitaten und zeitgenössischen Musikformen nichts von der unvergänglichen Stärke. Ein Disput kann eben statt als minutenlanger Dialog auch als Hip-Hop-Battle mit handgemachten Beats mitreißend erzählt werden. Und eigentlich ist es unmöglich, dass nur zwei Darstellende diese Handlung mit 22 unterschiedlichen Personen spielen. Von Anfang an bringen Haupt und Wartke in Sprache und Spiel dieses gereimte Drama auf  die Rampe. Feiner Humor durchzieht das Stück, kleine Pointen sorgen für Lachsalven. Der blitzschnelle Wechsel zwischen den Charakteren ist eine Meisterleistung, nur kleine Veränderungen mit Brille, Jacke, Mütze oder eine spezielle Körperhaltung reichen, um die Zuschauer ins Bild zu setzen, wer da gerade spricht.

Eine Tragödie pointiert und humorvoll darzustellen ist schon eine Kunst. Die plötzlichen Wendungen im Geschehen von quietschvergnügt zu bitteren Momenten noch mehr. Und alles verpackt in unterschiedlichste Musik und variationsreichen Tanz. Besonders Melanie Haupt überzeugt durch ihre energievolle Darstellung ihrer Handelnden. Die Mimik ist umwerfend und ergänzt den gesprochenen und gesungenen Text.

Eine Aufführung, die mit minutenlangen, stehenden Ovationen für diesen mitreißenden Theaterabend endete. Begeistert waren alle, Jung und Alt.

Nein, nicht ganz das Ende der Veranstaltung. Bodo Wartke bat die Stehenden sich zu setzen und so erzählten beide noch einmal, wie toll dieses Potsdamer Publikum war und sehr ausführlich, wer von beiden wann noch zu sehen ist. Denn Melanie Haupt und Bodo Wartke sind auch in anderen Projekten zu sehen und treten einzeln oder auch in anderen Formationen auf.

Antigone (Melanie Haupt) in Haft.©Sven Schütze

Der Besuch war ein großes Vergnügen. Erstaunlich diese Wendungen von übersprudelnder Fröhlichkeit zur atemlose Stille. Der erste Teil fröhlicher, der zweite atemloser. Tragödie bleibt auch hier Tragödie. Und Gedanken zum Übertragen in unsere Zeit gab es auch. Themen wie ‚ziviler Ungehorsam‘ und ‚Menschenwürde‘ wurden durch Haupt und Wartke auf vielfältige Weise beleuchtet. Der Spagat, ein komplexes Drama der Weltliteratur mit feinsinnigem Humor und Livemusik zu würzen, gelang hervorragend.

Text: Inken Kränz

Bodo Wartke – Antigone©Reimkultur GmbH & Co. KG

Wer aber das Theaterstück lieber lesen oder es noch einmal nachlesen möchte.

Es gibt Antigone in der Wartke-Fassung auch als Buch.

Antigone – Das Buch zum Theaterstück Antigone – das Nachfolgestück zu Bodo Wartkes Solo-Theater König Ödipus! Nach König Ödipus beweist der Klavierkabarettist zum zweiten Mal sein Schauspieltalent mit einer Tragödie des Sophokles. Wartke und seine langjährige Bühnenpartnerin Melanie Haupt spielen alle Rollen des Stückes in rasanten Rollenwechseln mit wenigen Requisiten in minimalistischem Bühnenbild. Wie das Vorgängerstück ist auch Antigone komplett gereimt, die Sprache ist modern und es gibt wieder zahlreiche popkulturelle Verweise zu entdecken. Mit allem Respekt und doch humorvoll nähern sich die Macher des Stücks ihrer Antigone, ohne dem Stück die Tragik zu nehmen. Das von Dramaturgin Carmen Kalisch, Regisseur Sven Schütze und Bodo Wartke konzipierte Stück zeigt die Aktualität des antiken Stoffs, in dem sich die Hauptfigur selbstbestimmt gegen ein neu erlassenes Gesetz im Staat auflehnt. Im Fokus stehen zeitlos gültige Fragen nach der Verantwortung des Staates auf der einen Seite und der Rolle des einzelnen Menschen auf der anderen Seite.
  • Herausgeber ‏ : ‎ Reimkultur; 1. Edition (14. April 2023)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 72 Seiten
  • Preis‏ : ‎ 7,90 Euro
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3941439368