Die Zeit, als die Mauer noch steht, aber schon geentert wurde. 

Das Buch Der letzte Auftrag beschließt die Spionin-Trilogie von Titus Müller.

Vom ersten Band an faszinierten mich die intensive Recherche, die Kenntnisse über Gerätschaften, Beziehungen, Orte, Menschen und politische wie ökonomische Zusammenhänge. Diese Trilogie vermittelt wirklich realistische Eindrücke vom Leben und Druck des Staatsapparats der DDR auf seine Untertanen. Der Autor Titus Müller hat seine persönlichen Erfahrungen aus seiner Jugend, wie abgehörte Telefonate, durchsuchte Pakete oder Einschränkungen  und Aussonderung, in dieses Werk mit einfließen lassen können.

Auch in diesem dritten Band mischt Titus Müller wieder reale Fakten mit fiktiven Handlungen. Die Handlungsstränge wechseln innerhalb der Kapitel, so dass ich immer  genau aufpassen musste, wer jetzt handelt und wo das Geschehen gerade stattfindet. Das verhindert ein mechanisches Querlesen und hält die Spannung hoch.

Die Tochter der Spionin Ria Nachtmann, Annie, steht im Fokus dieses Bandes. Sie hat den Mut und Widerspruchsgeist ihrer Mutter und fällt dadurch bei ihrer Arbeitsstätte im Krankenhaus bei den Frühchen durch ihre Menschlichkeit, die im Gegensatz zur Produktivität steht, negativ auf. Die Stimmung ist nicht nur an der Arbeitsstätte gereizt, auch der Freiheitsdrang und die Hoffnung auf Transparenz in der gesamten Gesellschaft findet seinen Weg an die Öffentlichkeit.

Im Roman schildert Titus Müller diese Zeit um den 40. Jahrestag der DDR aus den verschiedensten Perspektiven. Annie und der Jugendfreund Michael, der daran gehindert wird, seine Dokumentarfilme zu veröffentlichen und sie nur im Archiv lagern darf. Seine Lebenspartnerin, die nur am Rande der Handlungen eine Rolle spielt. Das ist der Teil des Herz-Schmerz-Dramas, drauf hätte ich verzichten können, gehört aber zum Leben dazu. Daneben der Friedenskreis, von Stasi-Spitzeln unterwandert, und so Zufluchtsort und Ort des Verrats gleichzeitig. Die Beschattung Annies durch einen Stasi-Mann, der sie verfolgt, aber ihr auch Gelegenheit zur Flucht gibt. – Wem kann wer trauen, eine Frage des Überlebens und der Freiheit. Die Spannung war auf jeder Seite zu spüren. Im Buch werden Demonstrationen, Verhöre und Schmerzen miterlebt.

Selbst die Machenschaften hinter KGB-Mauern werden aufgedeckt und mit dem Wissen des Vorlebens des heutigen russischen Staatschefs, gelangt kalte, bittere Erkenntnis bis in unsere Zeit.

Der Titel des Buches erschließt sich erst am Ende des Buches, was die Spannung aufs Ende erhöht. Die Rolle der Geheimdienste bekommt wieder mehr Raum. Die Beziehungen in der Familie von Ria und Annie werden angedeutet, ein Hauch von Familienglück scheint sich zu offenbaren.

Beim Lesen jedes Buches habe ich mitgelitten, war traurig, wütend und ich habe mich gefreut, wenn es sich zum Guten wandte. Ich habe mir vorgenommen, alle drei Bände dieser Trilogie mit den verschiedenen Schwerpunkten noch einmal hintereinander zu lesen. Jeder Band kann für sich stehen, aber ich fand sie alle so gut, dass ich mich darauf freue.