Christiane Hoffmanns Vater floh Anfang 1945 aus Schlesien. 75 Jahre später geht die Tochter denselben Weg. Danach entstand ein sehr persönliches Buch. Die Suche einer Tochter nach ihrem Vater und seiner Geschichte.

Alles, was wir nicht erinnern

Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters

Die Nachkriegsgenerationen müssen sich beeilen, die Geschichten ihrer Eltern und Großeltern aus dem Krieg und den Zeiten danach in Erfahrung zu bringen. Wenn sie sich dafür interessieren – und das sollte für jeden interessant sein. Schließlich haben das Schicksal und die Lebenserfahrungen unserer Vorfahren direkten Einfluss auf uns.

Wohl auch aus diesem Grund ist die Autorin Christiane Hoffmann den Fluchtweg ihres Vaters nachgegangen, zu Fuß und allein. Nach dem Tod ihres Vaters.

Christiane Hoffmanns Vater floh Anfang 1945 aus Schlesien, aus dem Ort Rosenthal, der jetzt Rózyna heißt. 75 Jahre später geht die Tochter denselben Weg, 550 Kilometer nach Westen. Sie wandert bei Wind und Wetter. Sie sucht Gespräche mit anderen Menschen und mit sich selbst. Sie sucht nach der Geschichte und ihren Narben. Sie formuliert daraus ein sehr persönliches, literarisches Buch über Flucht und Heimat, über die Schrecken des Krieges und über das, was wir verdrängen, um zu überleben.

Für ihren autobiografischen Reisebericht Alles, was wir nicht erinnern erhält die Autorin Christiane Hoffmann, den Buchpreis Familienroman 2022 der Stiftung Ravensburger Verlag.

Christiane Hoffmanns autobiografischer Reisebericht Alles, was wir nicht erinnern – zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters ist im Februar 2022 bei C.H. Beck erschienen. Schon am 1. September kam die sechste, durchgesehene Auflage in die Buchläden. Das teilte die Stiftung Ravensburger Verlag mit.

In der Begründung der Preisvergabe zum Buchpreis Familienroman 2022 heißt es: „Das autobiografische Buch Alles, was wir nicht erinnern ist im doppelten Sinne eine gelungene Reiseerzählung. Oberflächlich betrachtet handelt es sich um eine Reportage über eine Ost-West-Wanderung der Autorin, die am ehemaligen Hof der Familie in Schlesien beginnt und im tschechisch-bayerischen Egerland endet. Das Motto, das sich durch die herausragend formulierte Wandergeschichte zieht, lautet: ‚Zu Fuß?‘ – ‚Zu Fuß.‘ – ‚Allein?‘ – ‚Allein.‘ Die Autorin erlebt nicht nur die Unbillen eines Marsches durch Wildnis und teils verlassene Zivilisation mitten in Europa, sondern sucht als Passantin in den Dörfern das Gespräch mit überlebenden alten Menschen und mit dorf- und landeshistorisch interessierten Nachkommen. Literarischen Tiefgang erwirbt sich die Geschichte als Reise in die eigenen Erinnerungen der Autorin als Kind einer Flüchtlingsfamilie, ihre Auseinandersetzung mit den von Sehnsucht und Verdrängung geprägten Erzählungen der Eltern und Verwandten. Vor allem der Vater hatte so gut wie alle Erinnerungen an seine schlesische Kindheit und die Schrecken des Jahres 1945 verloren. In einer Art Selbstanalyse erkundet die Erzählerin diesen weißen Fleck der Familiengeschichte und erkennt, wie sehr in ihrem eigenen Nachkriegsleben die unbewältigten Traumata weiterwirken. Ein komplexes und kluges literarisches Werk, verfasst mit intellektueller Präzision, sprachlicher Brillanz und hoher Anschaulichkeit, das sich als Pflichtlektüre für Nachgeborene eignet.“

Der Buchpreis Familienroman

Der zum zwölften Mal verliehene Buchpreis Familienroman der Stiftung Ravensburger Verlag zeichnet jährlich den Autor oder die Autorin einer deutschsprachigen Publikation erzählender Prosa (Roman, Erzählung, Anthologie, Autobiografie, autofiktionaler Text) aus, die mit „literarischen Stilmitteln ein zeitgenössisches Bild der Familie zeichnet“.

Fachleute aus Literaturkritik und Buchhandel beraten die Stiftung bei der Auswahl des Buchpreises.. 2022 waren dies Uwe Wittstock (Literaturkritiker und Buchautor), Sandra Kegel (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Ellen Pomikalko (Buchmarkt), Michael Riethmüller (Buchhandlung RavensBuch), Mareike Fallwickl (Literaturbloggerin und Buchautorin) und Andrea Reidt federführend (Journalistin und Buchautorin).

Die Preisverleihung findet am 21. November 2022 in der Berliner Landesvertretung Baden-Württemberg statt. Die Laudatio hält der Literaturkritiker Uwe Wittstock.

  • Herausgeber ‏ : ‎ C.H.Beck; 6., durchgesehene Edition (1. September 2022)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 279 Seiten
  • Preis 22 Euro
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3406784934
  • 1. Ausgabe : 17. Februar 2022