Stendal aus expressionistischer Sicht

 

 Sehenswerte Ausstellung einer jungen lettischen Malerin in der Volksbank-Zentrale

 

Ingo Freidel, Vorstandsmitglied der Volksbank, begrüßt die Gäste der Ausstellung und erinnert an die Verdienste der Kaschade Stiftung im kulturellen Leben der Hansestadt Stendal.©T.Pfundtner

Die Volksbank Stendal veranstaltet regelmäßig Ausstellungen mit jungen Künstlern, die das Stipendiat der Kaschade-Stiftung erhalten haben, in ihrer Hauptfiliale im Birkenhagen. Es sind immer sehenswerte Objekte und Werke, die dort zu sehen sind. Zum Ende des Jahres gibt es ein absolutes Highlight: Die lettische Malerin Kate Kalniete zeigt unter dem Titel „Stendal erleben“, wie sie die Hansestadt empfindet. Es sind beeindruckende Bilder, die diese Ausstellung zu etwas ganz Besonderem machen. Thomas Pfundtner hat sich für Sie umgesehen.

Die Künstlerin Kate Kalniete bei der Ausstellungseröffnung.©T.Pfundtner

Der Stendaler Bahnhof aus Sicht der lettischen Malerin.©T.Pfundtner

Der Stendaler Marktplatz im Sommer auf dem Bild von Kate Kalniete.©T.Pfundtner

 

 

 

Stendal – Wenn der Seiteneingang zum Haupteingang wird, dann, ja dann lädt die Volksbank Stendal zu einer neuen Vernissage in ihren Hallen ein.

Die ausstellenden Künstler sind dabei (fast) immer junge Kreative, die sich sechs Wochen in Stendal künstlerisch mit der Hansestadt auseinandersetzen. Dies wird durch die Kaschade-Stiftung ermöglicht, die jedes Jahr ein entsprechendes Stipendium an Bewerber aus ganz Europa vergibt. Am Ende werden dann zum Herbstanfang ihre Werke in einer großen Ausstellung in der Volksbank dem interessierten Publikum präsentiert. Diese „Werk-Show“ wird mit einer großen Vernissage, zu der Kunden und interessante Persönlichkeiten der Stadt eingeladen werden, eröffnet. In diesem Jahr stand dabei die im lettischen Kuldiga geborene Malerin Kate Kalniete im Mittelpunkt des Interesses. Sie definiert sich über für sie zwei entscheidende Lebensinhalte: die Kunst und das Reisen. So ist es kein Wunder, dass sie fließend Englisch, Italienisch, Russisch und Deutsch – Lettisch sowieso – spricht und in Deutschland, der Schweiz und Italien gelebt hat. Über die Herausforderung „Stendal“ sagte sie bei der Eröffnungsfeier: „Als mein Zug in Stendal hielt, spürte ich, dass ich hier richtig bin. Im ersten Moment haben mich das alte Bahnhofsgebäude und die Bahnsteige – insbesondere der an Gleis zwei – in ihren Bann gezogen.“ Doch auch die Backsteingotik erinnern Kate Kalniete an ihre Heimat Kuldiga und die lettische Hauptstadt Riga, in der sie die Kunstakademie besuchte. Kein Wunder also, dass die Künstlerin in der Altmark und der Hansestadt alles vorfand, was ihre Arbeiten inspiriert: klassische Architektur, die den Stempel der Vergangenheit stolz trägt, idyllische Ecken und Winkel, die zum Verweilen einladen, lebhafte Plätze oder verborgene, mystische Orte.

Auch die zeitliche Begrenzung des Stipendiums bedeutete für die junge Künstlerin eine große Herausforderung. Minimierung in der Zeit und das ständige Ringen um das Wesentliche im Bild beeinflussten ihre Stendaler Bilder maßgeblich. Tatsächlich sind ihre Werke vom Expressionismus geprägt. „Die Künstler von „Brücke“ und „Blauem Reiter“ haben bekanntlich die Farbe als Ausdruck inneren Empfindens neu austariert und sich im Ringen um das Wesentliche profiliert. Das hat die diesjährige Kaschade-Kunststipendiatin total verinnerlicht“, sagte die bekannte Kunst-Journalistin und Katalog-Autorin Ingrid Leps anlässlich der Ausstellungseröffnung. Und fuhr in ihrer Laudatio fort: „Es scheint Kate Kalniete mühelos zu gelingen, die Essenz des Geschauten und Erlebten in neue und unerwartete Zusammenhänge zu setzen.“

Ingrid Leps hielt die Laudatio auf die Künstlerin aus Kuldiga©T.Pfundtner

Axel Kleefeldt, der stellvertretende Oberbürgermeister, betont, dass es der Kaschade-Stiftung zu verdanken sei, dass Stendal in der Kulturlandschaft immer bekannter wird.©T.Pfundtner

Vor diesen Ausführungen hatten Ingo Freidel, Vorstandsmitglied der Volksbank, und Axel Kleefeldt, Stellvertreter des Oberbürgermeisters von Stendal, betont, dass es Institutionen wie der Kaschade-Stiftung zu verdanken sei, dass die Kunst in Stendal einen herausragenden Platz einnimmt.

Zur Erinnerung: Durch die Abordnung von Prof. Hans-Jürgen Kaschade, der als Dekan und Rektor einer Fachhochschule in Niedersachsen im Juli 1991 nach Sachsen -Anhalt geschickt wurde, um die Fachhochschule Magdeburg zu gründen, kam der Stein ins Rollen. Als er den Aufbau der Fachhochschule Altmark in Stendal übernahm, kam Hans-Jürgen Kaschade wieder nach Stendal. In die Stadt, die er in Kriegszeiten auf der Flucht aus Ostpreußen mit seiner Mutter nach kurzem Halt passiert hatte. Mit seiner Abordnung nach Sachsen-Anhalt war eine steuerfreie Dienstzulage über drei Jahre in Höhe von monatlich 2.500,00 DM verbunden.

Diese extra Zahlung fanden der ehemalige Tischler und Sozialpädagoge und seine Frau Hermine – angesichts der Tatsache, dass die Kollegen aus den neuen Bundesländern im Verhältnis zu den Westbeamten Gehaltsreduzierungen hinnehmen mussten, weil es die volkswirtschaftliche Lage erforderte – als nicht gerechtfertigt. Das führte 1994 zu der Entscheidung, die bis dahin angesammelten 90.000 DM um weitere 10.000 DM aufzustocken und diese als Grundkapital in eine Stiftung einzubringen. Mit dem Ziel, den Grundstock über die kommenden Jahre weiter zu erhöhen und die Stiftung einmal als Haupterben einzusetzen.

Ohne die Kaschade Stiftung wäre dieses Projekt nicht durchführbar

Der bescheidene Professor Hans-Jürgen Kaschade, Ehrenbürger Stendals, sichtlich gerührt durch die ehrenden Worte für sein Tun.©T.Pfundtner

Der Sperlingsberg mit dem Brunnenbecken und der Sperlingsida, die hungernde Vögel füttert. Dieses Symbol der Wohltätigkeit erinnert an einen anderen Ehrenbürger der Stadt. Auch eine anerkennende Geste.©T.Pfundtner

Sichtlich gerührt und auch ein wenig stolz lauschte Professor Kaschade den lobenden Worten, bevor er dann seine ganze Aufmerksamkeit der jungen Kate Kalniete und ihren Bildern schenkte. Bilder, die es lohnen, betrachtet zu werden, was immer zu den Öffnungszeiten der Volksbankzentrale im Birkenhagen möglich ist.

Es sind Bilder, die Stendal in einem anderen Licht zeigen und die Schönheit der Stadt auf das Wesentliche reduzieren. Und es sind Bilder, die zeigen, wie sehr sich die junge Lettin mit Stendal auseinandergesetzt hat, um dann nicht nur für die sechs Wochen Stipendiatszeit, heimisch zu werden. Auch wenn ihre Reise durch die Welt weitergeht.

Und ein Tipp für Sie: Wenn Sie ein paar Euro erübrigen können, sollten Sie sich ein Stendal-Bild von Kate Kalniete anschaffen – noch gibt es ihre Werke für kleines Geld. Aber das wird sicherlich bald anders sein.