Kopfsteinpflaster oder Asphalt

 

Diskussion um Straßenbelag wird kontrovers geführt

 

 

Blick auf den Markt und die anliegenden Straßen. Moderne Bepflasterung prägt den Stadtkern, was nicht bei allen Menschen gut ankommt.©T.Pfundtner

Stendal - Kopfsteinpflaster oder Asphalt? Diese Frage beschäftigt immer wieder Planer, Anwohner und Touristen in Städten mit historischen Kernen.

In Stendal wurde gerade die Hallstraße, in der viele alte Gebäude stehen, ab der Hospitalstraße aufwändig saniert und abschließend mit einer Asphaltfahrbahn ausgelegt. Die Fußwege wurden gepflastert. An der Abbiegung „Am Dom“ unweit des ehemaligen Gefängnisses endet der Bitumen und es wird bis zum Markt auf Kopfsteinpflaster mit kleineren und größeren Steinen gefahren. Auch rund um das Landgericht, in der Hospitalstraße oder in der Karlstraße dagegen dominiert Kopfsteinpflaster. Steine, die es insbesondere Radfahrern, älteren Menschen mit Rollator oder Menschen im Rollstuhl nicht gerade leicht machen.

 An der Abzweigung „Am Dom“ endet die Asphaltierung der Hallstraße und unterschiedliche Steinsorten dienen als Belag, auch auf den Gehwegen.©T.Pfundtner

„Ich bin froh, dass wieder Asphalt aufgebracht wurde“, sagt Hallstraßen-Anwohner Michael Trösken, „die modernen Autoreifen sind so hart, dass sie auf altem Kopfsteinpflaster besonders laute Geräusche produzieren.“ Das sei auf Dauer „nervig.“ Er weiß aber auch zu berichten, dass bereits in den 20er Jahren das Kopfsteinpflaster in seiner Straße und ebenso im Schadewachten und in der Breiten Straße durch Asphaltbelag ersetzt wurde. „Und, ganz ehrlich, ich möchte das auch nicht anders haben.“

Anders denkt Christoph S. (63), Besucher aus Reutlingen. Ihn stören die asphaltierte Hallstraße und der Schadewachten immens: „Das passt nicht zusammen.“ Und er bedauert, dass das historische Rathaus, die Marienkirche und die alten Häuser rundherum an einem „modernen unterschiedlich bepflastertem Marktplatz liegen und die Straßensteine nicht „von Geschichte geprägt“ wirken. Stören also modernes Pflaster oder Asphalt den historischen Charakter einer Altstadt?

In Werben führt die L 16 am Ortseingang zum Marktplatz und dann zur Fähre nach Räbel. Bereits am Stadteingang aus Behrendorf kommend wird kurz hinter dem Kreisel bis weit in Richtung Räbel auf Kopfsteinpflaster gefahren: „Wir setzen alles daran, dass der Altstadtcharakter erhalten bleibt“, sagt Bürgermeister Bernd Schulze. Er kann sich nicht vorstellen, dass die L 16 in der Stadt asphaltiert wird, „auch wenn es im Winter problematisch werden kann.“  Nach Angaben des Stadt-Chefs hat es bisher auch keine Beschwerden von Radfahrern oder Menschen mit Behinderung gegeben. Schulze führt aber noch ein für ihn wichtiges Argument ins Feld: Laster und Autos fahren langsam über die großen Pflastersteine. So entsteht kein Lärm und die Häuser werden nicht durch Vibrationsrisse beschädigt.

Das nächste Beispiel führt in die einstige Stauferstadt Bad Wimpfen am Neckar. In der Altstadt des beliebten Touristenziels sind fast alle Gassen, die rauf und runter durch den bergigen Ort führen, mit alten und sehr alten Kopfsteinen gepflastert. Seit einigen Jahren wird im Stadtrat und in der Bevölkerung heftig darüber diskutiert, ob nicht eine wichtige Achse durch den Ort in einen asphaltierten Radschnellweg umgebaut werden sollte. Zwar ist der Plan noch nicht umgesetzt, doch Heimatforscher Bernd Wetzka warnte gegenüber der AZ: „Das zerstört den historischen Charakter unseres Kurorts in einem nicht zu akzeptierenden Maß.“

Außerdem treibt ihn die Sorge um, dass Kinder im familienfreundlichen Wimpfen schwer verletzt werden könnten, wenn sie aus einer kleinen Gasse plötzlich auf die „Asphaltpiste laufen und auf einen rasenden Radler prallen.“

Geschichte gegen Bürgerfreundlichkeit?

Kopfsteinpflaster - schön, aber nicht barrierefrei.©IK

Kopfsteinpflaster kann sehr unterschiedlich sein.©IK

Interessant: Am Montag berichtete der MDR über die „Tour der Verkehrswende“, die gerade in Hoyerswerda Station machte.

Eine Radfahrerin sagte dem Sender, dass die hohen Bordsteinkanten und das Kopfsteinpflaster für Radler und Rollatoren-Benutzer „die Hölle sind.“ Unbestritten ein Problem, für das Lösungen gefunden werden müssen. Zum Beispiel durch abgesenkte Bordsteinkanten und schmale Asphaltstreifen über die Straßen.

In Salzwedel fließen bei der Entscheidung, ob Kopfsteinpflaster oder Asphalt zahlreiche Aspekte mit ein – zum Beispiel Herstellung von Barrierefreiheit oder Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei knappen Haushaltsmitteln.

Für Bürgermeister Olaf Meining ist klar, dass dieses Abwägen dazu führt, dass im Innenstadtbereich nicht alle Bauausführungen des Fahrbahnbelages identisch sind. Deshalb sind im Innenstadtbereich verschiedene Ausführungen der Fahrbahnoberflächen zu verzeichnen.  „Der Einsatz von klassischem Pflasterstein wurde insbesondere in den Straßenzügen der Alten Stadt Salzwedel im Areal der Marienkirche gewählt. Hier konzentriert sich der Fahrzeugverkehr auf Grund der geringen Straßenbreite auf Anliegerverkehr. Hingegen wurde aufgrund der gegebenen Verkehrsströme in der Wollweberstraße mit dem überwiegenden Durchgangsverkehr ein mittlerer Fahrspurbereich in Asphaltbauweise ausgeführt, während die Randbereiche mit Kopfsteinpflaster versehen wurden.“

Eine entsprechende Anfrage an die Stadt Stendal vom 20. August wurde bis Redaktionsschluss leider nicht beantwortet.