Gespräch mit der Intendantin des TdA, Dorotty Szalma

„Träume sind gefährlich“

 

Nach ihrem ersten Jahr als Intendantin am TdA zieht Dorotty Szalma eine ganz persönliche Bilanz

 

 

In der Altmark Zeitung konnten Sie am Montag, 09. September 2024, in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil Stendal / Arneburg-Goldbeck das Interview mit der Intendantin des Theaters der Altmark in Stendal, Dorotty Szalma lesen.

Seit einem Jahr ist sie Intendantin am TdA und zieht ein Resümee über diesen Zeitraum mit Höhen und Tiefen. Die Überschriften in der AZ hießen: „Nicht immer einfache Spielzeit" und „FRAGEN & ANTWORTEN - TdA-Intendantin Szalma zieht Bilanz"

Dorotty Szalma ist seit einem Jahr Intendantin des TdA.©T.Pfundtner

Mit Hochdruck wird am Theater der Altmark an der neuen Saison, die am 14. September mit der Premiere von The Rocky Horror Show von Richard O’Brien im Großen Saal offiziell eröffnet wird, gearbeitet. Für Dorotty Szalma ist es das zweite Jahr als Intendantin. Im Gespräch mit der AZ blickt sie noch einmal auf die abgelaufene – und nicht immer einfache – Spielzeit und zieht dabei eine ganz persönliche Bilanz.

Frau Szalma, Ihr erstes Jahr am TdA ist vorbei. War es ein guter Start?

Ich würde eher sagen, kein schlechter, aber ein holperiger. Tatsächlich bin ich mit hohen Erwartungen angetreten und habe dadurch einiges übersehen…

… was? 

Die Pandemie, der Umbau, eine neue Leitung – das waren große Herausforderungen, deren Folgen ich nicht in aller Konsequenz gesehen habe. Ich hatte gedacht: So jetzt starten wir mit voller Power los. Aber im Nachhinein weiß ich, dass die Umstände einfach dagegensprachen. Dazu kamen personelle Engpässe durch Krankheiten, die sowohl das Ensemble als auch alle anderen Mitarbeiter extrem belasteten. Es fehlte einfach die Kraft für volle Power.

Sie haben die Saison mit Mama Medea, eine griechische Tragödie um eine Mutter, die ihre Kinder tötet, eröffnet. Dafür gab es hohes Lob bei den Kritikern. Dennoch floppte es beim Publikum …

… was sehr schade war. Mir ist bewusst, dass wir den Zuschauern mit Mama Medea viel zugemutet haben. Ich bin aber davon überzeugt, dass dieses Haus nur Aufführungen präsentiert, mit denen sich die Stendaler auseinandersetzen können. Wir haben das Stück in der neuen Saison nicht mehr auf dem Spielplan. Allerdings überlege ich noch, ob Mama Medea nicht eine neue Chance im Kleinen Haus bekommen sollte. Ich könnte mir vorstellen, dass es dann zu einem Erfolg wird.

Ein Moment, der  den Zusammenhalt im Team stärkte. Kurz nach der Absage der Premiere nahm die Polizei im Stendaler Theater erste Ermittlungen auf. Schauspieler verätzten sich das Gesicht.©T.Pfundtner

In den ersten Monaten waren die hausinternen Spannungen zu spüren. Das ist jetzt nicht mehr so. Wie kam es dazu?

Sie haben Recht, ein bis heute unfassbares Ereignis hat das Team extrem zusammengeschweißt.

Sie meinen die unterbrochene Premiere von „Das Große Heft“?

Ja, diesen 27. Januar wird niemand an diesem Haus jemals vergessen. Es war für uns alle ein Schock, dass sich drei Schauspieler mit Theaterschminke so schwer die Gesichtshaut verätzten, dass die Vorstellung beendet werden musste (die AZ berichtete). Alle waren fassungslos und entsetzt. Das war eine Zäsur, denn von diesem Moment an, rückte das Team so eng zusammen, dass kein Blatt mehr dazwischen passte. Die Ermittlungen in dem Fall sind mittlerweile eingestellt, aber der Spirit, der seitdem bei uns herrscht, wird nicht mehr verloren gehen. Davon sind wir alle überzeugt.

Welche Erkenntnisse wurden aus dem Vorfall gezogen?

Zunächst einmal möchte ich sagen, dass niemand etwas für diesen Vorfall konnte. Es war tatsächlich eine Verkettung unglücklicher Umstände. Deshalb ist es besonders wichtig, dass alle Mitarbeiter ihre Sinne und Blicke schärfen, um so etwas zu vermeiden. Hier ist ein hohes Maß an Sensibilität und Aufmerksamkeit gefordert, was jedem von uns bewusst ist.

Szene aus „Sommertraum".©T.Pfundtner

Szene aus „Das große Heft".©T.Pfundtner

„Glücksfall"-Schlussapplaus©T.Pfundtner

Die neue Saison steht unmittelbar vor der ersten Premiere. Aber viele Probleme aus dem Vorjahr bleiben.

Auch das ist richtig: Da ist unser Internetauftritt, der unbedingt einer „Überholung“ bedarf. Ganz wichtig ist uns auch, die Strahlkraft, die dieses Haus besitzt, auch über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus bewusst zu machen. Das TdA genießt einen hervorragenden Ruf, wird dennoch außerhalb Sachsen-Anhalts kaum wahrgenommen. Das möchten wir gerne ändern, denn das hat nicht nur das Theater, sondern die ganze Stadt verdient.

Dann sind im Haus viele Arbeiten durchzuführen. Es gibt überall kleine und größere Baustellen, die nacheinander abgearbeitet werden müssen.

Reicht das Geld?

Dorotty Szalma antwortet lachend: Das reicht nie. Aber im Ernst, wir bekommen in den nächsten Jahren höhere Fördermittel als vor meinem Amtsantritt. Trotzdem ist unsere Prioritätenliste sehr lang und es gilt nun, herauszufinden, was die wichtigsten Maßnahmen sein werden.

Dem Haus fehlt eine echte Kantine für das Team und Gäste.

Stimmt und deshalb arbeiten wir mit Hochdruck an einer Lösung: Es gibt eine Küche, den Kaisersaal und Ideen. Wir können uns vorstellen, dass wir einen Treffpunkt für Menschen von außerhalb und unser Team schaffen, der nicht nur bei Premierenfeiern genutzt wird, sondern wie ein Café oder Restaurant funktioniert. Gekoppelt mit Kleinkunst, Lesungen oder entsprechenden Theateraufführungen könnte der Kaisersaal zu einem unverzichtbaren Kulturtreffpunkt in Stendal werden.

Letzte Frage: Was haben Sie aus der abgelaufenen Spielzeit mitgenommen?

In meiner Heimat Ungarn gibt es ein Sprichwort: „Träume sind gefährlich, denn sie könnten wahr werden.“ Ich habe gelernt, dass nie etwas so läuft, wie man es sich vorstellt oder wünscht. Damit möchte ich besser umgehen können und gelassener auf Unerwartetes reagieren, damit mir meine Träume nicht gefährlich werden.

2024-09-09T14:28:29+02:00

Hinterlasse einen Kommentar

Nach oben