Indoktrination statt Kulturvermittlung: AfD will dem Theater der Altmark Fördermittel streichen!

 

Wird das TdA zu Einsparungen gezwungen?

 

Bundespräsident Steinmeier zertifiziert das TdA.©T.Pfundtner

 

Erinnern Sie sich? Vor kurzem war Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Stendal und zertifizierte das Theater der Altmark als ein Theater für „Können, kombiniert mit dem Willen zu bedingungsloser Anstrengung, überbordender Kreativität und der Fähigkeit zur Nutzung unmöglicher Möglichkeiten.“ Und dies dürfte in Deutschland wohl einmalig sein. Er wünschte sich, dass trotz finanzieller Engpässe der Kommunen immer ausreichend Geld für Bühnen wie das TdA bereitgestellt wird. Auch weil die Theater zum Zusammenhalt aller Menschen und zur Vielfalt beitragen.

Theater der Altmark im Dunkeln, aber es leuchtet über Stendal hinaus.©T.Pfundtner

Von Inken Kränz und

Thomas Pfundtner

Stendal – In der Sitzung des Finanzausschusses, der am Dienstag, 12. November, tagt, werden sich die Mitglieder mit dem dritten Quartalsbericht des TdA befassen.

Bei der Kalkulation wird von einer 70-prozentigen Auslastung ausgegangen. Bisher lagen die Einnahmen im letzten Quartal etwas höher als im Vorjahresvergleich. Höhere Einnahmen werden bis zum Jahresende erhofft, durch höhere Eintrittsgelder und die mögliche Nutzung des Stammhauses nach der Wiedereröffnung.

Das Theater erhält Zuwendungen durch das Land Sachsen-Anhalt, den Landkreis Stendal und den Landkreis Salzwedel. Kein staatliches Theater kann sich ohne öffentliche Unterstützung über Wasser halten, nur allein durch Eintrittsgelder. Außerdem ist das TdA ein Landestheater, daher unterstützt die Landesregierung von Sachsen-Anhalt bei der Finanzierung des Schauspielhauses. Nicht zu vergessen, dass ein Landestheater auch einen verpflichtenden kulturellen Auftrag für das betreffende Bundesland hat.

Das ist die positive Seite, der jetzige Stand.

Nun kommt die Politik ins Spiel: Die AfD-Fraktion fordert die konsequente Streichung von Ausgaben. Kulturförderung wird abgelehnt, wenn es nicht dem Parteiprogramm entspricht.

Kein Einzelfall, kein Entschluss der örtlichen AfD-Fraktion, nein allgemeines AfD-Programm. Die AfD in Sachsen-Anhalt fordert seit Jahren mehr deutsche Stücke an den Bühnen des Landes. Deutsche Kultur - wie man die auch immer definieren mag - statt Vielfalt: Wenn es um Kultur und Theater geht, will die AfD in Sachsen-Anhalt das Rad der Zeit zurückdrehen. Sie übt Druck auf die Kulturinstitutionen im Land aus – und fordert an anderen Theatern sogar die Entlassung von Intendanten.

Kunst hat die Aufgabe, Fragen zu stellen - nicht aus AfD-Sicht. Alles, was nicht „urdeutsch" ist, wird abgelehnt. Moderne Stücke, experimentelle Theater, Stücke mit und über andere Kultureinflüsse und mit Darstellenden, die einen anderen Erfahrungshorizont haben. Multikulti ist nicht angesagt. Angesagt ist eindeutig Zensur. Das kann nicht im allgemeinen Interesse liegen!

In Niedersachsen wurde gegen ein Schülertheaterstück geklagt, weil in diesem die AfD und ihre Aussagen kritisiert wurden. So tickt diese Partei. Das Gericht hat übrigens entschieden, dass das Theaterstück aufgeführt werden durfte!

Diese Partei fordert ein „positives Deutschlandbild in der Kultur“. Statt die Nazi-Schuld zu thematisieren oder einer Kolonialismus-Debatte, soll das alte Preußen- und Bismarck-Bild gefeiert werden. Die AfD kritisiert das sogenannte „Regietheater“, attackiert Produktionen und partizipative Projekte mit und über Geflüchtete sowie Theaterabende, die sich kritisch mit der AfD selbst auseinandersetzen. Forderungen nach Nachhaltigkeit, Gender-Gerechtigkeit oder Regeln für Führungskultur im Kulturbetrieb hält die Partei für politische Einflussnahme auf die Kulturfreiheit. Genau das aber sorgt für neue Feindbilder, die nur ein Ziel haben: Unfrieden in der Gesellschaft stiften und Gespräche vergiften.

Wenn es nach der AfD geht, gibt es nur einen Weg: Zuschüsse streichen oder deutlich kürzen, dann hat sich das Thema Theater nämlich bald erledigt. Es wird ein Kulturbetrieb gegen den anderen ausgespielt, ein deutliches Zeichen des Populismus, ein Dilemma zu konstruieren.

Vielfalt versus Engstirnigkeit

Auf diesen Pfad hat sich nun auch die AfD unter Führung ihres Fraktionsvorsitzenden Arno Bausemer begeben, der aufgrund der angespannten Stendaler Haushaltslage der Hansestadt Stendal  „konsequent den Rotstift ansetzen und unsinnige Mehrausgaben streichen oder zumindest deutlich kürzen will“, wie er gegenüber der Volksstimme betonte. Und weil der Populist von der großen Zeitung wieder ein Forum bekam, legte er gleich wieder nach. Gegenüber der Volksimme erklärte er: „Konkret zählen dazu etwa die Zuschüsse für das Theater der Altmark, für das Winckelmann-Museum, das BIC und die Kleine Markthalle“, führte er aus.

Beschränken wir uns auf die Kleine Markthalle und das Theater. Ein Kommunalpolitiker, der eigentlich für die Bürgerinnen und Bürger sein soll, blendet eine sozial schwächere Gruppe einfach aus und will die Zuschüsse streichen. Und warum? „Weil er vom Träger von einer politischen Veranstaltung ausgeladen wurde“. Wir tippen, die Leute wollten sich sein Gerede – wie auch oft in der Öffentlichkeit – einfach sparen.

Dass Bausemer gern und ausführlich den wissenden Politiker raushängen lässt und dabei die Fakten vergisst, ist eine Masche, die fatal an die Ereignisse vor nunmehr fast 90 Jahren erinnert. Aber bleiben wir in der Gegenwart! Fakt ist: Sämtliche Verträge, die die Unterstützung des Theaters der Altmark für die nächsten Jahre sicherstellt, sind unterschrieben, ob das Bausemer passt oder nicht. Es ist verwunderlich, dass der AfD-Mann das nicht wusste. Das wirft einige Fragen auf:

Glaubt Herr Bausemer wirklich, dass er und seine Partei Verträge oder Gesetze einfach ignorieren können?

Möchte er wieder ein Deutschland wie nach der Weimarer Republik?

Glaubt er wirklich, dass es im Theater der Altmark „in einigen Angeboten um Indoktrinierung geht?“ Dann war er wahrscheinlich noch nie im Theater der Altmark. Theater, Kabarettisten, Musiker – eigentlich die ganze Szene – waren schon immer politisch, um Parteien wie die AfD zu verhindern. Eine Partei, die Äpfel mit Birnen vergleicht, Verträge nicht kennt, über Gesetze nicht Bescheid weiß, aber die Klappe aufreißt und regieren will. Was daraus werden könnte, wenn diese braune Blase – die ja auch in Teilen als extrem rechts eingestuft wird – tatsächlich einmal den Kanzler stellt, hat der Spiegel bereits im Februar 2021 notiert. Es ist eine Horror-Vision, die zahlreiche gesellschaftliche Entwicklungen zurückdrehen möchte und das Ziel hat, Deutschland zu isolieren. Allein die Vorstellung, die Mark wieder einzuführen oder aus der EU auszutreten, zeigt, dass die AfD nur auf den Putz hauen will und selbst keine Lösungen der Probleme in Deutschland anbieten kann. Bei dieser Partei geht es nur um Macht, Sicherung der eigenen Pfründe und um „Ausländer raus".  Wer wissen will, was die Spiegel-Autoren schrieben: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/dystopie-fuer-deutschland-was-waere-wenn-die-afd-regiert-a-eb4d834b-e013-465a-89e4-1d95f1d7d379#bild-5dfe8274-d525-47d9-ab93-049d1c8cd839.

TdA im Garten©T.Pfundtner

Kehren wir zurück zum Theater der Altmark. In dem Volksstimme Artikel erklärt die Intendantin des TdA, Dorotty Szalma, was finanzielle Streichungen bedeuten würden –immenser Qualtitätsverlust und vielleicht sogar den Tod des Hauses. Übrigens: Bereits bei „Theater im Garten“ im Sommer zu dem Prof. Dr. Ulrich  Nellessen, Vorsitzender des Fördervereins des TdA, eingeladen hatte, warnte sie vor der rechtsextremen Gefahr, besonders für die Kunst.

Allerdings ist das rein fiktiv. Deshalb muss gefragt werden, warum der Volksstimme Redakteur diese Geschichte überhaupt veröffentlichte. Wenn er gewusst hat, dass die Finanzierung des Theaters gesichert ist, darf die Frage gestellt werden: Warum dann dieses Aufbauschen einer Nicht-Nachricht. Und, warum schreibt der Redakteur nicht, dass  die Finanzierung vorerst gesichert ist.

Sollte der Kollege von der schreibenden Zunft aber nicht gewusst haben, dass das Theater die nächsten Jahre Geld bekommt, dann sei die Frage gestattet, ob er nicht gelernt hat, wie recherchiert wird, um sauber und ordentlich berichten zu können.

Hoffentlich gelingt es, die Rechten zu stoppen, ansonsten dürfte es kalt werden in Deutschland. Sehr kalt!