TdA-Direktionsmitglied lässt Bombe platzen!
 

Susan Ihlenfeld und Niclas Ramdohr als „die Knef“ am TdA.©T.Pfundtner

Während der letzten Vorstellung der Erfolgsinszenierung: „Ich glaub, ’ne Dame werd‘ ich nie“, stellte Niclas Ramdohr viele unangenehme Fragen, um auf die großen Probleme am Theater der Altmark aufmerksam zu machen.

 

Die letzte umjubelte Vorstellung von „Ich glaub, 'ne Dame werd' ich nie“ am Theater der Altmark mit Susan Ihlenfeld und Niclas Ramdohr fand ein überraschendes Ende, von dem niemand etwas wusste. Und das hatte nichts mit der musikalischen Reise durch das Leben der legendären Schauspielerin, Sängerin und Autorin Hildegard Knef zu tun.

Susan Ihlenfeld und Niclas Ramdohr ein letztes Mal als doppelte Knef.©T.Pfundtner

Von Thomas Pfundtner
Stendal – Es war ein wehmütiger Abend im Kleinen Saal des TdA: Letzte Vorstellung von der Hommage an Hildegard Knef „Ich glaub', 'ne Dame werd' ich nie“. Nach dem ersten Knef-Musiktheater „Für mich soll's rote Rosen regnen“, das ein umwerfender Erfolg werfen sollte, hatten sich Schauspielerin Susan Ihlenfeld und der musikalische Leiter Niclas Ramdohr zusammengetan und weitere Facetten aus dem Leben der großen Knef zu einer zusätzlichen Bühnenfassung entwickelt. Es war vorauszusehen: Der Erfolg war garantiert. Stendal liebte und liebt eben die Knef. Leider wurde diese einmalige musikalische Weltreise lediglich im Kleinen Haus auf die Bühne gebracht, wodurch dem Theater möglicherweise deutlich mehr Publikum und bessere Einnahmen entgangen sind. Susan Ihlenfeld und Niclas Ramdohr bewiesen mit Knef-II, dass die kleine, menschliche Kunst meist besser funktioniert als aufwendige Inszenierungen, die das Publikum zwar nicht interessieren, aber für das Renommee in der Welt des Schauspiels wohl sehr wichtig zu sein scheinen.

Wie dem auch sei: „Medea", „Das große Heft" oder „Danton" auf der großen Bühne floppten bei den Stendalern, während die Knef-Aufführungen geliebt wurden und die Herzen von unzähligen Theaterfans eroberten. So war es auch am Sonntag: Der Run auf die Tickets veranlasste das Theater deutlich mehr Tische als sonst im Kleinen Haus aufzustellen, denn die Nachfrage für die letzte Vorstellung von „Ich glaub', ne Dame werd' ich nie“ war groß und übertrafen die kühnsten Erwartungen.
Mit unglaublicher Liebe zum Detail hatten Ihlenfeld und Ramdohr neue kleine, unscheinbare – aber liebevolle – Details aus dem Knef-Leben in die Show mit eingebaut. Damit nicht genug: Es gab mehr Chansons aus dem schier unerschöpflichen Repertoire der Legende Knef als in den früheren Vorstellungen. Zusätzlich wurden Szenen – zum Beispiel „das Schattenspiel“ oder die „Jazz Gymnastik“ - erweitert und sorgten für donnernden Applaus – vor, während und nach der Vorstellung! Nicht zu vergessen, der ausgebaute Zugabenteil mit vielen Knef-Liedern, der von den Schauspielern und den Gast-Musikern immer wieder durch Umarmungen, Dankesworte und Tränen unterbrochen und beklatscht wurde.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der mit großer Freude die Original-Version gesehen hatte (wir berichteten), wäre sicherlich genauso begeistert gewesen wie das Publikum, zu dem auch Stendals Oberbürgermeister Bastian Sieler zählte.

Musikalischer Leiter TdA, Ramdohr mit Susan Ihlenfeld und den begleitenden Musikern. ©T.Pfundtner

Schlussapplaus nach der letzten Zugabe.©T.Pfundtner

Doch dann drehte sich der Abend in eine völlig überraschende Richtung. Eine Richtung, die möglicherweise ein kleines Beben am TdA ausgelöst hat oder auslösen wird.
Niclas Ramdohr entledigte sich vor der letzten Zugabe seiner blonden Hilde-Perücke wandte sich ans Publikum und sagte: „Ich stehe vor Ihnen, weil ich mich als Direktionsmitglied am Theater frage, ob wir noch ein Theater für Stendal oder die Altmark sind."
Dann nannte er Gründe: Er könne nicht verstehen, dass Schauspielerinnen und Schauspieler zum Spielzeitende gehen, ohne dass versucht wurde, diese zu halten. Dann nannte er die Namen: Susan Ihlenfeld, Siri Wiedenbusch und Paul Worms.
Zur weiteren Information: Auch, dass zwei von ihnen Gewinner der Theaterpreises seien, scheine wohl keine Rolle zu spielen. Susan Ihlenfeld, Siri Wiedenbusch und Paul Worms: Für Ramdohr sind es Darsteller, die das Theater mitprägen. Außerdem vom Publikum geliebt werden. Das zeige sich auch daran, dass Siri Wiedenbusch und Susan Ihlenfeld bereits nach kurzer Zeit mit dem Preis als beste Schauspieler ausgezeichnet wurden.
Auch, dass dem – für viele Mitarbeitende überraschend geäußerten – Wunsch von Verwaltungsleiterin Candy Neulen, das Haus zu verlassen, stattgegeben wurde (mittlerweile arbeitet sie in Brandenburg) sei nur schwer nachzuvollziehen.
Ganz entscheidend für das Direktionsmitglied Ramdohr war aber auch die Gestaltung des Spielplans: „Ja, Theater muss und soll politisch, hintergründig, reflektiert und kritisch sein. Aber die Unterhaltung sollte nicht vergessen werden.“
Damit traf er einen Nerv vieler Theaterfreunde, die oft Probleme mit der Auswahl der Stücke hatten. Dies war nicht nur auf Premierenfeiern, sondern auch in Gesprächen auf der Straße oder im Café zu hören.

Es gab langen Applaus für die Leistung aller Mitwirkenden!©T.Pfundtner

Das wird aber auch durch Zuschauerzahlen belegt: „Mama Medea“, „Das große Heft“ oder „Dantons Tod“ floppten, trotz aufwendiger Inszenierung und freier Regisseurin.
Hingegen musikalische Vorstellungen – von „Eine Sommernacht" bis hin zu den „Knef-Variationen“ oder „The Rocky Horror Picture Show“ waren oder sind Publikumserfolge und sorgten für volle Säle und gefüllte Kassen. Nicht zu vergessen: Auch die Inhalte dieser Stücke sind politisch und hintergründig. Es wird nur anders präsentiert. Nicht mit dem Holzhammer, sondern charmant und leicht.
Gut viereinhalb Minuten beschrieb Direktionsmitglied Niclas Ramdohr seine Sorgen, nannte hier ein Detail oder stellte Fragen, ohne Namen zu nennen oder Vorwürfe zu erheben.
Während der Ausführungen von Ramdohr schaute viele Gäste immer wieder zu Oberbürgermeister Sieler, der den Worten höchst konzentriert lauschte und sichtlich um Fassung bemüht war.
Als Ramdohr dann zum Ende kam, flutete eine Applaus-Welle das Kleine Haus am TdA, die nur durch die letzte Zugabe beendet werden konnte. Und dann erklang zum letzten Mal „Für mich soll`s rote Rosen regnen“... Schade.

Friede, Freude, Eierkuchen am TdA?

Rote Rosen für die Knef - auch im TdA.©T.Pfundtner

Zwei, die das TdA prägen! Wie wird das in der Zukunft sein?©T.Pfundtner

Kommentar:
Nach den Ausführungen von Niclas Ramdohr ist klar, dass am Theater der Altmark eben nicht alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist, sondern dass es nach wie vor in der Karlstraße brodelt.
Und es scheint klar, dass seit zwei Spielzeiten Ensemble-Mitglieder nicht nur gehen, weil sie sich weiterentwickeln wollen.
Es herrscht Unzufriedenheit, auch hinter den Kulissen: Mitarbeitende fragen sich, warum „Freie“ für Aufgaben verpflichtet werden, obwohl entsprechende Experten am Haus zur Verfügung stehen. Zum Beispiel Trailer, die mittlerweile fester Bestandteil bei Aufführungen sind. Selbstverständlich lässt sich das Haus das genehmigen. Aber ist es wirklich nötig?
Kein Einzelfall! Wer die Personallisten in den Programmheften intensiv anschaut, kommt schnell auf weitere Fragen oder „Ungereimtheiten“.
Ramdohr hat einen Finger in Wunden am Theater der Altmark gelegt. Das ist richtig und wird auch nicht bestritten!!
Ebenso wahr und wichtig ist aber auch: Nicht aus persönlichen Eitelkeiten tat er es, sondern aus Sorge um die Zukunft des Hauses an der Karlstraße. Hoffentlich nehmen die Verantwortlichen seine Sorgen, die eine Menge der Anhänger und Mitarbeitende des Theaters der Altmark ebenfalls haben, jetzt ernst und versuchen nicht wieder, alle Probleme unter den Tisch zu kehren und das Haus als eine kleine Insel der Seligkeiten, an dem alles „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist, der Öffentlichkeit zu verkaufen. Das könnte fatal werden.

Wenn Sie mehr über Hintergründe und das Theater der Altmark erfahren möchten, stöbern Sie in der Rubrik „LANDKREIS STENDAL AKTUELL".

Impressionen der letzten Momente der letzten Vorstellung des beliebten Stückes „Ich glaub','ne Dame werd' ich nie".  Ein Ende mit viel Respekt vor der Leistung, vielen Emotionen und viel Wehmut.