Neuer Rat überrascht

 

Konstituierende Sitzung verblüffte bei vielen Anträgen

 

 

Der Bericht über die erste Sitzung des neugewählten Verbandsgemeinderats von Arneburg-Goldbeck erschien in der Altmark Zeitung am Mittwoch, 17. Juli 2024, in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil Stendal / Arneburg-Goldbeck. Unter „Neuer Rat überrascht" und  „Tagesordnungspunkte verlaufen teilweise anders als erwartet" wurde er veröffentlicht.

Der neugewählte Verbandsgemeinderat von Arneburg-Goldbeck. Eike Trumpf und Alf Diedrich (beide CDU) von der kleinsten Fraktion haben ganz vorne Platz genommen. ©T. Pfundtner

Arneburg-Goldbeck – Auf die Minute genau – Punkt 19 Uhr – eröffnete Bürgermeister René Schernikau am Montagabend (15. Juli 2024) die erste, konstituierende Sitzung des neugewählten Verbandsgemeinderats von Arneburg-Goldbeck im Sitzungssaal der Verwaltung. Nach einer kurzen Einleitung übergab er das Wort an das älteste Mitglied des Gremiums, Karlheinz Schwerin, der die Vereidigung der Abgeordneten vornahm. Dafür erhoben sich alle Anwesenden von ihren Plätzen und sprachen mehr oder weniger deutlich die Formel, die auch auf einer großen Videoleinwand präsentiert wurde und abgelesen werden konnte.

Drei Fraktionen sind künftig in dem Gremium vertreten. Die stärkste Kraft bildet die „Bürgerfraktion“ mit elf Abgeordneten, deren Vorsitzender Jörg Spanier aus Goldbeck ist. In dieser Fraktion wurden zahlreiche Bürgerinitiativen, freie Wähler und die SPD zusammengeführt.

Die zweitstärkste Fraktion bildet die AfD mit fünf Mitgliedern. Sie treten als „AfD-Arneburg-Goldbeck“ in den Sitzungsring und werden von Martin Jahns geleitet.

Mit vier Mitgliedern landet die CDU auf Fraktionsplatz drei. Vorsitzender ist Eike Trumpf, der 2019 als Bürgermeister der Verbandsgemeinde abgewählt wurde und nun in den Rat zurückkehrte.

Da ein Rat nicht ohne Vorsitzenden tagen kann, musste kurz darauf dieser erneut gewählt werden. Während die AfD den bisherigen „Rats-Chef“ Norbert Kuhlmann (Initiative für Bürgernähe Iden) ins Rennen schickte, schlug die CDU Eike Trumpf vor, der jedoch dankend ablehnte. Somit war es unnötig eine geheime Wahl durchzuführen, wie zuvor von Jörg Spanier beantragt. Das Ergebnis war eindeutig: Bei zwei Enthaltungen wurde der Bürgermeister von Iden zurück auf den Sitzungsleiter-Sessel geschickt.

Interessant: Viele Ratsmitglieder waren erstaunt darüber, dass die AfD keinen eigenen Vorsitz-Kandidaten ins Rennen geschickt hatte. Wie die AZ erfuhr, liegt dies wohl daran, dass viele gewählte AfD-ler keine politischen Erfahrungen in der Kommunalpolitik haben. Deshalb – wie in anderen Gemeinden auch – soll sich bis zur nächsten Wahl zurückgehalten werden. Dies wurde auch bei der Benennung der Vorsitzenden für die Ausschüsse deutlich. Die AfD verzichtete auf ihr Vorschlagsrecht für den Vorsitzenden des Sozial- und Schulausschusses aus den eigenen Reihen. Dies wurde mit der politischen Unerfahrenheit der Fraktionsmitglieder begründet.

Kurz darauf wurde es dann bei der Ernennung der sachkundigen Bürger für die Ausschüsse nicht nur spannend und wunderlich: Zunächst einmal hatten die Bürgerfraktion den Antrag gestellt, keine Personen in die Ausschüsse zu berufen.

Vor Jahren hatte die Kommunalaufsicht erklärt, dass berufene Bürger nur von der Fraktion abgesetzt werden können, die diese vorgeschlagen haben und nicht von der Verwaltung. Was in den Fällen Lutz Rosenkranz und Michael Schnelle (beide CDU) für viel Wirbel gesorgt hatte.

Trotz der schlechten Erfahrungen wurde der Antrag abgelehnt und die AfD schlug den ehemaligen Vorsitzenden des Finanzausschusses Wolfgang Trösken vor, der nicht mehr in den Rat gewählt wurde. „Darüber war ich sehr überrascht“, sagte Bürgermeister Schernikau der AZ. So sahen es auch andere Räte, die mögliche Absprachen vermuteten.

Diese sowie die anderen Berufungen wurden aber (vorerst) gestoppt, nachdem die Bürgerfraktion einen weiteren Antrag stellte: Die Verwaltung solle prüfen, ob die vier sachkundigen Bürger für die Ausschüsse nicht im Block, sondern im Einzelnen zu berufen sind, um so auch Rechtssicherheit zu haben. Als die Verwaltung erklärte, dies müsse erst geprüft werden, wurden die entsprechenden Tagesordnungspunkte abgesetzt und bis zur nächsten Sitzung vertagt.

Beratungen weiterhin in Reihen oder lieber im „Carré"?

Wie schwierig die künftige Arbeit der Verwaltung und des Bürgermeisters in den kommenden Jahren werden könnte, zeigte sich dann zum Beispiel bei den Änderungen in der künftigen Geschäftsordnung. Hier wollte die Verwaltung erreichen, dass Bürgermeister Schernikau künftig bis zu einer Summe von 15.000 Euro für Investitionen und Vergaben entscheiden kann, ohne den Rat vorab entscheiden zu lassen. Das stieß auf keine Gegenliebe, besonders die CDU verwahrte sich dagegen. Erst als die Rechten vorschlugen, die Summe von bisher 5.000 Euro auf 7.500 Euro kehrte Ruhe ein und die Zustimmung erfolgte mit großer Mehrheit. Auch die mehrheitliche Ablehnung für die Einrichtung eines beschlussfähigen Hauptausschusses bewies, dass künftig wohl ein anderer Wind im Verbandsgemeinderat wehen könnte. Doch davon lässt sich René Schernikau nicht beirren: „Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir gut miteinander arbeiten, miteinander reden und uns darauf konzentrieren, zum Wohle unserer Bürger zu handeln.“

Kurz vor Schluss der Sitzung sorgte dann Rochaus Bürgermeister Dirk Zeidler für allgemeines Schmunzeln. Er bat darum, die Sitzung künftig nicht mehr in einer Reihen-Sitzordnung, sondern im „Carré“ durchzuführen. „Dann sitzen wir uns gegenüber und können uns in die Augen blicken.“ Schernikau versprach, dafür entsprechende Gespräche mit den Fraktionsvorsitzenden zu führen…