Teurer Reifenwechsel
Pflicht-Umrüstung kostet Gemeinden mehrere hunderttausend Euro
Übrigens gelten die neuen Regeln für Winterreifen ab Oktober 2024 für alle Kraftfahrzeuge. Das Alpine-Symbol (dreigezacktes Bergpiktogramm mit Schneeflocke in der Mitte) ist dann Pflicht bei Winter- oder Ganzjahresreifen. Wer dann noch Reifen nur mit M+S-Kennzeichnung fährt, muss mit einem Bußgeld rechnen.
Landkreis Stendal – Hätten Sie’s gewusst? Im Landkreis kümmern sich 204 freiwillige Feuerwehren in den Ortschaften, Städten, Gemeinden und Verbandsgemeinden um den Brandschutz, die Sicherheit der Bevölkerung. Dazu kommen zwei Werkswehren und eine Feuerwehr der Bundeswehr. Es ist selbstverständlich, dass sowohl die Ausrüstungen der Kameraden als auch ihre Fahrzeuge die Sicherheit bei Einsätzen für alle Betroffenen und Fahrzeuge garantieren.
Was oft zu großen finanziellen Belastungen der verantwortlichen Städte, Gemeinden und Kommunen führt. Bei der allgemein klammen Lage der Kassen, bedeutet dies eine große Belastung für die Haushalte. In diesen Monaten wird vielerorts das Stadtsäckle wieder zusätzlich belastet, da nach einer Übergangsfrist bis zum 24. Oktober alle Feuerwehrfahrzeuge im Winter nur noch mit Reifen unterwegs sein dürfen, die mit dem Alpine-Symbol – ein Bergpiktogramm mit einer Schneeflocke in der Mitte – gekennzeichnet sind. Diese Pflicht gilt bereits seit 2017. Sieben Jahre als Übergangsfrist sind eigentlich eine lange Zeit.
Die Sicherheit der Bürger wird durch die Wehren gewährleistet, deren Sicherheit muss aber auch gewährleistet werden und kostet Geld.©IK
Doch wurden tatsächlich bereits sämtliche Fahrzeuge im Kreis mit den neuen Reifen ausgestattet? Die Antwort ist: „Nein“, wie eine kleine Umfrage der AZ ergab. So teilt die Stadt Bismark mit, dass bis zum Ende der Übergangsfrist alle betroffenen Fahrzeuge entsprechend der Vorschriften umgerüstet sein werden. „Es wurde der Bedarf ermittelt und die Dienstleistung gemäß den vergaberechtlichen Vorschriften ausgeschrieben“, sagt Michael Henschel vom Hauptamt der Stadt. Betroffen sind 27 Fahrzeuge, die mit neuen Reifen ausgestattet werden müssen. Da Feuerwehrfahrzeuge überwiegend mit Zwillingsbereifung auf der Hinterachse ausgestattet sind, müssen pro Fahrzeug bis zu sechs Reifen beschafft werden. In Summe werden 142 Reifen gewechselt.“
Die Kosten werden sich voraussichtlich auf 40.000 Euro belaufen.
Bei den Wehren in Stendal stellt sich die Situation wie folgt dar: Bei der Freiwilligen Feuerwehr der Hansestadt Stendal müssen derzeit noch sechs Einsatzfahrzeuge entsprechend umgerüstet werden. An der Umsetzung dieser Vorschriften wird im Sinne eines sicheren Einsatzes der Feuerwehren kontinuierlich gearbeitet, heißt es aus dem Ordnungsamt.
In der Hansestadt werden für sechs Fahrzeuge noch 34 Reifen benötigt, entweder vier oder sechs pro Auto. Geschätzte Kosten circa 20.000 Euro.
Nico Schulz, Bürgermeister von Osterburg, sagte der AZ, dass „durch die Gerätewarte geprüft wurde, welche unserer Fahrzeuge es betrifft.“ Derzeit sind es noch 12. „Für alle Fahrzeuge werden aktuell Angebote eingeholt. Die Gesamtkosten werden sich auf ca. 7000 – 8000 Euro belaufen. Diese werden aus dem laufenden Haushalt gedeckt.“
In der Verbandsgemeinde Seehausen müssen von circa 40 Fahrzeugen noch 12 umgerüstet werden. Bürgermeister Rüdiger Kloth: „Da es sich um kleinere Fahrzeuge handelt, werden noch 48 Reifen benötigt, die etwa 7.000 Euro kosten werden.“
Auch in der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck wird heftig daran gearbeitet, dass die Umrüstung nahtlos bis zum Ende der Übergangsfrist erledigt ist. Wie die Verwaltung mitteilt, müssen entweder 18 oder 23 Fahrzeuge umgerüstet werden. „Für fünf Löschfahrzeuge, die mit MPT-Reifen ausgestattet sind, wird derzeit bei der DEKRA eine Ausnahmegenehmigung erfragt“, sagt Bürgermeister René Schernikau. Der Grund: MPT-Reifen wurden von den Herstellern entwickelt, um auch bei Schnee und Eis sowohl auf als auch abseits der Straße unter härtesten Bedingungen, allen Anforderungen zu entsprechen. Je nachdem, ob Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, müssen 90 bis maximal 108 Reifen gewechselt werden. „Ohne Ausnahmegenehmigung rechnen wir mit knapp 40.000 Euro, mit entsprechender Erlaubnis werden es wohl rund 15.000 Euro sein.“
Multi-Purpose-Reifen (MPT-Reifen) verfügen über eine ausreichende Profiltiefe, sind aber nicht mit Alpine-Symbol gekennzeichnet. Somit sind MPT-Reifen bei winterlichen Bedingungen im Straßenverkehr eigentlich nicht zugelassen. Eine offizielle Ausnahmeregelung des Bundesministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) schafft allerdings Abhilfe.
Das Alpine-Symbol©IK
89000 Euro zusätzliche Kosten für fünf Gemeinden. Das bedeutet also 17800 Euro durchschnittlich pro Gemeinde. Kein Pappenstiel! Doch tatsächlich dürften die Gesamtkosten im Kreis sehr viel höher sein. Der Museumsleiter des Stendaler Feuerwehrmuseums Michael Schneider macht eine andere Rechnung auf. Er rechnet damit, dass bei jeder der Wehren im Schnitt bei drei Fahrzeugen mindestens vier normale Reifen gewechselt werden müssen. Bei einem angenommenen Preis von 150 Euro pro Stück, müssten für alle 204 Freiwilligen Feuerwehren 367.200 Euro aufgebracht werden. Bei über 1500 Feuerwehren in ganz Sachsen-Anhalt wären das 2,7 Millionen Euro. Viel Geld für die klammen Gemeinden und Kommunen. Eine Summe, die aus den eigenen Taschen aufgebracht werden muss, da es für neue Reifen keine Fördertöpfe gibt. „Das Schlimme ist“, sagte ein Bürgermeister (Name der Redaktion bekannt) der AZ, „dass unter diese Wechselpflicht auch Reifen fallen, die keine zehn Jahre, das ist die vorschriftsmäßige maximale Laufzeit, alt sind oder kaum benutzt wurden, weil es nicht entsprechend viele Einsätze oder Übungen gab.“ Was also gut für die Bürger ist, ist schlecht für die Gemeindekassen…
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