„Schulwerkstatt“ für Flüchtlingskinder
Caritas bereitet Mädchen und Jungen in der Stendaler Erstunterbringung auf ihr Leben in Deutschland vor
In der Altmark Zeitung konnten Sie am Freitag, 09. August 2024, in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil Stendal den Bericht über die „Schulwerkstatt" in der Landesaufnahmeeinrichtung Stendal, die die Caritas organisiert und durchführt, lesen. Die Überschriften dazu „Die „Schulwerkstatt“ startet" und „Caritas bereitet Kinder in Stendaler Erstunterbringung vor".
Ein Flüchtlingskind zeigt auf einen Buchstaben, die anderen sprechen ihn laut vor. Das wird immer wieder geübt.©T.Pfundtner
Stendal – Sie sind zwischen sechs und 17 Jahre jung. Sie sprechen Paschtu, Hindi, Türkisch oder Arabisch. Und sie sind die Töchter und Söhne von Flüchtlingsfamilien, die seit kurzem in der Landesaufnahmeeinrichtung in Stendal vorübergehend eine neue Heimat gefunden haben. Die derzeit insgesamt 364 Bewohner werden als vulnerable, also als besonders schützenswerte, Flüchtlinge eingestuft. Anders als in Videos verbreitet, leben in der Einrichtung keine alleinstehenden Männer oder andere Einzelpersonen.
Maximal sechs Monate bleiben die aus ihrer Heimat geflüchteten Menschen in der Hansestadt, bevor sie im Landkreis auf Städte und Gemeinden „verteilt“ werden.
Sechs Monate, das kann eine lange Zeitspanne sein. Aber auch eine kurze, wenn es darum geht, die deutsche Sprache zu lernen oder etwas über die Kultur und die Geschichte der neuen Heimat zu erfahren.
Christiane Jaeger von der Caritas freut sich über die glücklichen Kinder, die begeistert Bleistifte, Stundenpläne und andere Lernutensilien entgegennehmen.©T.Pfundtner
Das wissen auch die Mitarbeiter der Caritas Stendal, die sich seit Mai um die Mädchen und Jungen in der Einrichtung kümmern und seit Juni eine „Schulwerkstatt“ betreiben. Hier bereiten die Sozialpädagoginnen Annemarie Schieker und Julia Vollstedt die Kinder und Jugendlichen sprachlich auf ihre spätere Zeit in der Kita oder Schule vor. Dafür werden die Mädchen und Jungen je nach Alter in unterschiedlichen Gruppen betreut und unterrichtet. Jetzt wurde die „Schulwerkstatt“ durch das Landesverwaltungsamt und die Caritas offiziell eröffnet. Dafür hatten die Mitarbeiter der Behörde in den vergangenen Wochen extra die unterschiedlichsten Lernmaterialien, wie Füllhalter, Malkästen, oder Buntstifte gesammelt und diese unter großem Applaus an die Kinder und ihre Betreuer übergeben.
Selbstverständlich waren auch Stundenpläne und Bleistifte dabei, die vorab von den jungen Flüchtlingen gern entgegengenommen wurden. Kein Wunder, finden doch Montag bis Freitag Unterrichtsstunden von 9 bis 14.30 Uhr statt, „die ich da reinschreibe, damit ich nichts vergesse“, wie Hakim (8) versucht in Deutsch zu erklären. Der Junge im blauen T-Shirt ist sichtlich stolz darauf, in der Klasse zu lernen oder mit den anderen Kindern zu spielen und möchte seine Freude unbedingt zeigen: Ständig flitzt er zwischen Tischen und Bänken hin und her, tobt herum und ist kaum zu bändigen. Doch, sobald die Sozialarbeiterin dem fröhlichen Treiben Einhalt gebietet, setzt er sich – wie die anderen Mädchen und Jungen auch – brav auf seinen Stuhl und folgt dem Unterricht. Dabei spielt das Alphabet eine große Rolle. Regelmäßig werden die Buchstaben gemeinsam geübt. Dafür zeigt ein Kind auf einer Tafel den Buchstaben und die anderen sprechen ihn vor. Mittlerweile fast immer fehlerfrei, wie sich eine Sozialarbeiterin freut. Mit rund 136.000 Euro im laufenden Jahr unterstützt das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung „die Lernwerkstatt.“
Die Caritas würde sich über ehrenamtliche Unterstützung freuen!
Nicht nur um die älteren Flüchtlingskinder kümmert sich Julia Vollstedt – auch für die jüngeren hat sie immer ein offenes Ohr.©T.Pfundtner
Christiane Jaeger, Regionalleiterin der Caritas in Stendal, sagt: Unsere Mitarbeiter haben viel Erfahrung im sozialpädagogischen Umgang mit Kindern, auch wenn sie keine Lehrerinnen sind. Das brauchen sie aber auch nicht zu sein, da für die jungen Flüchtlinge keine Schulpflicht gilt, solange sie in der Einrichtung leben.“
Sobald sie aber an einen anderen Ort kommen, müssen sie in die Schule gehen. Deshalb sind Grundkenntnisse der deutschen Sprache und des deutschen Alltags wichtig.
Dies gilt sowohl für Jüngere als auch für Ältere, die eine Sekundarschule besuchen werden. „Sprachbarrieren können bei den jungen Leuten zur Isolierung beitragen“, sagt Julia Vollstedt, „das wollen wir natürlich verhindern, indem wir versuchen alle Betroffenen bestmöglich vorzubereiten.“
Was, wie sie selbst sagt, nicht immer gelingt, „sechs Monate sind dafür tatsächlich eine kurze Zeit.“ Für Matthias Rahn, dem Leiter der Einrichtung, ist die „Schulwerkstatt“ ein ganz wichtiger Baustein in der Betreuung der Flüchtlingsfamilien: „Die Kinder lernen nicht nur. Sie erfahren auch viele Dinge, die für ihr künftiges Leben wichtig sind – zum Beispiel wie eine deutsche Schule oder eine Kita überhaupt funktionieren.“
Einrichtungsleiter Matthias Rahn hat noch viele Ideen, die die Integration von Flüchtlingen erleichtern. Doch leider fehlt ihm das Personal, deshalb hofft er auf freiwillige Unterstützung.©T.Pfundtner
Mit dem erfolgreichen Start der „Schulwerkstatt“ wird nun an dem nächsten Projekt gearbeitet: „Wir möchten Derartiges auch für die Erwachsenen ins Leben rufen“, sagt Rahn.
Dafür und für viele andere Ideen werden noch freiwillige und ehrenamtliche Unterstützer gesucht, sagt er. Egal, ob Sport, Kultur, Geschichte oder eine anderweitige Unterstützung – alle Möglichkeiten, die zur Integration und zum „Ankommen“ beitragen, möchte die Einrichtung ermöglichen.
Deshalb bittet Rahn darum, „dass sich alle, die dazu beitragen wollen, dass Flüchtlinge gut integriert werden und auch einen guten Start für ihr Leben in Deutschland bekommen, bei ihm melden. Dies ist möglich unter 03931-4192201 oder per E-Mail: matthias.rahn@lae.sachsen-anhalt.de
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