Sextäter erschien nicht

  

IM GERICHT Berufungschance verwirkt – Andi E. muss ins Gefängnis

 

 

Am Mittwoch, 17. Juli 2024, erschien in der Altmark Zeitung in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil Stendal / Arneburg-Goldbeck unter dem Titel „Sextäter erscheint zur von ihm gewünschten Berufung nicht" und „IM GERICHT Chance verwirkt – drei Jahre Gefängnis für Andi E.".

Der Platz neben Verteidiger Jens Müller blieb leer, sein Mandant Andi E. kam nicht zur Berufungsverhandlung.©T. Pfundtner

Salzwedel – Im wahrsten Sinne des Wortes „kurzen Prozess“ machte Richterin Julia Rogalski, Vorsitzende der 10. Strafkammer am Landgericht Stendal, mit dem Berufungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs. Der Salzwedeler war wegen Vergewaltigung zu einer Haftstrafe von 3 Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Dagegen hatten sowohl er als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingereicht. Dazu kam es allerdings nicht, denn der Angeklagte erschien – trotz ordnungsgemäßer Zustellung der gültigen Ladung – zum Berufungsprozess, der gestern verhandelt werden sollte, nicht. Damit ist das Urteil nun rechtsgültig. Nach einem Verhandlungsmarathon, der sich über mehrere Jahre und insgesamt drei Prozesse hinzog, muss der überführte Sextäter nun für drei Jahre ins Gefängnis.

Er war verurteilt worden, da er in der Nacht vom 17. auf den 18. November 2021 Nancy S. (33) in seiner Wohnung im Zentrum der Hansestadt eingesperrt und unter Anwendung von Gewalt zum Oralsex zwang. Er hatte sein Opfer an den Haaren gezogen, sie aufs Sofa geschleudert und fest mit einem Bein auf das Polster gedrückt. Und erst nach einem Orgasmus ließ er von der verzweifelten Frau ab.

Bereits am 17. Januar 2023 musste sich E. zum ersten Mal wegen seiner Tat vor dem Amtsgericht Salzwedel verantworten. Damals aber kam es nicht zu einem Abschluss der Verhandlung, da der Prozess abgebrochen wurde, um ein medizinisches Gutachten zur Schuldfähigkeit des Angeklagten einzuholen. Der Grund: E. verhielt sich derart unkooperativ – auch seinem Pflichtverteidiger gegenüber – dass alle Beteiligten an seiner Zurechnungsfähigkeit zweifelten. So hatte er unter anderem jegliche Fragen zurückgewiesen, das Geschehen als ekelhaft beschrieben.

Auf den Tag genau ein Jahr später wurde das Verfahren wieder aufgenommen. Zu diesem Termin wurde der Angeklagte durch die Hintertür und in Handschellen in den Saal zu Richter Klaus Hüttermann gebracht.  Er saß zu dem Zeitpunkt für gut acht Monate eine Geldstrafe ab, die er nicht bezahlen konnte.

In dieser Verhandlung behauptete er, dass er von der Frau belästigt worden sei. Sie habe vor seiner Wohnungstür auf ihn gewartet, weil sie eine Beziehung mit ihm wolle. Nancy S. sei dann mit in die Wohnung gekommen. Seinen wiederholten Aufforderungen, zu gehen, sei sie aber nicht nachgekommen. „Ich wollte sie rausekeln, indem ich meine Hose runterzog." In seiner Einlassung wechselte E. immer hin und her, sprach mal von Ekel über die Frau, dann von einer guten Bekannten, der er helfen wollte. Dabei sprang er wahllos in Zeitbezügen und Erklärungen hin und her. Damit bestätigte er das psychiatrische Gutachten des Experten, der bei E. eine Schizophrenie bestätigte, bei der er immer wieder zwischen Wahn und   Realität springen würde.

Allerdings sei der Angeklagte keinesfalls unintelligent und die Psychose war für seine sexuellen Übergriffe nicht verantwortlich.

Daraufhin wurde der Angeklagte für schuldig befunden und zu der Haftstrafe verurteilt.

Warum blieb der Platz neben dem Verteidiger leer?

Was dieser durch Schulduneinsichtigkeit nicht auf sich sitzen lassen wollte. Also beauftragte er seinen Anwalt in Berufung zu gehen, was dieser auch tat. Allerdings auf postalischem und nicht auf elektronischem Wege wie dies mittlerweile Vorschrift ist.

Also wurde der erste Berufungsversuch abgelehnt.  Da der Angeklagte aber nachweisen konnte, dass er mit dem Fehler der falschen Übermittlungsmethode nichts zu tun habe, wurde die sogenannte „Wiedereinsetzung der Berufung“ zugelassen und die Verhandlung angesetzt.

Alles vergebliche Mühen, denn E. erschien nicht. Auf Nachfrage der Richterin, ob denn die Verteidigung mehr wisse, erwiderte Rechtsanwalt Jens Müller, dass er selbst verwundert sei: „Mir hat er noch vor wenigen Tagen gesagt, er werde kommen.“

Da dies aber nicht geschah, wurde die Berufung verworfen und dem Verurteilten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Da auch die Staatsanwaltschaft und Rechtsanwalt Carsten Meyer, der die Nebenklage des Opfers vertrat, keine Bedenken hatten, wird E. demnächst einrücken müssen.

Dazu sagte Meyer der AZ: „Er wird einen Termin bekommen, an dem er sich in der Haftanstalt einfinden muss. Sollte er dem nicht nachkommen, wird er polizeilich gesucht und dann von den Beamten im Gefängnis eingeliefert.“