Nach fünf Tagen an der Rennstrecke von Le Mans führt die Reise weiter an den Atlantik. Die fünfte Etappe des großen Wohnmobil-Abenteuers wird ruhiger, entspannter. Der Bericht darüber erschien am 18.06.2022 in der Volksstimme.
Die Rennparty ist vorbei – jetzt erholen wir uns am Atlantik
Abschied nach fünf Tagen Jubel
und Trubel. Die Erinnerungen
bleiben – und ganz viel Müll…
Stendal/Montalivet. Le Mans liegt hinter uns. Fünf Tage Lärm und Action rund um die Uhr haben wir gegen Ruhe und Faulenzen an der französischen Atlantikküste eingetauscht. Bevor wir uns auf die knapp 500 Kilometer lange Strecke gemacht haben, sind wir noch einmal über unseren Campingplatz an der Rennstrecke gewandert. Meine Freundin hatte mir nämlich erzählt, dass viele Rennbesucher bei ihrer Rückfahrt viele Dinge einfach zurücklassen. Tatsächlich: Wir entdecken einen – mit alkoholischen Getränken prall gefüllten – Kühlschrank. Etwas weiter steht ein nagelneues Vier-Mann-Zelt samt Originalverpackung. Auch mehrere funktionstüchtige Fahrräder – achtlos beiseite geworfen – entdecken wir. Von Kühltaschen, kleinen Grills, Tischen und Bänken ganz abgesehen. Ich frage Maurice, einen der Männer, die den Platz aufräumen, was mit den Sachen passiert: „Wenn wir den Müll abgefahren haben, kommen ärmere Frauen und Männer aus Le Mans sowie Sinti und Roma auf die Campingplätze und nehmen mit, was sie gebrauchen können.“ Maurice erzählt weiter, dass er und seine Leute am nächsten Tag dann noch einmal wiederkommen, um den letzten Renn-Müll abzutransportieren.
Das Wohnmobil ist mir jetzt vertraut
Eine Karte der Region Gironde
zeigt den Weg. Unser
Campingplatz liegt direkt
am Atlantik.
Herrlich entspannend.
Mit unserem Wohnmobil bin ich tatsächlich am Abbau-Tag hervorragend zurechtgekommen. Alle Handgriffe saßen, keine Stütze wurde vergessen einzufahren und das Wasser ordnungsgemäß abgelassen. Die Fahrräder stehen sicher und fest auf ihrem Halter an der Rückwand unseres Gefährts. Da staunt sogar meine Lebensgefährtin: „Besser hätte auch ich es nicht hinbekommen…“ Während der Fahrt an den Atlantik klappert nichts – außer einigen Tellern, die sich in einer Kurve selbständig gemacht habe und nun hin und her rutschen…
Wir fahren durch eine schöne Landschaft mit bewegender Vergangenheit
Während der Fahrt werden
immer mal Pausen eingelegt,
schließlich machen wir Urlaub.
Dabei kosten wir die
Spezialitäten der Region.
Lecker!
Mit unserem rollenden Hotel kutschieren wir seelenruhig über die Autobahn Richtung Bordeaux. Es herrscht kaum Verkehr, nur sorgen einige Baustellen für Verzögerungen. Da wir aber nie schneller als 100 km/h fahren, ist auch das für uns kein Problem. Auf dem Weg nach Montalivet kommen wir auch an La Rochelle vorbei – die französische Hafenstadt, in der eine der eindringlichsten Szenen in dem Kinohit der 1980er Jahre, Das Boot von Wolfgang Petersen spielte: Der Untergang des deutschen U-Boots U96 und der Mannschaft um ihren Kommandanten, gespielt von Jürgen Prochnow.
An noch etwas erinnere ich mich im Zusammenhang mit La Rochelle: Bis zur bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 blieb die Hafenstadt „offiziell“ in deutscher Hand. Dank eines Stillhalteabkommens zwischen dem deutschen Festungskommandanten, Vizeadmiral Ernst Schirlitz und dem französischen Unterhändler, Fregattenkapitän Jules Hubert Meyer, wurde auf die befohlene Zerstörung verzichtet, sofern die Alliierten, die in La Rochelle eingekesselten Deutschen, nicht angreifen würden. Tatsächlich blieb die Stadt bis zur Rückgabe an die Franzosen unversehrt.
Ganz anders dagegen Royan, die Hafenstadt, in die wir mit der Fähre über die Gironde übersetzen werden: Sie wurde im Januar 1945 bei einem britischen Luftangriff gegen die deutschen Besatzer fast vollständig zerstört. Viele Jahre blieben diese Kriegswunden der Stadt im Bewusstsein der Einwohner. Heute ist davon glücklicherweise nichts mehr zu sehen und der Ort ist ein idyllisches Küstenstädtchen, mit vielen Touristen aus aller Welt. An der Fähre herrscht Hochbetrieb. 54 Euro kostet die etwa 30-minütige Überfahrt, die die längere Strecke über Bordeaux deutlich verkürzt.
Eine entspannte Urlaubszeit beginnt
Der Eingang zum Campingplatz CHM Monta. Wer hier ankommt, vermutet erstmal nicht, welches Areal sich hinter den Schranken verbirgt. Hier stehen Wohnmobile, Campingwagen, rollende Häuser und Lauben. Eine Idylle, die die Alltagssorgen vergessen lässt.
Als ich an Bord rolle und vom Fähren-Personal auf die untere Ebene geschickt werde, stockt mir ein bisschen der Atem: „Ist die Höhe ausreichend? Ist es nicht zu eng?“ Ich bin etwas nervös und nehme mir etwas mehr Zeit. Aber alles geht gut.
Das Wohnmobil und ich verstehen uns wirklich immer besser… Bei glatter See genießen wir die Überfahrt auf dem Oberdeck, erfreuen uns an der Weite des Flussdeltas und der Kulisse von Royan. Und wir freuen uns auf unseren Campingplatz auf dem „CHM Monta“-Areal direkt am Atlantik nahe Montalivet im Département Gironde.
Wir haben einen Platz unweit des Meeres gebucht, umgeben von Pinien, Hibiskus, Olivenbäumen, Dünengelände und ewigem, sanftem Meeresrauschen. Idylle pur und Urlaub total.
Was ebenfalls wunderbar ist: Es gibt keine Stromausfälle, dafür herrlich erfrischende Außenduschen, Restaurants, Shops und vieles mehr.
Hier werden wir uns die nächsten Tage super erholen und entspannen. Am Sonntag geht es auf die letzte Etappe Richtung Mons, unweit von Montpellier und dem Mittelmeer.