Premierenlesung von Lena Johannson      Zwischen den Meeren

Lena Johannson
© Andre Leisner 2018 / Aufbau Verlag

Anfang Oktober stöberte ich mal wieder in meiner Buchhandlung und fand den Hinweis auf eine Premierenlesung zu einem Buch, das sich mit dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals befasst. Dazu gab mir meine freundliche Buchhändlerin den Hinweis, dass die Urenkelin des Initiators, des „Vaters des Nord-Ostsee-Kanals“ bei der Lesung dabei sein würde.

So machte ich mich mit mehr als 60 anderen Interessierten auf den Weg am 31.10.2022 zur Premierenlesung von Zwischen den Meeren im Saal des Hotels Am Segelhafen und war gespannt auf die Autorin Lena Johannson und ihre Begleitung.

Das Licht erlischt – die Stimme von Frau Johannson: „Sie denken alle, jetzt geht es los? Jetzt gibt es erst einmal einen Schnaps – weil die Technik nicht funktioniert. Außerdem hilft es bei der Nervosität bei einer Premiere.“

Kaum ausgesprochen, da hält jeder ein kleines Fläschchen Kanalgeist, dessen Destillateur auch im Publikum sitzt, in den Händen.

Lena Johannson hat mehrere Berufe gelernt und ausgeübt, auch Ausbildung zur Schauspielerin war darunter, bevor sie zum Schreiben wechselte. Diese Zuneigung etwas zu zelebrieren, macht diese Premierenlesung zu einer lebendigen Veranstaltung mit wechselnden Akteurinnen, überraschenden Programmpunkten und erheiternden, aber auch nachdenklichen Momenten.

Die zweite Akteurin ist die Urenkelin des „Vaters des Nord-Ostsee-Kanals“ des Initiators, der den Nord-Ostsee-Kanal mehr als 7 Jahre geplant, das Land vermessen, Routen erkämpft, mit der Obrigkeit verhandelt und sogar Geldgeber gesucht hat. Merve Giebler liest und erzählt, wie sie die Unterlagen von ihrer Mutter bekam. Die Unterlagen über das Leben des Urgroßvaters und das Familienleben der Dahlströms, die die Mutter aus Stolz auf den Großvater zusammengetragen hatte. Merve Giebler hatte sie über Jahrzehnte bewahrt und während der Corona-Zeit mit Hilfe ihres Mannes entziffert und abgetippt.

Im August 2021 trafen die beiden Frauen im Maritimen Viertel aufeinander. Lena Johannson auf der Suche nach Material über die Situation der Arbeiter beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals, und Merve Giebler mit dem Buch über ihren Urgroßvater unterm Arm, um es dem Vortragsredner Dr. Fischer zu überreichen. Damit konnten große Lücken in der Erforschung über die Vorarbeiten zum Bau geschlossen werden – und das aus Quellen von Zeitzeugen.

Keine trockene Lesung, mehr eine lebendige Erzählung. © Foto IK

Autogrammpause während der Premierenlesung.© Foto:IK

Merve Giebler erzählt von ihren Besuchen bei den Großeltern in Kitzeberg und zeigt Originalunterlagen. Dann berichtet sie von den Erzählungen der Großmutter und dem Leben der Hamburger Familie Dahlström. Später über die Schwierigkeiten vor dem Kanalbau und über die Einschränkungen der Familie Dahlström während des Baus. Traurig ist sie über die nicht erbrachte Ehrung des Großvaters durch den Kaiser oder andere hochrangige Politiker zu seinen Lebzeiten. Sogar bei der feierlichen Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals durch den Kaiser stand Hermann Dahlström nur in der zweiten Reihe.

Die erhoffte Ehrung hat tatsächlich erst 100 Jahre nach der Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals stattgefunden. Durch den Einsatz der Mutter von Merve Giebler, Ilse Kassner. Im Gewand einer Ehrentafel, auf der neben Fürst Otto von Bismarck, dem Ingenieur Otto Baensch endlich auch der Name Hermann Heinrich Dahlström steht. Diese Tafel ist nun in die Wand der alten Kanalschleuse eingelassen, dadurch nur vom Wasser aus zu sehen.

Dann übernimmt Lena Johannson und liest ein Stück aus dem Buch, gleichzeitig ergänzt sie, was Realität ist oder war, so dass die Handlung eingebettet in Zeitgeschichte präsentiert wird. Das aufmerksame Publikum erfährt von der realen Person Hermann Dahlström und seinen Geschäftsideen und Aktivitäten. Außerdem von seiner Frau, die ihn dabei tatkräftig unterstützt und ermutigt, aber leider viel zu früh verstirbt.

Inmitten der Erzählung gibt es die Bemerkung: „Ich höre gar keine Teller klappern. Gleich sollte es doch etwas zum Essen geben.“

Es ist eben ein abwechslungsreicher Abend voller Überraschungen. Die Pause wird zum Schreiben von Autogrammen, Bücherverkauf und zu interessanten Gesprächen genutzt. Schließlich zum Essen von schmackhaften, maritimen Kleinigkeiten.

Es geht gesättigt weiter und die fiktiven Personen werden vorgestellt und einige Szenen mit ihnen gelesen. Immer wieder wechseln sich die beiden Autorinnen ab. Realität trifft auf fiktive Personen und umgekehrt.

Zwischendrin hört man Gelächter oder Laute der Empörung über Aussagen aus dem Roman als Sanne Schmidt vorgestellt wird. Sanne ist blitzgescheit und interessiert sich nicht nur für technische Entwicklungen, sie versteht auch einiges davon und kann sich nicht damit abfinden, dass sie als Frau nicht an der Planung der Brunsbütteler Schleuse arbeiten darf. Die Begründung dafür lautet etwas so: Weil Frauen kleinere Gehirne haben.

Zum Schluss der Lesung bedanken die beiden Vorleserinnen sich bei allen Unterstützern, besonders bei ihren Familien.

Die Stimmung während der Lesung war sehr gelöst, das Publikum interessiert und gut unterhalten. Die Schwächen bei der Organisation – Technik und Essenslieferung – gingen nicht zu Lasten der Autorin, sondern boten reichlich Zeit für Gespräche.

Es war eine echte Premierenfeier mit Buffet und Getränken, Smalltalk und geladenen Gästen. Sie war so gelungen, dass am Ende gleich zwei Veranstalter darum baten, die Premierenlesung des zweiten Bandes durchführen zu dürfen.

Lena Johannson im Gespräch. © IK

Nach der Lesung, als der Saal sich leerte und die letzten Desserts gegessen waren, unterhielt ich mich etwas mit der Autorin Lena Johannson über ihre Arbeit.

Man merkt, dass Sie Spaß daran haben, den Kontakt zu Ihren Leserinnen und Lesern aufzunehmen.

Ja, ich bevorzuge den persönlichen Kontakt. Mag auch Social Media nicht so.

Sie schreiben historische Romane, aber auch Krimis. Der Bau des Nord-Ostsee-Kanals hatte sicher von beidem etwas. Historie und Spannung. Wie kamen Sie auf dieses Thema?

Ich sah eine spannende Dokumentation, in der auch auf die schlechte Situation der Arbeiter eingegangen wurde, das hat mich interessiert. Dann habe ich weiter recherchiert und fuhr, obwohl ich meinte, dafür keine Zeit zu haben, nach Kiel ins Maritime Viertel zu einem Vortrag. Im Nachhinein war es natürlich eine sehr weise Entscheidung. Dort lernte ich dann Merve kennen.

Wie kam es zur Überlassung der Unterlagen von Merve Giebler an Lena Johannson? Sie kannten sich doch noch nicht lange.

Merve hat mich erst getestet und danach erst das Material weitergegeben. Wir haben uns getroffen, erzählt und so besser kennengelernt.

Der Roman „Zwischen den Meeren“ soll der erste Band einer Trilogie werden. Worauf legen Sie das Hauptaugenmerk?

Mein Plan ist vor dem historischen Hintergrund des Kanal-Baus über das Schicksal der Arbeiter zu schreiben. Über sie existieren nur wenige Unterlagen – und ich musste Frauenfiguren schaffen.

Wie lange wird man auf die nächsten Bände warten müssen?

Der zweite Band soll im Frühsommer 2023 erscheinen, der dritte dann frühestens Ende 2023. Die Recherche darf nicht unter Zeitdruck leiden.

Sie machen den Eindruck einer Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht, mit vielen Erfahrungen durch ein vielseitiges Berufsleben gesegnet ist. Sie tragen ein schwarzes Kleid mit Kapuze und dann sehe ich die Buchcover ihrer Bücher. Auch dieses hätte ich liegenlassen, da die Cover eher seichte Geschichten versprechen.

Cover sind ein schwieriges Thema, auch für mich. Ich hätte mir gerade für dieses Buch ein eher technisches Bild gewünscht.

Wieso ist das so?

Der Verlag entscheidet über das Cover, Autorinnen und Autoren haben nur begrenzten Einfluss darauf. Außerdem werden die Cover schon geplant, wenn die Geschichte noch gar nicht fertig ist, nur das Grundgerüst steht. Dann kommt es eben vor, dass Cover und Geschichte nicht passen. Auch stimmen Kleidung oder Gegenstände manchmal nicht im historischen Zusammenhang. Aber Änderungen sind dann nicht mehr möglich, eventuell bei Bestsellern in späteren Auflagen. Mit wachsendem Erfolg wächst auch das Mitspracherecht. Man muss allerdings auch sagen, dass ein Verlag in diesen Dingen einfach mehr Erfahrung hat als Autoren.

Ich hätte nicht gedacht, dass Sie als Autorin so wenig Einfluss darauf haben.

Wenn sich großer Erfolg einstellt, dann bekommt man eventuell ein größeres Mitspracherecht.

Gilt Ähnliches auch für die Klappentexte? Oder schreiben Sie die selbst?

Die Texte entstehen in der Zusammenarbeit von der Lektorin und mir. Leider müssen sie auch schon früh verfasst werden. Manchmal stimmen sie dann am Ende nicht so ganz. Hin und wieder gibt es in den Romanen ja ganz andere Wendungen. Die Personen entwickeln sich so richtig erst beim Schreiben.

Ihr Schwerpunkt liegt auf historischen Romanen.

Ja, ich bin viel gereist und habe mich überall für die Geschichte interessiert. Vor diesem Hintergrund entstanden dann die Romane mit dem realen Zusammenhang.

Gibt es auch Romane mit persönlichem Bezug?

Ein Band der Sanddorn-Reihe wurde so angeregt. Irgendwann fand ich heraus, dass meine Mutter in frühen Jahren eine Brieffreundschaft hatte. Das war ein Ausgangspunkt, von dem ich meine Figuren auf Rügen handeln ließ.

In historischen Romanen spielt Politik und deren Einfluss auf die Menschen eine große Rolle. Gibt es Bücher, in denen der politische Einfluss deutlich wird?

In den Elbchaussee – Bänden und in der Beiersdorf – Geschichte. Ich schreibe dabei über Ungerechtigkeiten gegenüber Personen. Das ist auch, was mich bei der neuen Romanreihe bewegt. Das unfaire Verhalten gegenüber den Arbeitern, den Familien und auch den Frauen.

Das Cover zeigt nur wenig der gewünschten technischen Zeichnung.

Zwischen den Meeren

Vier Frauen und ein Jahrhundertbauwerk, das die Welt verändert

Vier Frauen, vier Schicksale – verbunden durch ein blaues Band

Kiel 1886: Seit Stine denken kann, ist das alte Puppentheater ihres Großvaters das Herzstück des Kolonialwarenladens ihrer Familie. Hier hat sie ihre Leidenschaft für das Geschichtenerzählen entdeckt. Doch statt, wie von ihr erträumt, gemeinsam mit ihrer großen Liebe Thorin auf der Bühne zu stehen, muss sie im Geschäft aushelfen, obwohl immer weniger Kunden kommen. Währenddessen wünscht Sanne sich nichts sehnlicher, als zu studieren und Gebäude zu konstruieren, wie schon ihre Großväter. Regina sieht sich nach dem Tod ihrer Brüder gezwungen, eine Vernunftehe einzugehen. Doch dann wird der Bau einer gigantischen Wasserstraße beschlossen, die die Meere miteinander verbinden soll. Ein Jahrhundertprojekt, das nicht nur die Schicksale der drei Frauen verändert, sondern auch das Leben von Mimi, der Tochter des Kanalplaners.

Der Auftakt der großen Saga von Bestsellerautorin Lena Johannson über das Leben vierer Frauen und ein einzigartiges Bauwerk: den Nord-Ostsee-Kanal.

  • Herausgeber ‏ : ‎ Aufbau Taschenbuch; 1. Edition (11. Oktober 2022)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 409 Seiten
  • Preis ‏ : ‎ 14 Euro
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3746639451

Lena Johannson, 1967 in Reinbek bei Hamburg geboren, war Buchhändlerin, bevor sie als Reisejournalistin ihre beiden Leidenschaften Schreiben und Reisen verbinden konnte. Sie lebt als freie Autorin an der Ostsee.
Im Aufbau Taschenbuch sind ihre Bestseller „Die Villa an der Elbchaussee“, „Jahre an der Elbchaussee“, „Töchter der Elbchaussee“, „Die Frauen vom Jungfernstieg – Gerdas Entscheidung“, „Die Frauen vom Jungfernstieg – Antonias Hoffnung“, „Die Frauen vom Jungfernstieg – Irmas Geheimnis“ und „Die Malerin des Nordlichts“ lieferbar, ihre Romane „Dünenmond“, „Rügensommer“, „Himmel über der Hallig“, „Der Sommer auf Usedom“, „Die Inselbahn“, „Liebesquartett auf Usedom“, „Strandzauber“, „Die Bernsteinhexe“, „Sommernächte und Lavendelküsse“ sowie die Kriminalromane „Große Fische“ und „Mord auf dem Dornbusch“.