Der letzte Teil dieses wahren Urlaubsabenteuers erschien am 27. Juni 2022 in der Volksstimme. Wir sind zwar schon auf der Rückreise, aber die Abenteuer, die spannenden Momente sind noch nicht vorbei.
Nicht nur gut erholt, sondern auch viel erlebt und gelernt!
Selbst ein Haus, in den Felsen gebaut, kann ein Erlebnis sein.
Stendal/Mons/Freiburg. Wir sind wieder da. Nach 4040 Kilometern erreichen wir wieder Stendal. Drei Wochen im Wohnmobil als Anfänger sind zu Ende. Wir haben viel erlebt, besonders seit unserer Abfahrt aus Montalivet ging es drunter und drüber. Das war schon noch mehr „Abenteuer pur“ als die Wochen zuvor. Aber der Reihe nach.
Wir konnten drei ruhige Tage in Mons-la-Trivalle bei unseren Freunden verbringen. Der kleine Ort mit 637 Einwohnern liegt im Naturpark Haute-Languedoc. Von dort aus kann gut zu Exkursionen ins Caroux-Gebirge und die Gorges d’Héric, also hinauf auf die Berge und durch die Schluchten gestartet werden. In über 400 Metern Höhe – am Ende der lediglich 2,80 Meter breiten, teilweise unbefestigten und extrem kurvigen „Straße“ liegt in einem „verwunschenen“ Wald das Haus von Barbara und David. Nachts geben sich auf der Terrasse Mufflons, Füchse und manchmal Wildschweine die „Klinke in die Hand“. Das über 400 Jahre alte Haus ist in den Felsen hineingebaut – im dritten Untergeschoss wurden die Räume um riesiges Felsgestein herumgebaut. So etwas hatte ich noch nie in einem Privathaus gesehen.
Das Dorf Bardou – ein meist unbekanntes Kleinod
Regenbogen in den Bergen, so mitten in der Natur war ich lange nicht mehr.
Eigentlich dachten wir, die Welt würde hier enden – das war aber erst einige Kilometer weiter der Fall. Dort steht das kleine Dorf Bardou mit Häusern aus dem 15. Jahrhundert. 1968 wurde es von dem Deutschen Klaus Ehrhardt gekauft, der hier mit seiner Familie lebte und die völlig verfallenen Häuser sanierte. Schnell machten Reisende in Bardou Station und halfen beim Wiederaufbau. Heute ist Bardou ein beliebter Ferienort während des Sommers. Außerdem kommen hier junge Musiker aus der ganzen Welt zusammen, um in den Orchestern Sinfonetta, Camerata und im Orchestre de Chambre in den umliegenden Kirchen, Klöstern und Schlössern Konzerte zu geben. Als Barbara und David uns Bardou zeigen, bin ich beeindruckt und denke: „Ohne die Wohnmobilreise hätte ich nie etwas von dem Dorf erfahren.“ Ein Gedanke, der mir in den nächsten Tagen immer wieder durch den Kopf schießen wird.
Ein Wohnmobil zu fahren, ist ein Erlebnis besonderer Art und trägt auch zur Völkerverständigung bei
Picknick in Lunas. Die Stärkung habe ich danach gut gebraucht!
Das Mauseloch von Lunas. Das war so nicht vorgesehen, und nur mit freundlicher Hilfe zu bewältigen.
Merci beaucoup!
Zum Beispiel auf der Fahrt von Mons zurück Richtung Deutschland. Noch einmal geht es die Serpentinen hinunter, dann nehmen wir das erste Ziel, gut 336 Kilometer entfernt, in Angriff. Von dort wollten wir noch 200 Kilometer weiterfahren und uns einen Platz für die Nacht suchen. Allerdings kamen wir dort nicht an: Bis zur Autobahn ging es über romantische Landstraßen Richtung Heimat. Idyllische Orte mit Häusern aus Felssteinen, jahrhundertealten Kirchen und gemütlichen Bistros. In Lunas, gerade 35 Kilometer von Mons, wollten wir am örtlichen Chalét, an dem sich die Flüsse Nize und Gravezon vereinigen, erstmal ein Picknick machen und dann gemütlich weiterfahren. 30 Minuten waren geplant, 3 Stunden wurden es: Auf der Weiterfahrt landeten wir in einer kleinen Gasse, die sich immer weiter verengte und plötzlich für uns zum Mauseloch wurde. Wenden ging nicht: Zu viele Autos parkten rechts und die Straße war zu schmal. Unsere Rettung waren freundliche Franzosen, die mich mit Händen und Füßen, rückwärts aus der Gasse hinausmanövrierten. Es ging tatsächlich nur im Zentimetertakt rückwärts, die Rückspiegel waren aus Platzgründen eingeklappt. Ich schwitzte Blut und Wasser – selbst die aufmunternden Worte meiner Lebensgefährtin waren kein Trost mehr. Nach gut 90 Minuten war es endlich geschafft! Klar, dass wir uns danach überschwänglich bedankten und mit unseren Rettern einen Pastis tranken. Wobei meiner natürlich fast nur aus Wasser bestand.
Übernachtung auf dem Camino Francés
Unversehens sind wir dann zum Abschluss unserer Fahrt noch auf dem Camino Francés gestrandet. Manche Dinge fügen sich eben wunderbar.
Als wir endlich unter Winken und Rufen weiterfuhren, war uns schnell klar: Weit kommen wir heute nicht mehr. Also fuhren wir noch bis Anbruch der Dunkelheit weiter und wollten einen Campingplatz ansteuern. Aber, die waren alle geschlossen oder voll belegt. Plötzlich entdeckte meine Freundin eine kleine Kirche und ein altes Häuschen auf dem groß „Refuges“ stand: „Fahr da hoch, da können wir bleiben.“ Tatsächlich standen wir direkt an der Wallfahrtskirche St. Roch auf dem Camino Francés, dem französischen Jakobsweg. Es gab frisches, glasklares Wasser aus einer Quelle, saubere Toiletten und eine Gemeinschaft, die sich auch ohne Worte verstand. Meine Freundin kochte uns schnell ein paar Nudeln und dann saßen wir noch lange vor dem Wohnmobil und genossen bei Kerzenlicht eine sternenklare Nacht.
Einmal mehr wurde mir klar, dass ich diese wunderbare Nacht nie ohne das rollende Hotel erlebt hätte.
Am nächsten Morgen wurden wir vom leisen Geläut der Kuhglocken geweckt. Eine nette Französin fragte uns lächelnd, ob wir gut geschlafen hätten. Später erklärte sie uns, dass sie und sechs weitere Frauen aus dem nächsten Dorf abwechselnd die kleine Kirche und die Wanderer betreuen würden. Juliane führte uns durch die Kirche, bot uns ein Frühstück an und wünschte uns eine gute Weiterreise nach Deutschland.
Adieu, savoir-vivre!
Da half nur eins: Geduldig bleiben und vorsichtig fahren. Auch das war Urlaub im Wohnmobil.
Das war auch nötig, denn wir wollten unbedingt über die Grenze kommen und in Freiburg übernachten. Also mehr als 600 Kilometer. Geplante Ankunftszeit 18 Uhr. Pustekuchen. Ein schweres Gewitter mit krachendem Donner, zuckenden Blitzen und sehr starkem Regen machte die Weiterfahrt für längere Zeit unmöglich. So verharrten wir auf einem französischen Rastplatz geduldig, bis wir in strömendem Regen weiterfahren konnten. Den gebuchten Platz in Freiburg erreichten wir wenige Minuten vor der Schließung. Spätestens beim Überfliegen der Platzordnung wurde uns klar, dass wir wieder in Deutschland sind …
Freiburg ist eine Reise wert.
Aber das französische Lebensgefühl – das Savoir-vivre – vermissen wir hier.
Am nächsten Tag wanderten wir durch die Freiburger Altstadt, genossen das bunte Markttreiben rund um das Münster und schaufelten ein dickes Stück Schwarzwälder Kirschtorte in uns rein – ein Muss, wenn man im Schwarzwald ist … Einziger Wermutstropfen: Im Café Inklusiv – einer Einrichtung der Kirche – wollten wir Kartoffelpuffer mit Apfelmus essen. Allerdings war das Gericht als Kinderteller deklariert. Kaum zu glauben, wir haben das Essen nicht bekommen, weil es „nur für Kinder bestimmt sei.“ So etwas habe ich wirklich noch nirgendwo erlebt. Am Sonnabend starteten wir sehr früh und kamen um 21.38 Uhr in Stendal an. Das Abenteuer „Urlaub im Wohnmobil“ ist nun zu Ende. Aber ich freue mich schon auf unsere nächste Reise mit dem rollenden Hotel. Nicht nur, dass es unvergessliche Tage waren - nein, ich habe auch sehr viel gelernt und meine „Aversionen“ gegen Urlaub im Wohnmobil komplett abgebaut. Auch wenn ich sicherlich mal wieder in einer Herberge aus Stein Urlaub machen werde…
Daten, Zahlen und Fakten
4040 Kilometer, durchschnittlich 12 Liter pro 100 Kilometer. Das entspricht etwa 337 Litern Diesel Gesamtverbrauch. Im Schnitt haben wir 2,25 Euro pro Liter bezahlt, macht also 758,25 Euro. Die Campingplätze kosteten 380,00 Euro, die Fähre 54 Euro und die Autobahngebühren 279,00 Euro. Lebensmittel: 365 Euro. Ohne Besuche im Restaurant haben wir 1836,25 Euro ausgegeben. Meine bisherigen Urlaube waren kürzer und deutlich teurer!