Konflikte programmiert
Erste Sitzung des neuen Werbener Stadtrats beendet politischen Zündstoff um einen Abgeordneten
Der Bericht über die erste Sitzung des neuen Werbener Stadtrats erschien in der Altmark Zeitung am Samstag, 13. Juli 2024, in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil Stendal / Arneburg-Goldbeck. Mit „Konflikte scheinen programmiert" und „Werbener Stadtrat tritt nach Kommunalwahl erstmals wieder zusammen" war der Bericht überschrieben.
Die Mitglieder des neu gewählten Werbener Stadtrates. Nicht auf dem Bild ist Bürgermeister Bernd Schulze, der aufgrund seines Amtes sowieso Mitglied in dem Gremium ist. ©T.Pfundtner
Werben – Die erste Stadtratssitzung am Donnerstag (11. Juli) in Werben wurde von einigen Abgeordneten und Bürgern mit Spannung erwartet. Dabei ging es um die Frage, ob Ratsmitglied Michael Schnelle (CDU), der in den vergangenen zwei Jahren bei über 19 Terminen – Krankheit, andere Termine – gefehlt hatte, zur konstituierenden Sitzung erscheinen und sich vereidigen lassen würde.
Tatsächlich saß der Unternehmer für „Klöntüren“ an seinem Platz, durchforstete die Tagesordnung und beschäftigte sich mit seinem Handy.
Schnelle, der mit 78 Stimmen für eine weitere Legislaturperiode in den Stadtrat gewählt worden war, vertritt als Einzelperson seine Partei in dem Gremium. Aber, er hat keinen Fraktionsstatus, was bedeutet, er kann keine Anträge einbringen oder Mitglied eines Ausschusses der Stadt sein. Nach den vielen Querelen und Spannungen um seine Person (die AZ berichtete - hier können Sie den Beitrag nachlesen) war dies für andere Stadtratsmitglieder doch eine Erleichterung, wie sie dieser Zeitung sagten.
Der Stadtrat während der Beratungen.©T.Pfundtner
Ratlos im Stadtrat?©T.Pfundtner
Nach Abwicklung der üblichen Formalitäten, die bei einem neuen Stadtrat abgewickelt werden müssen, stand unter Tagesordnungspunkt 14 der erste „Zündstoff“ zur Diskussion: „Beratung und Beschluss zur Auflösung des zeitweiligen Ausschusses „Untersuchungsausschuss“ Dieses Gremium sollte darüber befinden, ob gegen Michael Schnelle, dem seit „2022 ketzerisches und verleumderisches Handeln zum Nachteil der Stadt Werben“ vorgeworfen wurde, vorgegangen wird. Der Kommunalpolitiker hatte neben zahllosen Beleidigungen von Verwaltungsmitgliedern und der Bedrohung einer Protokollantin, auch Handwerksbetriebe in Misskredit gebracht. Der Christdemokrat hatte sich während der Turnhallensanierung als vermeintlicher Gutachter in die Halle eingeschlichen und zahlreiche Mängel aufgelistet, die sich kurz darauf als null und nichtig erwiesen.
Außerdem störte er, wie es in den Akten festgehalten ist, ständig Verwaltungsabläufe und verbreitete Falschmeldungen über Ratsmitglieder, den Bürgermeister und den Verbandsgemeindebürgermeister (die AZ berichtete).
In der ersten Sitzung schlug Bürgermeister Schulze vor, den Untersuchungsausschuss aufzulösen, „um Herrn Schnelle keine weitere Bühne in der Öffentlichkeit zu bieten.“
„Damit bin ich nicht einverstanden“, rief der Betroffene in den Raum, „ich wurde des Amtsmissbrauchs beschuldigt. Ich soll beleidigt haben. Ich soll gedroht haben. Das will ich geklärt haben.“ Weiter führte er aus, dass der Ausschuss nicht so einfach aufgelöst werden könne.
Ruhig und sachlich erklärte Schulze, dass es Aufgabe des Rates ist, Schaden von den Bürgern abzuwenden und Gerechtigkeit gegenüber jedem zu üben, wogegen Schnelle in eklatanter, nachweisbarer Art und Weise verstoßen habe. „Es entspricht nicht dem Niveau dieses Stadtrats sich so zu verhalten wie Sie“, beendete Schulze die Diskussion und ließ abstimmen. Bis auf eine Stimme wurde beschlossen, den Ausschuss aufzulösen. Mit einer kleinen Hintertür. In dem Beschluss heißt es am Ende „aufzulösen und bei Bedarf wieder zu bilden.“
Und das könnte schon bald wieder der Fall sein. Am 4. Juli hatte Michael Schnelle in den sozialen Netzen über das Drama um die Fähre und die defekte Hydraulikanlage spekuliert: „Eine alternative Theorie lautet: Kann es sein, dass die Schäden auf der Werft entstanden sind? Möglicherweise wurden Teile bei der Wartung auseinandergenommen und konnten anschließend nicht korrekt zusammengesetzt werden. Oder sie wurden falsch wieder zusammengefügt und sind deshalb kaputt gegangen. Hinsichtlich der Erklärungen des Bürgermeisters erscheint die Angelegenheit keineswegs so einfach, wie man es der Öffentlichkeit verkaufen möchte.“ Und nach einem Seitenhieb gegen diese Zeitung war er fortgefahren. „Ich bin überzeugt, dass die Bürger ein Recht darauf haben, die wirkliche Wahrheit zu erfahren und keine geschönten Darstellungen oder aus der Luft gegriffene Geschichten.“
Ändert sich die Arbeitsatmosphäre im neugewählten Stadtrat?
Während Bürgermeister Schulze die aktuelle Lage zur Fähre berichtete, konzentrierte sich Michael Schnelle auf sein Handy. ©T.Pfundtner
Dazu sagte Schulze im Stadtrat „Die Hydraulik unserer Fähre besaß keine Sicherheitsventile für schwere Lasten, wie zum Beispiel voll beladene Laster oder landwirtschaftliche Fahrzeuge. Dadurch drückten die Klappen immer wieder nach unten und beschädigten Leitungen, Kabel und andere wichtige Teile. Das ist jetzt durch die Stendaler Hydraulikspezialisten behoben worden und es kann nichts mehr kaputtgehen.“
Kaputtgehen, so der Bürgermeister, könne nun aber der gute Kontakt zur Werft in Derben, die die Revisionsarbeiten an der Fähre in den vergangenen Monaten äußerst kompetent ausgeführt habe. „Wenn die Geschäftsführung liest, was Herr Schnelle im Internet verzapft hat, wird bestimmt überlegt, ob man sich noch einmal an einer Werbener Ausschreibung für das Schiff beteiligt.“ Und er fuhr fort, dass der Abgeordnete damit wieder möglicherweise der Stadt Schaden zugefügt hat, anstatt diesen abzuwenden.
Darauf reagierte der Angesprochene nicht, sondern beschäftigte sich konzentriert mit seinem Funktelefon. So verpasste er auch Erklärung zu einem Sensorenschwimmer, der an der ersten Boje im Fährbereich installiert werden muss und um deren Installation sich derzeit eine Elektrofirma kümmern würde.
„Was denn mit dem Schwimmer sei“, wollte Michael Schnelle nach den Erklärungen wissen.
Da blieb dem Bürgermeister nur noch übrig, ihn darauf hinzuweisen, dass dies bereits erklärt worden sei und er doch bitte zuhören möge.
Wortlos und eilig verließ der so Angesprochene unmittelbar nach der Sitzung den Saal, ohne mit den anderen Kollegen auf eine gute Zusammenarbeit anzustoßen.
Der neue Werbener Stadtrat
Bürgermeister: Bernd Schulze (parteilos)
UWG Werben: Benjamin Melms, Mathias Jurczyk, Ralf Schultz, Torsten Reppenhagen (neu gewählt), Doreen Behrens, Sebastian Rogge (neu gewählt),
Fraktion für Werben: Matthias Wollenheit (SPD) und Renè Wolff (als Einzelbewerber neu im Rat)
Fraktionslos: Michael Schnelle (CDU)
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