Rechtzeitig zum 100. Geburtstag erschienen.

Am 20. März 2023 wäre Ralph Giordano 100 geworden.

Dass er als Sohn einer jüdischen Mutter davonkommen würde, war unwahrscheinlich. Wie er dennoch davonkam, und das immer wieder, davon schreibt Ralph Giordano so engagiert wie klarsichtig. Eigenschaften, die ihn zu einem der prägenden Publizisten der Bundesrepublik machen würden.

Über Nacht sieht sich der Zehnjährige 1933 konfrontiert mit einer Macht, vor der bald schon die Welt zittern wird. Unter welchem Druck steht ein Siebzehnjähriger, der das Leben seiner Mutter beenden will, um ihr ein schlimmeres Schicksal zu ersparen? Und wie lässt sich ein sich immer steigernder Schrecken aushalten, bis der Zweiundzwanzigjährige erlebt, woran er nicht mehr geglaubt hat: die Befreiung?

Während der Schwur, Deutschland zu verlassen, dahinschmilzt, kämpft der Verfolgte von einst um ein schwer erreichbares Ziel: Zugehörigkeit. Als Journalist, Schriftsteller und eine wichtige Stimme in der Auseinandersetzung mit der historischen Schuld des Nationalsozialismus streitet und schreibt er unablässig.

Die »Erinnerungen eines Davongekommenen« sind ein Dokument eines unvergleichlichen Lebens, die Bilanz eines großen Humanisten.

  • Verlag: KiWi-Taschenbuch
  • Erscheinungstermin: 09.02.2023
  • Preis: 16 Euro
  • 560 Seiten
  • ISBN: 978-3-462-00507-3
  • Autor: Ralph Giordano

Der Roman wurde vor 40 Jahren veröffentlicht und ist weiterhin lesenswert.

Sein bekanntester Roman sind wohl Die Bertinis. 

Eine großangelegte Familien-Saga, ein exemplarischer Zeitroman. Ralph Giordano formt einen bisher wenig beachteten Stoff episch aus: Er erzählt vom Schicksal sogenannter „jüdischer Mischlinge“ in den Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die Vorgeschichte beginnt Ende des letzten Jahrhunderts, die eigentliche Handlung setzt vor 1933 ein und führt in die ersten Nachkriegsjahre. Ihr Schauplatz: Hamburg – von den Elbvororten bis zum Stadtpark, von Barmbek im Norden bis zum Hafen im Süden, mit unvergeßlichen, in den dramatischen Ablauf verwobenen Gestalten, Bildern, Situationen. Fast unglaublich ist diese Geschichte: Der Autor hat mit seiner Phantasie die nackte Realität überhöht; es ist ihm gelungen, eine sinnfällige Schilderung von Menschen unter bestimmten Bedingungen zu schaffen und eine Zeit zurückzurufen, die mit überwältigender Macht in das Leben aller eingegriffen hat. Er hat das Geschehen und die Figuren frei gestaltet. Hier sind die kleinen Leute mit ihren Schwächen unter dem grausamen Druck des herrschenden Bösen, mit ihren liebenswerten Zügen, mit dem Ausmaß des ihnen zugefügten Leides und der Fähigkeit zum Überleben. Nichts wird geschönt, keine bittere Erkenntnis verschwiegen. Doch was immer es an Furchtbarem gab: die Liebe zu Hamburg, diese ganz unsentimentale Heimatliebe, bleibt unerschüttert und ist entscheidend für die Zukunft der Bertinis.

  • Verlag: FISCHER Taschenbuch
  • Erscheinungstermin: 01.11.1985
  • Preis: 12,95 Euro
  • 784 Seiten
  • ISBN: 978-3-596-25961-8
  • Autor: Ralph Giordano

Ralph Giordano wurde 1923 in Hamburg geboren und starb 2014 in Köln. Sein Vater war Sohn eines Italieners und einer Deutschen, seine Mutter Jüdin. Besuch des Johanneums. Schulverweisung nach Erlass der Nürnberger Gesetze. Verfolgung. Folter. Flucht. Versteck. Mai 1945 Befreiung. 1946 Beginn der journalistischen Arbeit. Ab 1964 Fernsehdokumentationen für den Westdeutschen Rundfunk und den Sender Freies Berlin und das Erscheinen zahlreicher Reportagen, Essays und Erzählungen.

Nach dem Krieg wollte Ralph Giordano nur in Deutschland bleiben, um sich zu rächen an denen, die seine Familie drangsaliert hatten. Doch die demokratische Republik zu verteidigen, wurde seine Lebensaufgabe. „Die Humanitas ist unteilbar“- wurde zu seinem Lebensmotto.
Diese Erlebnisse als Jugendlicher und junger Erwachsener hat Ralph Giordano in seinem Roman Die Bertinis verarbeitet, der 1982 erschien.
„Ich habe mir bei der Befreiung geschworen, überall, wo mir dieser Ungeist begegnet, der den Meinen und mir und vielen Millionen anderen das eingebracht hat, wir haben ja immer noch überlebt, trete ich ihm entgegen, ganz egal, wie, wo und unter welchen Bedingungen.“
Ralph Giordano verzichtete auf Rache und wurde Journalist. Er studierte am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und schrieb zunächst für die „Allgemeine Jüdische Wochenzeitung“.
Politisch engagierte sich Giordano zuerst für die Kommunisten, bis er erkannte, dass die Partei alles undemokratisch bestimmen wollte. Die Abrechnung erfolgte im Buch:  Die Partei hat immer recht.
Danach hat er sich vollkommen für die Erhaltung und den Schutz der demokratischen Rechte und somit der demokratischen Republik eingesetzt. Das war sein politisches Vermächtnis, wie er es nannte.