Das Buchcover hat schon etwas Ineinandergreifendes oder Auflösendes?
Thomas Stangl sagt zu seinem Buch: „Gesten des Aufstands gegen die Zeit + den Tod; heimliche, wilde, befreiende oder furchtbare Gesten.“ Der Verlag @matthesundseitz sagt, es sei die Auflösung von Raum + Zeit, von Geschichte + Geografie durch Literatur.
Bremer Literaturpreis 2023 geht an Thomas Stangl für
Quecksilberlicht
In seinem prämierten Roman Quecksilberlicht erzählt Thomas Stangl die eigene Familiengeschichte vor dem Horizont der Gewaltgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts.
Thomas Stangl erhält den von der Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung verliehenen Bremer Literaturpreis 2023 für seinen Roman Quecksilberlicht (Matthes & Seitz 2022). Martin Kordić wird für seinen Roman Jahre mit Martha (S. Fischer 2022) mit dem Förderpreis zum Bremer Literaturpreis ausgezeichnet.
In Thomas Stangls Roman geht es um einen chinesischen Kaiser, der von der totalen Herrschaft über die Zeit träumt, Autorinnen aus dem 19. Jahrhundert, die sich gegen die Zwänge ihrer Wirklichkeit auflehnen, ein Mädchen im Simmering des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, am Rand der Stadt und am Rand der Weltgeschichte:
Thomas Stangl löst einzelne Momente der individuellen Lebensgeschichte, eigener und fremder Familiengeschichten sowie weit entfernte historische Momente aus ihren Zusammenhängen und montiert sie zu neuen Konstellationen. Er verwebt Gesten, Handlungen und Szenen zu einem faszinierenden, jeder Zeitordnung enthobenen Roman und errichtet einen kontrastreichen Erzählraum, in dem vermeintliche Selbstverständlichkeiten neue Bedeutung gewinnen und konventionelle Vorstellungen von Biografie, Identität und Wirklichkeit verloren gehen. Quecksilberlicht ist ein Roman soghafter Kraft über Geschichte, das Vergehen der Zeit und das Fortleben alles Geschehenen in unser aller Leben. Der chinesische Kaiser hielt sich für das Zentrum des Universums und versuchte, durch die Einnahme von Quecksilber unsterblich zu werden; er starb an Quecksilbervergiftung. Nicht er und nicht der Autor ist das Zentrum der Welt, ein jeder, eine jede ist es. Und die Literatur von Thomas Stangl ist der Ort, an dem sie weiterleben.
Die Jury begründet die Vergabe: „Der Bremer Literaturpreis 2023 geht an den Wiener Autor Thomas Stangl für seinen Roman Quecksilberlicht, in dem er die eigene Familiengeschichte vor den Horizont der Gewaltgeschichte des zwanzigsten Jahrhunderts stellt und das eigene Erzählen im Leben der Brontë-Schwestern und ihres Bruders spiegelt. Mit nicht nachlassender Sprach- und Imaginationskraft stellt Stangl die Frage nach der Macht der Sprache und der Sprache der Macht.“
Quecksilberlicht
Thomas Stangl wurde am 4.1.1966 in Wien geboren. Nach dem Abitur studierte er dort Philosophie und Spanisch bis zum Abschluss 1991. Seit Beginn der neunziger Jahre publizierte er Essays, Rezensionen und später Prosaarbeiten in Tageszeitungen und Literaturzeitschriften. Sein erster Roman Der einzige Ort erschien 2004 und wurde mit dem aspekte – Literaturpreis für das beste deutschsprachige Prosadebut ausgezeichnet. Zuletzt erhielt er 2022 den Österreichischen Kunstpreis für Literatur. „Man kann Stangls Bücher nur als unverhofftes Glück betrachten.“ (Olga Martynova). Thomas Stangl ist seiner Heimatstadt treu geblieben und lebt und arbeitet dort weiterhin.
Weitere Preise und Stipendien:
2002 Förderpreis der Stadt Wien
2005 Literaturförderpreis des Österreichischen Bundeskanzleramts
2007 Zweiter Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt (Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb)
2007 Literaturpreis der Deutschen Wirtschaft
2009 manuskripte-Preis des Landes Steiermark
2010 Literaturpreis alpha
2011 Erich-Fried-Preis
2019 Wortmeldungen-Preis der Crespo-Stiftung
2019 Ehrengabe der Deutschen Schiller-Stiftung Weimar
2020 Johann-Friedrich-von-Cotta-Literatur-Preis der Stadt Stuttgart
2020 Sarah-Samuel-Preis für Kurzprosa
2022 Kunstpreis für Literatur der Republik Österreich
Dazu verschiedene deutsche und österreichische Stipendien, u.a.
2014 das George-Saiko-Reisestipendium und
2014 – 2017 ein Robert-Musil-Stipendium des Österreichischen Bundeskanzleramts
2021-22 ein Elias-Canetti-Stipendium der Stadt Wien
sowie 2009 – für den Roman was kommt – und 2013 – für den Roman Regeln des Tanzes – Longlist-Nominierungen für den Deutschen Buchpreis
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