Die vielseitig begabte Emine Sevgi Özdamar hat heute – am 10.08. – Geburtstag, den sie normalerweise aber nicht feiert. Zum Feiern hat sie jetzt einen anderen Grund.
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verleiht den Georg-Büchner-Preis 2022 an die Schriftstellerin Emine Sevgi Özdamar. Der Preis ist mit 50.000 Euro dotiert und wird am 5. November 2022 in Darmstadt verliehen.
Begründung der Jury:
»Mit Emine Sevgi Özdamar zeichnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung eine herausragende Autorin aus, der die deutsche Sprache und Literatur neue Horizonte, Themen und einen hochpoetischen Sound verdankt. Einst aus der Türkei ins geteilte Berlin gekommen, bereichert Özdamar seit über drei Jahrzehnten die deutschsprachige Literaturszene mit ihren Romanen, Erzählungen und Theaterstücken, zuletzt mit dem Opus magnum ‚Ein von Schatten begrenzter Raum‘. Ungewohnte literarische Stilmittel und aus dem Türkischen inspirierte Sprechweisen prägen ihre multiperspektivischen Texte, die neben intimen persönlichen Erfahrungen ein breites Panorama deutsch-türkischer Geschichte entfalten − vom Ersten Weltkrieg über die Aufbruchstimmung der sechziger und siebziger Jahre bis in unsere Gegenwart. Emine Sevgi Özdamars Werk eröffnet einen zugleich intellektuellen wie poetischen Dialog zwischen verschiedenen Sprachen, Kulturen und Weltanschauungen, an dem wir lesend teilhaben dürfen.«
Emine Sevgi Özdamar wurde am 10. August 1946 in Malatya/Türkei geboren. Sie ist Schriftstellerin, Schauspielerin und Theaterregisseurin. Schon als Kind startete ihre Theaterkarriere in Istanbul und Bursa, wo sie aufwuchs. 1965 kam sie erstmals nach West-Berlin. Zurück in Istanbul nahm sie von 1967 bis 1970 Schauspielunterricht und erhielt dort ihre ersten professionellen Rollen in Stücken von Bertolt Brecht und Peter Weiss. Nach dem Militärputsch in der Türkei 1971 mit Massenverhaftungen und Zensur ging Özdamar 1975 erneut nach Berlin und wurde Assistentin des Brecht-Schülers Benno Besson und des Regisseurs Matthias Langhoff an der Ost-Berliner Volksbühne. Ihre Arbeit führte sie weiter nach Paris und Avignon, wo sie auch studierte, und dann von 1979 bis 1984 ans Bochumer Schauspielhaus unter der Intendanz von Claus Peymann. Sie beginnt mit dem Schreiben eigener Stücke. Nach dem 1982 erschienenen Theaterstück Karagöz in Alemania folgen Romane, Erzählungen und weitere Theaterstücke.
Mit der Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preises 1991 wird Emine Sevgi Özdamar einer größeren Leserschaft bekannt. Ausgezeichnet wurde sie für einen Auszug aus ihrem ersten Roman, der 1992 erschien Das Leben ist eine Karawanserei – hat zwei Türen – aus einer kam ich rein aus der anderen ging ich raus. Der zweite Teil ihrer autobiografisch beeinflussten Romane Die Brücke vom Goldenen Horn erschien 1998, der abschließende dritte 2003 Seltsame Sterne starren zur Erde. Wedding – Pankow 1976/77. Auszeichnungen erhielt sie auch für diese Romane, die in Istanbul und Berlin spielen und von Gesellschaft und Kultur sowie über politischen Aufbruch, politische Repression und über die Freiheit des Theaters in den 70er Jahren handeln.
Im vergangenen Jahr erhielt Frau Özdamar den Bayerischen Buchpreis 2021, den Düsseldorfer Literaturpreis 2022 und den Schillerpreis 2022 für den Roman Ein von Schatten begrenzter Raum. Außerdem stand das Buch auf der Shortlist für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022.
Emine Sevgi Özdamar ist seit 2007 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und seit 2014 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Sie lebt in Deutschland, der Türkei und Frankreich.
Hinterlasse einen Kommentar