Neues Gesetz schützt Informanten

 

Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck ernennt als erste Kommune „Whistleblower“-Beauftragten

 

 

„Neues Gesetz schützt Informanten“ – Arneburg-Goldbeck hat als erste Kommune  „Whistleblower“- Beauftragten. Der Artikel über das neue Hinweisgeberschutzgesetz erschien am Samstag, 11. November in der Altmark Zeitung in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil.

Arneburg-Goldbeck – Ein Mitarbeiter wurde geschult, die Dienstanweisung ausgearbeitet und die Mitarbeiter informiert. Wohl als erste Kommune im Kreis hat die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck, alles dafür getan, ein neues Bundesgesetz in der Verwaltung umzusetzen. Ein Gesetz, dessen Name sich wie ein Zungenbrecher liest: „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinien zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“. Kurz: Das Hinweisgeberschutzgesetz.

Nanu, was ist das denn?

„Mit dem Gesetz soll erreicht werden, dass Mitarbeiter in Unternehmen und Behörden geschützt sind, die illegale oder unethische Vorgänge vertraulich melden, ohne dass ihnen dadurch irgendein Schaden oder eine berufliche Benachteiligung entsteht“, erklärt René Schernikau, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck. Der Verwaltungschef erklärt, dass das Gesetz am 2. Juli in Kraft getreten ist und nunmehr alle Unternehmen und Behörden mit 50 oder mehr Mitarbeitern verpflichtet, bis zum 17. Dezember sichere Melde- und Kommunikationswege einzurichten, die „Whistleblower“ schützen. In der Verwaltung der Verbandsgemeinde arbeiten mehr als 90 Frauen und Männer.

Zwar hat das Land Sachsen-Anhalt ein entsprechendes Gesetz bisher nicht erlassen, „doch“, so René Schernikau, „gilt deshalb die entsprechende EU-Richtlinie." Auch diese sieht für Gemeinden und Gemeindeverbände die Pflicht zur Errichtung interner Meldekanäle vor.

Tatsächlich berücksichtigt das Gesetz unzählige Verstöße, die künftig anonym gemeldet werden können und denen der „Whistleblower-Beauftragte“ nachgehen muss. Arbeits- oder Gesundheitsschutz. Mobbing oder ungerechte Behandlung durch den Vorgesetzten. Unterschlagung oder Vorteilsnahme im Amt – die Palette ist vielfältig.

René Schernikau: „Einerseits bedeutet das neue Gesetz für uns einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand. Andererseits aber ist es wichtig, unseren Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, Missstände in der Verwaltung zu melden oder aufzudecken, ohne dass die Informanten Repressalien befürchten müssen.“

Damit diese Anonymität auch gewährleistet ist, wurde der Datenschutzbeauftragte der Verbandsgemeinde, Christian Böker, in den vergangenen Monaten auf Schulungen und Fortbildungen geschickt. In den Lehrgängen erfuhr er, welche „Delikte“ gemeldet werden können. Er lernte, wie er eine gründliche Untersuchung des Vorwurfs durchführen kann, ohne dass etwas bekannt wird oder der Informant auffliegt.

Vertraulichkeit ist oberstes Gebot

Sobald künftig eine Meldung bei Christian Böker eingeht, ist dieser verpflichtet, zeitnah eine gründliche, vertrauliche Untersuchung durchzuführen und den Tippgeber regelmäßig über den Fortgang zu informieren. Nach Abschluss der Untersuchung muss ein Bericht mit geeigneten Folgemaßnahmen erstellt werden. Wichtig: Bestätigt die Untersuchung ein Fehlverhalten, sollen geeignete Maßnahmen ergriffen werden: Rückerstattungen, Abmahnungen, Disziplinarmaßnahmen oder Änderungen der Richtlinien oder der Arbeitswege – sogar eine offizielle Anzeige (z.B. wegen Betrugs oder Bestechung) ist möglich.

Damit Christian Böker allen seinen Verpflichtungen aus dem neuen Arbeitsbereich nachkommen kann, wurde er zusätzlich über die Einrichtung sicherer Kommunikationskanäle und -wege informiert.

René Schernikau ist davon überzeugt, dass es ein Vorteil ist, dass Christian Böker Datenschutzbeauftragter ist, sich sehr gut mit den neuen Techniken auskennt und internetaffin ist. „Das erleichtert ihm sicherlich die Durchführung seiner neuen Aufgabe.“

Mittlerweile bieten viele Rechtsanwaltskanzleien an, gegen eine entsprechende Gebühr für Gemeinden, Städte und Kommunen die Meldestelle zu übernehmen: „Wir haben uns anwaltlich beraten, wollten aber die Meldestelle für Missstände bei uns im Haus haben“, erklärt René Schernikau. Verständlich, da diese Entscheidung auch als vertrauensbildende Maßnahme gegenüber den Mitarbeitern gesehen wird.

Können sich eigentlich auch Bürger der Verbandsgemeinde an den „Whistleblower"-Beauftragten wenden, wenn sie Missstände in der Verwaltung feststellen? „Nein“, sagt René Schernikau, „das ist derzeit nicht möglich, da es sich ausschließlich um eine Einrichtung für interne Belange handelt.“