Roggkaffol: Modernes Wohnen in historischer Industriekultur

 

Mit Liebe zum Detail saniert der Tangermünder Torsten Klipp die ehemalige Brauerei an der Lüderitzer Straße

 

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Torsten Klipp zeigt die Baupläne, nach denen seine Visionen umgesetzt werden.

 

Diese Reportage über das Projekt Roggkaffol  wurde Anfang August 2022 verfasst und in der  Volksstimme am 27. August 2022 veröffentlicht.

Der Besuch galt einem historischen Industriegebäude aus dem Jahr 1900 in der Lüderitzer Straße in Tangermünde. Der beeindruckende, rote Backsteinbau diente ganz unterschiedlicher Verwendung, geplant und gebaut wurde er im Auftrag einer Brauerei.

Dem heutigen Besitzer ist es zu verdanken, dass das Gebäude dem Verfall entrissen wurde und wieder zum Leben erwachte. Mit durchdachten Plänen, die moderne Lebensart und historische Baukunst miteinander verbinden, und ganz neuen, verschiedenen Funktionen wird in dem Gebäude auf dem 6000 Quadratmeter großen Grundstück einerseits ein Lebensort für Menschen in jedem Alter und andererseits ein Arbeitsort mit positivem Arbeitsklima entstehen..

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Torsten Klipp hat das Gebäude vor der Restauration fotografiert. Den Charakter wollte und will er erhalten.

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Die große Halle vor der Restauration.

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Diese historische Aufnahme zeigt einen Blick in die Schaltzentrale, von der aus in „Roggkaffol“ Werksprozesse gesteuert wurden.

Tangermünde.  Das Gebäude flößt Respekt ein. Mächtigen Respekt! 25 Meter hoch, 62 Meter lang. Von Hand gebrannte, rostrote Ziegel. Überdimensionale Fenster mit gusseisernen Rahmen. Flügeltüren aus Holz:  Vier Stockwerke. Auf dem Dach alte Schlote und Schornsteine.   Ziegel aus rostrotem Backstein: Hier am südlichen Ortseingang von Tangermünde an der Lüderitzer Straße steht dieses alte Industriegebäude.

Bis 2010 dem Verfall preisgegeben, ist das Haus heute ein topsaniertes Gebäude, in dem sich hochwertige Mietwohnungen befinden.

Möglich gemacht hat das der Tangermünder Torsten Klipp. Sein Herz schlägt nicht nur für alte Gebäude in der Stadt, sondern auch für ihren Erhalt und ihre Geschichte. Dieses Haus hat viel zu erzählen:

Zur Jahrhundertwende zwischen 1900 und 1901 wurde das von den Architekten Bargum und Krause entworfene Gebäude für die Tangermünder-Actien-Brauerei erbaut. Die feierliche Eröffnung erfolgte am 27. Juli 1901. Bis 1922 wurde hinter den dicken Mauern, dem vielen Beton und Stahl dann Bier gebraut. Nur während des Ersten Weltkriegs musste die Produktion eingestellt werden. Nach der Auflösung der Brauereigesellschaft zog die Schokoladenfabrik Meyers ein, dann der Freiwillige Arbeitsdienst und von 1942 bis 1945 die Junkers Werke aus Dessau.

Nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1972 – erst da wurde der Betreiber enteignet – wurden in der ehemaligen Brauerei Roggen und Kaffee sowie Oel verarbeitet. Der Name Roggkaffol entstand  – und verschwand mit dem Ende der DDR – wie so vieles andere auch – in der Versenkung.

Torsten Klipp erwarb das Gebäude und in einem ersten Bauabschnitt ließ er 2008 das Erdgeschoss für einen Versandhandel umbauen: Große Hallen, moderne Büros, großzügige Auffahrten. Insgesamt 1000 Quadratmeter, die derzeit leer stehen und wieder angemietet werden können.

Industriecharakter möglichst erhalten

Die große Halle mit 1000 Quadratmetern steht noch leer.

Interessenten haben 700 qm Lager und 300 qm Nebenräume.

Eine Erweiterung des Lagers ist möglich und – alles ist noch zu mieten.

Die eindrucksvolle 5 – 6 Meter hohe Halle verfügt über einen Lastenaufzug 1000 Kilogramm Nutzlast. Der neue Fußboden besteht aus Gussasphalt.

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Der Liebhaber von historischen Bauten und Unternehmer Torsten Klipp zeigt gerne sein Projekt Roggkaffol und erläutert dazu seine zukunftsorientierten Visionen.

Neben der großen Halle gibt es helle, freundliche Nebenräume.

Ein Büro mit Fußbodenheizung, eine Teeküche, einen Empfangsbereich, Platz für ein Archiv, Serverraum und Toiletten.

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Um den historischen Charakter des Ziegelbaus nicht zu verfälschen, werden die Mauern nur von innen gedämmt.

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Die hohen Holztüren mit den Doppelflügeln verstärken den historischen Charakter des Gebäudes.

Parallel dazu wurde das Gebäude saniert. Dabei war es Torsten Klipp besonders wichtig, „dass die alte Backsteinfassade nicht von außen gedämmt wird, sondern nur von innen.“ Dies gelang mit einem speziellen Raumklimasystem, für das tausende, sechs Zentimeter dicke, Dämmplatten auf die Wände gebracht werden mussten.

Nachdem sämtliche Wände mit den Dämmplatten ausgestattet waren, begann Torsten Klipp mit den Planungen für insgesamt 20 Mietwohnungen in „Roggkaffol“: „Mein Lebenstraum ist es, alte Baustoffe mit modernem Wohnkomfort zu verbinden“, erzählt der ehemalige Außenhandelskaufmann. Und er begann mit fünf Wohnungen im ersten Obergeschoss.

Um den Industriecharakter des Gebäudes so gut es geht zu erhalten, wurden in den Wohnungen ausschließlich alte Ziegelsteine aus dem Gebäude wiederverwendet und die Wände fast überall nur weiß gekalkt. Auch zugemauerte Türen und Fenster sind nach wie vor erkennbar. Die Räume in den Wohnungen sind offen, werden nur durch Schiebetüren voneinander getrennt.

Komfortable Wohnungen mit reizvollem Ausblick

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Aus den modern ausgebauten Wohnungen gibt es einen weiten Blick in die Elblandschaften.

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Derzeit sind die Bauarbeiter im dritten Obergeschoss des Gebäudes mit dem Ausbau von Wohnungen beschäftigt.

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Das Alte bewahrt, trotzdem modern und zeitgemäß.

Jedes Bad verfügt über eine Dusche und eine Wanne. Das Besondere: Diese ist fest vermauert und nicht einfach nur verkachelt. Die Wohnungen sind zwischen 60 und 90 Quadratmetern groß und die Raumaufteilung individuell.

Was aber allen gemein ist: Die Wohnungen verfügen über modernste Technik, einen Balkon mit Blick in die Weite der Elbelandschaft und sind altersgerecht. Kein Wunder, dass die ersten fünf Einheiten schnell vermietet waren – sogar eine an einen Rollstuhlfahrer, der sich „pudelwohl fühlt“, wie Torsten Klipp stolz berichtet.

Ausgebaut ist mittlerweile auch das zweite Obergeschoss mit insgesamt sieben Wohnungen. Und bis Ende 2023 soll die dritte Etage mit acht Wohnungen fertiggestellt werden. Alle nach den gleichen Kriterien. Torsten Klipp: „Wir bauen das dritte Obergeschoss aus. Je höher wir kommen, umso reizvoller wird natürlich der Ausblick“, schwärmt er. Er sagt: „Es gibt nur noch wenige dieser alten Industriebauten mit dem Charme großer Räume, hoher Decken und traditioneller Baumaterialien wie Backstein und Stahlbeton. Es ist unsere Pflicht, das zu erhalten und anders zu nutzen als in der Vergangenheit.“

Alles, was im Roggkaffol passiert, wird vom Denkmalschutz streng kontrolliert: „Das ist nicht immer einfach, aber wir kommen gut zurecht“, erzählt der gebürtige Tangermünder, der noch nie an einem anderen Ort leben wollte.

Bei einem Rundgang durch das Haus fällt auf, wie sauber die Baustellen sind: „Ich bin Perfektionist und will, dass in meinen Gebäuden immer alles ordentlich und sauber ist.“ Deshalb arbeitet er seit vielen Jahren nur mit seinen eigenen Leuten zusammen, hat dafür extra die Firma „Roggkaffol GmbH“ gegründet. Vier Mitarbeiter hat er mittlerweile: „Sie wissen genau, dass jeden Abend die Baustellen gereinigt und aufgeräumt werden müssen“, erzählt der 44-jährige Unternehmer.  Das funktioniert – anders als auf anderen Baustellen – hier problemlos.

Roggkaffol – das ist ein Millionenprojekt, doch über die Investitionshöhe will Torsten Klipp, der sein Büro auch im Haus hat, nicht reden: „Wichtig ist, dass Industriekultur erhalten bleibt und wir Wohnraum schaffen, der sich den Bedürfnissen der Menschen anpasst.“