Serhij Zhadan erhält den diesjährigen Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Serhij Zhadan ist ein Künstler, der sich in verschiedenen Metiers engagiert.                                                                                                                                                                                                       

Am 27. Juni 2022 gab der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels den diesjährigen Preisträger bekannt. Die Auszeichnung erhält der ukrainische Literat Serhij Zhadan für sein Werk und seine eindeutige, politische Meinung und konsequente Haltung.

Der Friedenspreis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels seit 1950 vergeben. Das Preisgeld beträgt 25.000 Euro. Schwerer wiegt für die meisten Preisträger allerdings die Ehrung im Rahmen der Frankfurter Buchmesse, der größten Buchmesse der Welt, da sie mit internationaler Publizität verbunden ist. Mit dieser Publizität und durch die immer in ihrer Ansicht sehr engagierten Geehrten gehört der Friedenspreis zu den wichtigsten Kulturpreisen des Landes. Die Verleihung an Serhij Zhadan findet am Sonntag, 23. Oktober 2022, in der Frankfurter Paulskirche zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse statt.

In der Begründung für die Entscheidung des Jahres 2022 heißt es wörtlich: „Wir ehren den ukrainischen Schriftsteller und Musiker für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft. In seinen Romanen, Essays, Gedichten und Songtexten führt uns Serhij Zhadan in eine Welt, die große Umbrüche erfahren hat und zugleich von der Tradition lebt. Seine Texte erzählen, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschüttern. Dabei findet der Schriftsteller eine eigene Sprache, die uns eindringlich und differenziert vor Augen führt, was viele lange nicht sehen wollten. Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton erkundet Serhij Zhadan, wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen.“

Serhij Zhadan wurde am 23. August 1974 in der Ostukraine geboren. In Charkiw, wo er heute noch lebt, studierte er Literaturwissenschaft, Ukrainistik und Germanistik. Er promovierte 1996 mit einer Arbeit zum ukrainischen Futurismus.

Seit den frühen 90er Jahren engagiert sich Zhadan in der Kulturszene Charkiws. Er veröffentlichte Romane, Gedichte, Erzählungen und Essays, daneben organisierte er auch Literatur- und Musikfestivals und machte sich als Songtexter einen Namen. So schreibt er Texte für verschiedene Rockbands und ist auch als Sänger der ukrainischen Band „Sobaki v Kosmos“ (Hunde im Weltraum) aktiv.

Schon seit der Besetzung der Krim 2014 initiiert und betätigt Serhij Zhadan sich auch in sozialen und kulturellen Projekten in der Ostukraine, seit Februar 2022 führt er vermehrt humanitäre Hilfestellungen durch. So organisiert er Konzerte, liest Gedichte an umkämpften Orten, verteilt Hilfsgüter und rettet auch Menschen aus unsicheren Stadtvierteln.

Zhadan gehört zu den wichtigsten ukrainischen Schriftstellern der Gegenwart, aber nicht erst seit dem Kriegsbeginn im Februar 2022 ist er auch in Deutschland bekannt. Seine vielfältigen Werke wurden schon davor in verschiedene Sprachen und auch ins Deutsche übersetzt. In Deutschland sind Zhadans Bücher im Suhrkamp Verlag erschienen.

Mit seinen deutlichen und unmissverständlich kritischen Texten hat der Schriftsteller ebenfalls schon verschiedene andere Preise gewonnen:

Freiheitspreis der Frank-Schirrmacher-Stiftung 2022
Preis der Leipziger Buchmesse 2018
Schweizer Literaturpreis der Jan-Michalski-Stiftung 2014
Brücke Berlin-Preis 2014
Samuel-Bogumil-Linde-Literaturpreis 2002

Literatur von Serhij Zhadan zeichnet sich durch eindringliche Sprache und Erzählungen über Menschen, die sich gegen eine krasse Umwelt wehren müssen, aus. Ihr gewohnter Lebensbereich ändert sich, wird durch politische Veränderungen fremd, durch kriegerische Auseinandersetzungen zum feindlichen Territorium.

Die Texte, die dieser engagierte Autor in der letzten Zeit verfasste, sind Zeitdokumente über die Organisation im Alltag, im Angesicht von Gewalt, Bedrohung und Hilflosigkeit.