Angeklagter rastet aus

Angeklagter rastet aus

Erfolgloser Döner-Brandstifter schreit Richterin an und fordert Bewährungsstrafe

 

 

 

 Bei der Urteilsbegründung rastete Sebastian D. komplett aus, schrie das Gericht an: „Das ist Folter!" ©T.Pfundtner

Osterburg/Stendal –  „Sie sind psychisch krank. Ich habe hier vier Gutachten, die beweisen, dass ich gesund bin“, schrie Sebastian D. die Vorsitzende der 1. Strafkammer am Landgericht Stendal, Simone Henze- von Staden an. Sie war gerade dabei, die Urteilsbegründung gegen den Angeklagten zu verlesen, der von der Kammer wegen schwerer Sachbeschädigung und Verwendung eines „Molotow-Cocktails“ zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis sowie einer zeitlich unbegrenzten Einweisung in eine psychiatrische Klinik verurteilt worden war. Von einer Verurteilung wegen schwerer versuchter Brandstiftung sah das Gericht ab, da der Versuch bereits im Ansatz scheiterte.

Der 37-Jährige stand aber genau wegen dieses Vorwurfes und wegen unerlaubten Waffenbesitzes vor den Schranken des Gerichts.

D. hatte am 11. November 2023 versucht, mit einem selbstgebastelten Brandsatz einen Döner-Imbiss auf dem Parkplatz eines Edeka-Supermarktes in Osterburg abzufackeln. Doch das Vorhaben scheiterte kläglich, weil die Stofflunte immer wieder ausging, sodass H. letztendlich lediglich die Tür und eine Scheibe des Bistros beschädigte.

Wie bereits vor der Verhandlung bekannt wurde, leidet der Täter unter schweren psychischen Störungen, die ihn bereits vor diesem Vorfall zu ähnlichen Taten trieben.

Zu dem Angriff auf den Dönerladen war es gekommen, da D. fest davon überzeugt war, dass er seine Freundin vor dem türkischen Imbissbesitzer schützen müsse. Er war sicher, dass der Inhaber in Wahrheit in dem Imbiss ein Bordell und einen Prostituiertenring betreiben würde, für den auch die Freundin von D. arbeiten sollte.

Bevor die Richterin in ihrer Urteilsbegründung noch einmal auf den Tag des gescheiterten Brandanschlags zurückkam, führte sie aus, dass der Verurteilte schon einmal einen Molotow-Cocktail auf ein Haus geworfen hatte, da er damals fest davon überzeugt war, dass seine Freundin in der Wohnung eines anderen Mannes duschen würde. Dies sei im Prozess herausgekommen.

Am 11. November 2023 waren der obdachlose D. und seine Freundin, die zusammen in einem Zelt übernachtet hatten, durch Osterburg gezogen. In einem Supermarkt kaufte das Pärchen Kleinigkeiten ein, reihte sich dann geduldig in eine Warteschlange an der Kasse ein. Da hinter den beiden eine Gruppe ausländischer Mitbürger sich mit lauten Stimmen unterhielt, reagierte D. böse und forderte die Männer auf, leiser zu sein. Als diese darauf nicht eingingen, verließ er mit seiner Freundin den Supermarkt und eilte zu einer nahegelegenen Tankstelle, um ein Feuerzeug zu kaufen. Als er den Shop verließ, war die Freundin verschwunden. Stundenlang suchte er in Osterburg nach ihr, bis er sie dann vor dem Döner, der in seinen Augen ein Bordell beherbergte, entdeckte. Darüber regte er sich so auf, dass er beschloss, „dem da drin einen auszuwischen“ und den Anschlag verübte. Unbeachtet der Tatsache, dass sich noch andere Personen in dem Imbiss aufhielten. Wie in der Verhandlung herauskam, wollte der „Brandstifter“ sich nicht mit diesem einen Versuch begnügen, sondern überlegte noch, einen Benzinkanister zu besorgen, um die ganze Bude abfackeln zu können. Doch dazu kam es nicht mehr, da D. noch am gleichen Tag dank einiger Zeugen und einer erfolgreichen Polizeifahndung im Stadtzentrum festgenommen werden konnte und in U-Haft verbracht wurde.

 

Urteil gegen psychisch kranken Brandstifter noch nicht rechtskräftig.

Offensichtlich schienen dem Angeklagten die Ausführungen des Gerichts nicht zu passen. Immer wieder unterbrach er die Richterin mit lauten Rufen wie „das stimmt nicht“ oder „Das ist Folter, was sie hier mit mir machen.“

Dies trieb er auf die Spitze, sodass die Richterin sichtlich erregt und mit extrem lauter Stimme zurückrief: „Sie halten jetzt endlich den Mund und sind still.“ Vergeblich. D. tobte weiter und wurde immer aggressiver. Selbst sein Anwalt Roland Kreitlow aus Stendal konnte seinen Mandanten nicht stoppen: „Die macht doch was sie will. Das ist doch verboten“ schrie er in den Saal, „ich gehe in Berufung. Das ist kein Urteil. Unternehmen Sie etwas.“ Damit nicht genug: Als die Richterin in der Urteilsbegründung ausführte, dass die Tat keine Bagatelle war und der Angeklagte über eine hohe kriminelle Energie verfüge, die ihn gefährlich für die Allgemeinheit mache, rastete er komplett aus: „Ich habe Bewährung verdient. Ich kann machen, was ich will“, schleuderte er wütend der Kammer entgegen, bevor er von den Beamten in Handschellen aus dem Saal geführt wurde.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Revision ist noch möglich. Dafür hat die Verteidigung des Angeklagten eine Woche Zeit.

2024-06-07T22:10:37+02:00

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