Letzte Chance für Brutalo-Nicki
Strenge Auflagen und lange Bewährungszeit für junge Frau aus Salzwedel
In der Altmark Zeitung vom Freitag, 17. Mai 2024, in der Ausgabe für den Altmarkkreis Salzwedel im Teil für Lokales erschien der Bericht über die Urteilsverkündigung im Prozess gegen eine junge Salzwedelerin unter der Überschrift „ Letzte Chance für Brutalo-Nicki - Strenge Auflagen und lange Bewährung für junge Salzwedelerin".
In Jeans und weißer bestickter Bluse erschien Nicki P. zur Urteilsverkündung, in Saal 218. Konzentriert und aufmerksam verfolgten sie und ihr Anwalt Carsten Meyer die Ausführungen des Gerichts.©T.Pfundtner
Stendal – Gestern (16. Mai 2024) verkündete die 1. Große Strafkammer am Landgericht Stendal unter Vorsitz von Richterin Simone Henze-von Staden das Urteil gegen Nicki P. aus Salzwedel. Die 27-Jährige fiel nicht nur bei der Polizei immer wieder negativ auf, sondern auch in der Stadt durch ihr aggressives und teilweise brutales Verhalten gegenüber Anderen. Allein in der Zeit zwischen April 2022 und Juli 2023 wurde sie in mehreren Fällen massiv handgreiflich oder versuchte, Autos zu stehlen. Insgesamt fünf dieser Fälle waren angeklagt. Der bekannteste:
Im Mai 2024 randalierte die vorbestrafte Frau vor einem Mehrfamilienhaus, für das sie Hausverbot hatte. Als zwei Polizisten anrückten, wehrte sie sich auf höchst aggressive Art und Weise, sprühte unter anderem der jungen Beamtin Xenia R. (Name von der Redaktion geändert) Pfefferspray in die Augen, kratzte, biss und schlug um sich. R., so urteilte später eine Richterin am Landgericht Stendal, habe daraufhin auf P. eingetreten und verurteilte sie deshalb zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde (nicht rechtskräftig).
Damit nicht genug: Nicki P. warf mit Bratpfannen oder Mikrowellentellern um sich. Sie schlug einer Freundin immer wieder mit einem Handy auf den Kopf oder einen Freund mit der Flasche. Ohne ersichtlichen Grund soll sie ihn verprügelt, gebissen und gekratzt haben.
Vorfälle, die eigentlich nach den üblichen Verfahren verhandelt und abgeurteilt werden. Doch bei P. ist das anders. Die Frau leidet unter ADHS, Alkohol- und Cannabissucht, Schizophrenie und anderen persönlichkeitsverändernden Krankheiten. Deshalb wurde sie bereits am 12. Dezember vergangenen Jahres durch eine vorläufige Unterbringungsverfügung (was einem Haftbefehl entspricht) in die Maßregelvollzugseinrichtung Uchtspringe eingewiesen.
Wie die AZ erfuhr, erhielt die Angeklagte bereits vor Jahren in Lüneburg wegen ähnlicher Taten, eine Strafe auf Bewährung und eine Latte von Auflagen, darunter regelmäßige Tests auf Alkohol oder Drogen. Doch daran hielt sie sich nicht, sodass Richterin Simone Henze-von Staden, die Angeklagte ernsthaft aufforderte, sich in jedem Punkt an das Urteil zu halten.
Tatsächlich sah das Gericht – wegen verminderter Steuerungsfähigkeit, dissozialer Persönlichkeitsstörung, hoher Angstproblematik und psychischer Ausnahmezustände der Angeklagte – in drei Fällen von einer Verurteilung ab. Darunter fiel auch der Angriff auf die Polizisten, den das Gericht als schwere Körperverletzung wertete. Bei zwei Fällen verhängte die Kammer Einzelstrafen von deutlich über einem Jahr, die zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf fünf Jahre Bewährung zusammengezogen wurden.
Eine lange Zeit, die das Gericht mit vielen Auflagen verband:
Neben ihrem Betreuer wird ein Bewährungshelfer eingesetzt, bei dem sich die Verurteilte regelmäßig melden muss.
Jeder Umzug oder Wohnungswechsel seien dem Bewährungshelfer, dem Betreuer und dem Gericht unverzüglich zu melden.
Weiterhin untersagte das Gericht der Suchtkranken jeglichen Alkohol- oder Drogenkonsum. Zur Kontrolle muss sie sich regelmäßig entsprechenden Bluttests unterziehen.
Damit nicht genug: Die Richterin führte aus, dass die Angeklagte verpflichtet sei, ihre derzeit eingesetzten Medikamente nicht eigenmächtig abzusetzen und jeglichen ärztlichen Rat zu befolgen. Außerdem gab sie der Frau auf, sich psychiatrisch behandeln zu lassen.
Dann hob die Richterin den Unterbringungsbeschluss für Uchtspringe auf: „Sie sind jetzt frei. Aber Sie müssen sich für mindestens ein Jahr freiwillig in eine psychiatrische Klinik begeben, damit Ihr guter Weg, der seit einigen Monaten beschritten wird, auch weitergeht.“
Am Ende des Urteils fuhr Henze- von Staden fort: „Wir und Sie wissen, dass Sie nach wie vor eine große Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen. Das hat das psychiatrische Gutachten zweifelsfrei ergeben. Deshalb sage ich Ihnen klipp und klar, sollten Sie nur gegen einen Punkt verstoßen, wird die Bewährung sofort aufgegeben. Ohne Wenn und Aber. Dies ist absolut Ihre allerletzte Chance. Nutzen Sie sie!“
Dass und die vielen Gespräche, die Nicki P. mit ihrem Salzwedeler Anwalt Carsten Meyer geführt hatte, müssen sie sehr beeindruckt haben, denn sie nahm das Urteil sofort an und verzichtete auf jegliche Rechtsmittel. Ebenso wie Oberstaatsanwalt Thomas Kramer, der gegenüber der AZ auch von einer großen Chance für die Angeklagte sprach.
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