Beste Unterhaltung garantiert

 

TdA eröffnet Freiluftsaison mit Goldonis „Mirandolina“

 

Matthias Hinz, (v.l.) Fynn Zinapold, Siri Wiedenbusch, Tilo Werner und Paul Worms können beim ersten Freiluftauftritt in dieser Saison das Theaterpublikum durch ihr Können überzeugen. ©T.Pfundtner 

 

Sehen können Sie das Stück  „Mirandolina“  noch neunmal in Stendal. Mitte Juni zieht das Stück für zwölf Vorstellungen in die Klosterruine Arendsee um.

Matthias Hinz als Frauenhasser Cavaliere von Ripafratta mit Siri Wiedenbusch als Wirtin Mirandolina.©TdA

Stendal – Mit einer beschwingten Freiluft-Premiere im Garten der Musik- und Kunstschule neigt sich die 78. Spielzeit am Theater der Altmark (TdA) dem Ende zu, bevor es am 5. Juli in die verdiente Sommerpause geht.

In diesem Jahr steht „Mirandolina“ eine Komödie von Carlo Goldoni (1707 -1793) auf dem Programm.

Keine Angst, es ist keine Perücken- Rüschen-Vorstellung mit wallenden Kleidern, maskenhafter Schminke und altbackenen Dialogen. Im Gegenteil: Die Stendaler Mirandolina-Version ist eine spritzige – in die 50er Jahre verlegte – swingende Komödie, die dem Publikum mehr Lachen und Vergnügen als langweiliges Gähnen bietet.

Und das hat viele Gründe. Da ist als Erstes die Rückkehr von Schauspieler Matthias Hinz auf die Theaterbühne. Für mehrere Monate war er in Elternzeit gegangen. Jetzt ist er wieder da und eine Bereicherung für das Ensemble. In dem Freiluftstück gibt er den arroganten Frauenhasser, den Cavaliere von Ripafratta, der letztendlich aber doch der charmanten, aber energischen Wirtin Mirandolina (Siri Wiedenbusch) verfällt und eine schwere Demütigung ertragen muss.

Conte von Albafiorita (Fynn Zinapold), der Marchese von Forlipopoli (Tilo Werner) und Kellner Fabrizio (Paul Worms) in der Gaststube.©TdA

Überraschend war auch, dass ein Italiener, der kein Wort Deutsch spricht, das 272 Jahre alte – oder sollte es besser heißen ewig junge – Stück schrieb. Wie das funktionieren konnte, erklärte Andrea Maria Brunetti damit, dass er ja die Aufführung auswendig kenne. In der Pause sagte er der AZ, dass er, inspiriert durch die Szene, in der die Wirtin über das Verhältnis von Männern und Frauen spricht, begann, seine eigene Version zu verfassen.

Aus Respekt vor der Dynamik des ursprünglichen Textes habe er aber im ersten Akt die Original-Monologe für die Einführung der einzelnen Charaktere übernommen. Neben Mirandolina und dem Cavaliere sind dies der neureiche und etwas tumbe Conte von Albafiorita (Fynn Zinapold), der völlig verarmte und zu kleinen Betrügereien neigende Marchese von Forlipopoli (Tilo Werner) sowie Kellner Fabrizio (Paul Worms). Sie alle lieben und verehren Mirandolina und hoffen, ihr Herz zu gewinnen. Damit ist die Handlung klar: Die vier Zimmergäste „verfallen“ einer jungen energischen Geschäftsfrau, die aber genau weiß, wie sie sich gegenüber Machos mit übertriebenem, männlichem Egoismus und „Beherrscherwahn“ verhalten muss. Und dann ist da noch Fabrizio. Er liebt seine Chefin, seitdem er zum ersten Mal das Lokal betrat und kann Konkurrenten überhaupt nicht ausstehen.

Um zu zeigen, dass dieses Verhalten sich erst in den letzten Jahrzehnten etwas verändert hat, verlegt Regisseur Brunetti, der bereits mit Intendantin Dorotty Szalma zusammengearbeitet hat, das Stück in den Anfang der 50er Jahre in Italien. Eine Zeit, die einen Dreh- und Angelpunkt für den Neuanfang nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges markierte.

Ein erfrischender Theaterabend in lauschiger Atmosphäre und viel Vergnügen

Wirtin Mirandolina (Siri Wiedenbusch), klug, hübsch, finanziell unabhängig und begehrt.©TdA

Einen mehr als angenehmen Freiluft-Abend im Garten der Musik- und Kunstschule liefert das Team des TdA mit „Mirandolina“ ab.© T.Pfundtner

Das ist gelungen, nicht nur in der Handlung und den Dialogen – nein besonders auch in den Kostümen und der Kulisse. Die Rezeption des kleinen Gasthofs mit Zimmervermietung, besticht durch Kleinigkeiten: nostalgische Registrierkasse, Waschschüssel aus Emaille, alte Flaschen und Kristallgläser. Dazu die Kostüme. Elegante Anzüge mit Westen, Strohhüte wie aus dem Kleiderschrank von Adriano Celentano. Dazu ein rotes Kleid, das auch Sophia Loren gestanden hätte. Hier haben Sofia Mazzoni (Ausstattung), Kirstin Versümer (Kostümwerkstattleitung) und Steffen Poitz (Werkstattleitung) bewiesen, wie wichtig sie für das TdA sind.

Knapp drei Stunden (mit Pause) dauerte dieser entspannte Premierenabend, der wieder einmal bewies, wie gut die Schauspieler am TdA miteinander harmonieren und ihre Rollen gut über den Bühnenrand hinaus transportieren. Allerdings erinnert in diesem Sommertheater aber einiges an einen Musikerwitz über den legendären Dirigenten Herbert von Karajan: „Was er da vorne auf seinem Pult dirigiert, ist egal. Wir spielen die Neunte…“ Dennoch lohnt sich der Abend, denn bei untergehender Sonne, lauschiger Atmosphäre und einem Aperol Spritz, sorgen die Schauspieler für sehr gute Unterhaltung, viel Spaß und eine äußerst charmante Schlusspointe.

Einige Impressionen aus dem Stück „Mirandolina“. Alle Fotos ©TdA