Bis die Bombe platzt – Explosive Stimmung am TdA

 

Kündigung einer Schauspielerin deutet auf Missstände hin

 

 

Im Theater der Altmark bewegte die Premierengäste nach dem Zwei-Personen-Musical „Eine Sommernacht“ eine Nachricht, die nur indirekt mit der großartigen Premiere zusammenhing, aber wie eine Bombe einschlug. In der Altmark Zeitung in der Ausgabe für den Landkreis Stendal am Samstag, 30. März 2024, im Lokalteil für Stendal wurde dieses Thema aufgearbeitet. Die Überschrift lautete: „ Theater verliert Hauptdarstellerin – Explosive Stimmung: Kündigung deutet auf Missstände in Stendal hin“ .

Stendal – Es war das Tuschelthema auf der Premierenfeier von „Eine Sommernacht“ im Theater der Altmark am vergangenen Sonnabend. Die völlig überraschende Kündigung von Hauptdarstellerin Alexandra Sagurna zum Ende der Spielzeit. Seit drei Jahren gehört die in Bonn geborene und in Dresden aufgewachsene Schauspielerin zum Ensemble des TdA und hat sich in dieser Zeit in die Herzen der Zuschauer gespielt. Nun das Ende ihres Engagements. Kein Wunder, dass am Premierenabend über die Gründe heftig spekuliert wurde. Ein Grund, so wurde vermutet, sei wohl die Unvereinbarkeit von Beruf und junger Mutter, hatte die 32-Jährige doch vor einigen Monaten ihr erstes Kind auf die Welt gebracht. Dem widerspricht sie vehement: „Das habe ich nie so angegeben. Ich habe immer gesagt, dass ich neue Wege gehen will“, sagte die bühnenerfahrene Darstellerin zur AZ und fuhr fort: „Mein Muttersein sehe ich als große Bereicherung für meinen Beruf. Aber, die Vereinbarkeit von Kind und Theaterarbeit, wie sie allgemein an Theatern strukturiert ist, ist schwierig.  Aber ich hätte deshalb nie gekündigt.“ Im Gegenteil, so Sagurna, sie habe immer versucht an „behindernden Strukturen etwas zu verbessern“ und würde dies auch immer weiter versuchen. Dann bricht sie eine Lanze für das Stendaler Haus: „Tatsächlich hat sich die Intendanz wirklich Mühe gegeben, bei der Planung an meine familiäre Situation zu denken.“

Alexandra Sagurna als Helena in „Eine Sommernacht“©TdA

Das klingt insgesamt nach einer schwierigen Trennung. Auf Nachfrage der AZ, erklärt sie, dass sie bereits seit längerer Zeit überlege, sich breiter aufzustellen. Allerdings, so ist zu vernehmen, sieht sie derzeit am Theater der Altmark die Bedingungen für das gemeinsame konstruktive Zusammenarbeiten, wozu auch offene Diskussionen und das gemeinsame Suchen nach Lösungen bei auftretenden Konflikten oder Problemen zählen, nicht gegeben. Dabei spiele insbesondere die Art der derzeitigen Kommunikation eine große Rolle. Ein Punkt, der allgemein im Haus beklagt wird. So würde nur selten über wichtige Änderungen oder Neuerungen informiert: „Hier erfährt mal jemand etwas, dort wird dann wieder jemand anderes informiert“, heißt es am Theater hinter vorgehaltener Hand.

Doch, das ist wohl längst nicht alles: „Ich fühle mich am Haus nicht mehr gut aufgehoben und wertgeschätzt“, lässt die Schauspielerin durchblicken.

Mit ihrer Enttäuschung steht sie nicht allein da. Ein langjähriger Mitarbeiter (die Namen aller zitierten Mitarbeiter sind der Redaktion bekannt), der anonym bleiben möchte, sagte der AZ, dass er sich seit dem Intendantenwechsel wie ein Stuhl in der Ecke fühle, der nur bei „Bedarf hervorgeholt wird“. Ein anderer Schauspieler, der ebenfalls seinen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte, überlegt auch, die Brocken hinzuwerfen, beklagt die zunehmenden Belastungen am Haus: „Wir haben einen hohen Krankenstand und die Arbeit wird auf immer weniger Schultern verteilt. Aber, dass das zu Lasten der Kreativität geht, interessiert niemanden!“

Bei Alexandra Sagurna kommt wohl auch hinzu, dass sie gewerkschaftlich stark engagiert ist und sich bei Konflikten und Problemen für die Rechte und Sorgen der Schauspieler einsetzt, den Finger immer wieder in Wunden legt.

Ein Ensemblemitglied sagte der AZ: „Es ist mutig von Alexandra, als junge Mutter zu kündigen. Aber, sie ist eben auch sehr konsequent und nicht bereit, ihre Überzeugungen und Einstellungen für einen Vertrag zu opfern.“

Dass Alexandra Sagurna immer versucht, lösungsorientiert und im Sinne aller zu handeln, wird schon dadurch deutlich, dass sie auch künftig gern auch dem Theater in Stendal zur Verfügung stehen würde und darüber mit der Leitung im Gespräch ist.

Dennoch: So wie es im Moment hinter den Kulissen aussieht, könnte ihr Beispiel Schule machen, vermutet ein intimer Kenner des Hauses. „Ich warte nur darauf, dass die Bombe platzt.“

Eine Situation, die eigentlich niemand möchte, wie die Recherchen der AZ beweisen, denn der einstimmige Tenor, vom Beleuchter bis zum Schauspieler lautet, dass sie alle gern für das TdA arbeiten. „Mit mehr Transparenz, weniger Beratungsresistenz und mehr Teamdenken wären eigentlich alle Probleme gelöst“, heißt es in den Abteilungen vor und hinter der Bühne.

Und was sagt die Intendantin zur aktuellen Situation? Einer Bitte um ein kurzfristiges Gespräch mit Dorotty Szalma kam das Theater kurz vor Redaktionsschluss noch nach.

Vom Tuschelthema zur klärenden Kommunikation – ein Weg aufeinander zu?

„Es ist sicherlich nicht immer einfach“, erklärt Szalma auf AZ-Nachfrage, „und ich weiß, dass ich es nicht jedem recht machen kann. Aber, derzeit befindet sich das Haus in einem Umbruch, der sicherlich manchmal auch schmerzlich sein kann. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass wir das gemeinsam schaffen und unser Ziel, auf Dauer erfolgreiches Theater zu machen, erreichen. Das beweist allein die Tatsache, wie hervorragend alle Mitarbeiter während des – nach wie vor bestehenden hohen – Krankenstands mitziehen und dazu beitragen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das ist nicht selbstverständlich und kann nicht hoch genug geschätzt werden.“