Verzichten, aber wie?

 

Am Aschermittwoch beginnen 40 Fastentage

 

 

Verzicht auf Süßes und Alkohol rückt in den Hintergrund.©IK

Stendal – Kommenden Mittwoch ist es wieder so weit: Der Karneval ist vorbei und die Narren packen ihre Kappen und Kostüme zurück in die Schränke. Und die vierzigtägige Zeit des Fastens beginnt. Seit dem Tod von Jesus erinnern sich Christen in den Wochen vor Karfreitag an das Leiden und Sterben von Gottes Sohn und an seine vierzig Tage und Nächte, die er nach seiner Taufe in der Wüste verbrachte und fastete. Und, es sind die Tage, in denen sich Gläubige auf Ostern vorbereiten, auf die Botschaft der Auferstehung. Nicht zu vergessen, dient das kirchliche Fasten der Reinigung der Seele und der Buße.

Heißewecken oder Hedewigs sind ein traditionelles Gebäck, das seit dem Spätmittelalter nachgewiesen ist und in Nord- und Nordwestdeutschland vor dem Beginn der vorösterlichen Fastenzeit gegessen wurde, speziell von Rosenmontag bis Aschermittwoch. Das Verbreitungsgebiet der Heißwecken umfasste im Wesentlichen den Einflussbereich der Hanse. ©IK

590 nach Christus bestimmte Papst Gregor I., dass warmblütige Tiere nicht mehr auf den Tisch kommen dürfen. Doch damit waren viele Mönche nicht einverstanden und übernahmen den Trick des Maulbronner Laienmönchs Jakob, der das Fleisch in Teigtaschen – den heutigen Maultaschen – versteckte, damit der liebe Gott und der Klosterabt die Sünde nicht bemerken konnten – Brotteig ging auch…   Später setzte die Kirche auch Butter, Milch, Käse und Eier auf die Fastenverbotsliste. Mittlerweile hat die katholische Kirche mit dem Zweiten Vatikanum (1962 bis 1965) die strengen Regeln gelockert. Geblieben sind zwei festgeschriebene Fastentage – Aschermittwoch und Karfreitag.

Tatsächlich aber wurden die strengen Regeln bereits mit der Reformation komplett infrage gestellt. Martin Luther lehnte die Vorstellung ab, dass Verzicht und Askese als gute Werke vor der Hölle bewahren. Er fastete dennoch auch und empfahl es „als eine feine äußerliche Zucht“, aber eben nicht als Buße und Seelenreinigung.

Es stellt sich die Frage: Habe ich mich selbst im Griff?

Fisch ist in der Fastenzeit erlaubt: Das liegt an den alten kirchlichen Speiseregeln für die Passionszeit. Sie untersagen für die sieben Wochen vor Ostern den Verzehr von Fleisch sogenannter warmblütiger Tiere. ©IK

Heute gilt das Fasten eher als Zeit der Einkehr, der Umkehr und Besinnung. Daraus entstanden viele neue Ideen. Ein Beispiel:

1983 entstand die Aktion „7 Wochen Ohne“ der evangelischen Kirchen in Deutschland.  Ziel ist eine bewusste Gestaltung der Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostersonntag. Dabei geht es darum, Alltagsgewohnheiten zu überdenken. Sie verzichten zum Beispiel auf Genussmittel wie Alkohol, Nikotin oder Süßigkeiten. Aber auch andere Gewohnheiten oder Bequemlichkeiten wie Fernsehkonsum, Fertiggerichte oder Internet können für die Zeit eingestellt werden. Hintergedanke: Durch den Verzicht entsteht Platz für Veränderungen, entwickeln sich neue Perspektiven und jeder kann für sich über Veränderungen nachdenken und sich eine neue Lebensqualität schaffen. Nicht zu vergessen: Konsumverzicht bedeutet auch, Solidarität mit Benachteiligten zu zeigen.

Interessant: Begann „Sieben Wochen Ohne“ mit 300 Teilnehmern sind es mittlerweile drei Millionen Menschen, die mitmachen. In diesem Jahr lautet das Motto: „Komm rüber, sieben Wochen ohne Alleingänge."

„Wir alle sollten mehr danach handeln und einander in Freundschaft näherkommen“, sagte Pfarrerin Janette Obara aus Arneburg, „ich bin neugierig darauf, wer wohl in diesem Jahr an meine Tür klopft und einfach mal rüberkommt.“

Pfarrer Stephan Lorek, seit einigen Monaten der neue katholische Pfarrer in der St. Anna Kirche sagt, dass neben religiösen Motiven, „fasten auch die Chance bietet, sich vom Alltäglichen zu lösen und um zu überprüfen, inwieweit ich mich selbst im Griff habe.“

Übrigens: Das christliche Fasten oder der Fastenmonat der Muslime – der Ramadan – haben nicht mit dem immer populärer werdenden Heilfasten zu tun, von dem der griechische Arzt Hippokrates bereits im fünften Jahrhundert vor Christus als Heilmethode gesprochen hat.