Mordprozess Kezhia H. am Landgericht Stendal

 

Hauptverfahren im Mordfall Kezhia eröffnet

Prozessauftakt am 19. September 2023 Stendal

 

Durch diese Tür wird der Angeklagte Tino B. in den Saal 218 kommen.©T.Pfundter

 

Die Strafkammer 2 des Landgerichts Stendal (Schwurgericht) hat am 22. August 2023 die Anklage gegen den 42-jährigen Tino B. aus Klötze zugelassen, der für den Tod von Kezhia H. verantwortlich sein soll. Die Staatsanwaltschaft legt ihm Mord zur Last.

Das Strafverfahren beginnt am Dienstag, 19. September 2023, um  09:00 Uhr im Saal 218. An diesem ersten Tag sind noch keine Zeugen geladen. Geplant sind 15 Verhandlungstage, der letzte soll am 22. Dezember 2023 um 09:00 Uhr im Saal 218 stattfinden.

Sollte es zu einer Verurteilung wegen Mordes kommen, ist die Strafe zwingend lebenslange Haft. Sollte die Kammer auf Totschlag erkennen, liegt der Strafrahmen zwischen 5 und 15 Jahren.

Die Altmark Zeitung berichtete am 16. September in den Ausgaben für den Landkreis Stendal und den Altmarkkreis Salzwedel über den Prozessbeginn im Mordfall Keshia H.

 War Kezhia schwanger?

 Dienstag beginnt der Prozess gegen Tino B. wegen Mordes an der jungen Frau

Klötze/Stendal – Am Dienstag um 9 Uhr beginnt der wohl spektakulärste Prozess, der jemals am Landgericht geführt wurde: Im Saal 218 verhandelt der erfahrene Richter Ulrich Galler (58) gegen den verheirateten Tino B. aus Klötze. Oberstaatsanwältin Ramona Schlüter wirft dem 42-jährigen Familienvater vor, seine Freundin Kezhia H. auf bestialische Art und Weise ermordet zu haben.

Kezhia H. war Sportlerin und Schiedsrichterin aus Leidenschaft. Bereits als Fünfjährige begann sie als Torhüterin bei den G-Junioren des VfB Klötze. Später stand sie für die Frauenmannschaft des SV Schwalbe Schwiesau zwischen den Pfosten. 2017 absolvierte Kezhia H. einen Schiedsrichterlehrgang und träumte von einer großen Karriere und Einsätzen in der Bundesliga. Eines ihrer schönsten Erlebnisse damals: Im Juni 2019 lief sie beim Freundschaftsspiel der Altherren von der SG Kusey /Jahrstedt/ Immekath gegen das Traditionsteam des VfL Wolfsburg gemeinsam mit der Schiedsrichterlegende Bernd Heynemann aus Magdeburg auf und unterstützte ihn an der Seitenlinie. Ob sie kurz davor oder kurz danach mit ihrem mutmaßlichen späteren Mörder Tino B. ein Verhältnis begann, ist nur eine von vielen Fragen, die das Gericht klären muss.

Seit dem 4. März 2023 war die 19-jährige Kezhia H., die ebenfalls aus Klötze stammte, spurlos verschwunden.

Nur zwei Tage später erstatteten Kezhias Liebhaber und ihre Mutter Jeannette H. Vermisstenanzeigen in Wolfsburg und Stendal. Schnell geriet Elektriker Tino B., der Vater von drei Kindern ist, unter Verdacht und wurde am 23. März auf dem Weg zur Arbeit festgenommen. Nachdem die Polizei das Haus, die Garage und das Auto des Beschuldigten gründlich durchsucht hatten, wurde Tino B. Ende März aus Mangel an Beweisen wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen.

Schiedsrichterin Kezhia H. und Trainer Tino B. lernten sich wahrscheinlich im Klötzer Fußballverein kennen und lieben. Gut zweieinhalb Jahre soll das intime Verhältnis gedauert haben, bevor der Verein Verdacht schöpfte und den Elektriker von seinem Posten entband. Ehefrau Christina B. soll bereits sehr viel früher von der Beziehung gewusst haben – eine von vielen Fragen, die das Gericht klären wird.

Prozess wegen Mordes an Kezhia H. startet: Noch sind viele Fragen offen.

Obwohl Tino B. bis heute bestreitet, etwas mit dem Verschwinden seiner Freundin zu tun zu haben, klickten am Abend des 20. April zum zweiten Mal die Handschellen und Tino B. wurde in die Polizeiinspektion Magdeburg gebracht. Nur wenige Stunden zuvor war Kezhias Leiche im Landkreis Helmstedt in Niedersachsen in unmittelbarer Nähe eines Kieswerks entdeckt worden. Nur einen Tag später wurde Haftbefehl gegen Tino B. erlassen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft und schweigt beharrlich. Die ersten Monate lediglich wegen Totschlags. Nach wochenlangen Ermittlungen kam die zuständige Staatsanwältin Ramona Schlüter zu dem Ergebnis, Tino B. habe Kezhia H. am 4. März „heimtückisch mit insgesamt 32 Messerstichen ermordet“ und später begraben.

Für die erfahrene Anklägerin ist es sicher, dass Tino B. und Kezhia H. gemeinsam in einen Wald zwischen Hoitlingen und Jembke im Landkreis Gifhorn fuhren und dort einvernehmlichen Geschlechtsverkehr hatten. Währenddessen oder unmittelbar danach soll der Angeklagte völlig überraschend mit einem messerähnlichen Gegenstand auf die junge Frau eingestochen haben. „Aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Tat war sie wahrscheinlich nicht in der Lage, Gegenwehr zu leisten“, sagte der Pressesprecher am Landgericht Stendal Michael Steenbuck der AZ.  Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft starb Kezhia H. kurz darauf infolge der schweren Verletzungen an Herz-Kreislauf-Versagen und dem massiven Blutverlust.

Michael Steenbuck: „Nach der Tat hat Tino B. wahrscheinlich die Leiche irgendwo auf einer Mülldeponie in Jeggau „zwischengelagert“ und dann am 7. März in einem Kieswerk bei Bahrendorf verbrannt und anschließend vergraben.“

Ob sich die Tat tatsächlich so ereignet hat, muss ab Dienstag an wahrscheinlich 11 Verhandlungstagen die 2. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler herausfinden. Ebenso die Frage nach dem Tatmotiv. Möglicherweise war Kezhia H. sogar schwanger von ihrem Liebhaber. Diese war eine der Fragen, die eine Obduktion der Gerichtsmedizin Hannover beantworten sollte. Allerdings wurde das Ergebnis nicht bekanntgegeben. Erst in dem anstehenden Prozess wird diese Frage sicherlich eine Rolle spielen.