Amateure bringen Profis zum Staunen

 

Premiere von „The Beautiful Game” im Theater der Altmark

 

 

 Intendantin Dorotty Szalma und Stendals Oberbürgermeister Bastian Sieler eröffneten das erste „Fetzt!Festival“, bei dem die Amateurgruppen des  TdA ihr Können zeigen.©T.Pfundtner

Stendal – Erstmalig in der Spielzeit ein ausverkaufter großer Saal! Ein selten gespieltes Musical mit der Musik von Andrew Lloyd Webber! Eine Gruppe begeisterter Jugendlicher, die das Publikum im Theater der Altmark in wenigen Minuten eroberten. Ein Publikum, das seine Begeisterung immer wieder mit lautem Klatschen und Pfiffen äußerte.

So könnte die Premiere von „The Beautiful Game“ am Freitagabend im Theater der Altmark (TdA) beschrieben werden.

Doch, das würde dem Abend, der das erste dreitägige Fetzt!Festival der Amateure  eröffnete, nicht gerecht werden, steckt doch mehr dahinter.

Die MusicMärker begeisterten das Publikum im Großen Haus des TdA.©T. Pfundtner

Zum Beispiel der Leiter der Theaterpädagogik vom TdA, Robert Grzywotz. Nachdem sich sein eingespieltes Ensemble aufgelöst hatte, musste er ein komplett neues Schauspiel-Team auf die Beine stellen. Dafür hatte er 1,5 Jahre Zeit. Kurz gesagt: Es ist ihm mehr als gelungen.  Die Teenager kümmerte es wenig, dass sie noch nie auf einer großen Bühne standen. Nach dem Motto „Jetzt sind wir dran“, tanzten, sangen und spielten die Amateure der MusicMärker wie die Profis.

Dazu der Gesang, der bis in die letzte Reihe gut zu verstehen war. Natürlich waren es keine ausgebildeten Stimmen, aber die Töne – vom Sopran bis zum Bass – klar und sauber, auch wenn ab und zu ein „kleiner Hupfer“ vorkam.

Da staunten selbst die anwesenden Schauspieler Siri Wiedenbusch, Paul Worms oder Oscar Seyfert. „Das haben wir nicht erwartet, was die jungen Leute auf die Beine gestellt haben“, sagten sie der AZ.

Als nächstes muss Benjamin Ulrich von der Musik- und Kunstschule in Stendal genannt werden. Er hatte sechs Monate weniger Zeit, um aus neun jungen Musikern eine Band zu formen, die es mit so manchen Gruppen aufnehmen kann.  Tatsächlich haben sie und das Ensemble zusätzlich zu den eigentlichen Proben auch in den Ferien und zuhause weiter geübt.

Berührend: Im informativen Programmheft wird der viel zu früh verstorbene Trompeter und Musikpädagoge Sebastian Socha zum „Ehrenkapitän“ der jungen Musiker ernannt. Wie Ulrich erzählte, hat der Verstorbene die gesamten Vorarbeiten für die Umsetzung geleistet: „Ich führe eigentlich seine Arbeit lediglich weiter.“

Das Spiel der engagierten Jungschauspieler erstaunte sogar die Profis des TdA.

Die MusicMärker begeistern das Publikum im Großen Saal des TdA. Bereits nach wenigen Minuten erobern sie ihr Publikum, das sie am Ende der Vorstellung erst nach langem Beifall von der Bühne entlässt.©T.Pfundtner

Die Zuschauer klatschten und jubelten am Ende der Lieder mit.©T.Pfundtner

Das Geschehen im Musical „The Beautiful Game“ aus dem Jahre 2000: Inmitten des Nordirlandkonflikts bereitet sich 1969 eine Fußballmannschaft in Belfast darauf vor, die Meisterschaft zu gewinnen. Doch die politische Situation sorgt im Team für große Unruhe und nimmt den Spielern, Freunden und Fans ihre Unbekümmertheit.  Katholiken gegen Protestanten. Hass anstelle von Liebe. Mord und Totschlag, aber auch eine tragisch verlaufende Ehe stehen im Mittelpunkt des Abends. Nicht zu vergessen Pater O’Donnell, der den jungen Iren mit Rat und Tat zur Seite steht.

Die Lieder und die Musik haben sicherlich kein Hitpotenzial, wie man es von Webber gewohnt ist, doch ist sie der Zeit angepasst und äußerst hörenswert.

Genannt seien „Gottes Heimat“, „Lieben trotzdem" oder „Das erste Mal“.

Der Gesang der jungen Schauspieler wird untermalt von den Sängern der ChorMärker, die auch als Komparsen das Game begleiten.

In der deutschen Übersetzung von Anja Hauptmann zeichnen sich die Texte durch Wortwitz und Emotion aus, die teilweise zum Nachdenken „zwingen“.

Es wäre nicht gerecht, einen der MusicMärker besonders hervorzuheben und die anderen Mitspieler zu übergehen. Alle haben für ihre Leistungen eine 1+ verdient

Robert Grzywotz hat ein junges Ensemble geformt, das bei den Proben zu einem verschworenen Team zusammengewachsen ist. Das wird in vielen Szenen deutlich. Zum Beispiel bei den Küchen-Szenen. Es ist ein Treffpunkt für die Frauen des Stück. Hier teilen sie Freud und Leid miteinander.

Besonders hervorzuheben ist das fast zehn Minuten dauernde Fußball-Ballett zu dem Song „Das Endspiel“ – eine Spitzenleistung des gesamten Teams.

Eine minimalistische Kulisse, die Kostüme und die eingespielten Videosequenzen lassen die Zeit vor fast 55 Jahren wieder lebendig werden.  Dabei passt jedes Detail, wie zum Beispiel der weiße Feinripp von John, der für Sekunden aufblitzt, bevor er seine Hose wieder anzieht …

Was bleibt ist die Hoffnung, dass das Ensemble und die Musiker weitermachen, damit wir in zwei Jahren wieder einen höchst unterhaltsamen Abend im TdA verbringen können.

Weitere Aufführungstermine: 12., 21. und 22. Juni.