Schöne Bescherung in Stendal

 

Das „Santa-Seminar“ ist ein Weihnachtsmärchen der ganz besonderen Art

 

Die Sängerinnen und Sänger der Chormärker und alle Darstellenden genießen den minutenlangen Applaus.©T.Pfundtner

 

Die neuste Premiere am Theater der Altmark in Stendal war ein ganz spezielles Weihnachtsmärchen. Das Santa-Seminar hatte am Freitag, dem 18. November Premiere. Die Kritik dazu erschien in der Altmark Zeitung am Dienstag, 21. November 2023 in der Ausgabe für den Landkreis Stendal im Lokalteil Stendal / Arneburg-Goldbeck.

Der neue Seminarleiter Maximilian Geißler (Paul Worms stehend) versucht, seine Seminarteilnehmer Charly Frank (Jules Armana, links), Uwe Kerkhoff (Hannes Liebmann, Mitte) und Sylvia Richter (Kerstin Slawak, rechts) von neuen Handlungsweisen nach EU-Norm zu überzeugen.© TdA-MatthiasPiekacz

Stendal – Viele Jahre hat Frau Müller das alljährliche Ausbildungsseminar für Weihnachtsmänner – veranstaltet von der Agentur für Arbeit – geleitet. Mitten im Sommer, damit auch genügend Vorbereitungszeit bleibt. Man kennt sich, denn es sind immer die gleichen Typen, die an dem Seminar teilnehmen: Das sind der ehemalige Maurer Uwe Kerkhoff, Charly Frank, der im betreuten Wohnen lebt und die alleinerziehende Mutter von vier Kindern und Chef-Dekorateurin Sylvia Richter. Sie wissen, wie es geht, an Weihnachten Freude zu bereiten und freuen sich auf einen stressfreien Tag im Amt. Pustekuchen: Statt Frau Müller leitet nun der alleinerziehende Maximilian Geißler das Seminar. Der junge Beamte ist ehrgeizig und will unbedingt eine neue EU-Norm umsetzen. Eine Verordnung, die eingeführt wurde, um die zunehmenden Beschwerden über schlechtes Benehmen der Weihnachtsmänner „im Dienst“ zu verhindern. „47 Prozent der Weihnachtsmänner kommen betrunken zur Bescherung und holen die Geschenke aus dem blauen Müllsack hervor“, weiß Maximilian Geißler. Allerdings stößt er in dem Seminar auf großen Widerstand. Seine drei Teilnehmer haben ihre eigenen Vorstellungen von ihrem Job und treiben den Ausbilder von einer Ohnmacht in die nächste…

Viel Überzeugungsarbeit ist nötig im Santa-Seminar.©TdA-MatthiasPiekacz

„Das Santa-Seminar“ von Stephan Eckel feierte am Sonnabend seine Uraufführung im Theater der Altmark und wurde vom Publikum begeistert aufgenommen. Fast zwei Stunden läuft auf der Bühne eine Komödie ab, die dem Zuschauer keine Luft zum Atmen lässt, da er aus dem Lachen nicht herauskommt. Kein Wunder, hat Stephan Eckel die Dialoge der Protagonisten bissig und perfekt aufeinander abgestimmt – so, als habe er jedem der fünf Darsteller seine Rolle auf den Leib geschrieben:

Kerstin Slawek als besorgte und vermittelnde Weihnachtsfrau, die immer die neuesten Weihnachtstrends kennt. Paul Worms, der penible Paragrafenreiter, der alles besser weiß. Hannes Liebmann als Weihnachtsmann, der schon mal seinen Rottweiler mit zur Kinder-Bescherung bringt. Jules Armana als leicht autistischer Knecht Ruprecht, der keine Veränderung zulässt und nur darauf wartet, in sein Kostüm zu schlüpfen.

Als sei ihr leichtes und beschwingtes Spiel – auch wenn es des Öfteren ziemlich laut zugeht ­– nicht genug, wird das Quartett von den ChorMärkern mit Weihnachtsliedern der ganz besonderen Art begleitet. Beeindruckend: Das weihnachtliche „Highway to Hell“ von AC/DC. Der Chor unter der Leitung von Robert Grzywotz und Tilman Frieser präsentiert den Rockklassiker so unbeschreiblich verrückt, dass diese Szene die Teilnahme am „Santa-Seminar“ fast zur Pflicht macht.

Vergnügliche Einstimmung auf Weihnachten, auch gerne in größerem Rahmen

Die Hauptdarsteller bei der Premierenfeier. ©T.Pfundtner

Umjubelt wurden bei der Premierenfeier auch die Kinder-Darsteller.© T.Pfundtner

Aber natürlich sind es letztendlich die Schauspieler, die der Komödie rund um das Fest der Liebe, dem damit verbundenen Kommerz und der Suche nach Liebe und Geborgenheit bis ins letzte Sprach-Detail den nötigen Pfiff verleihen. So gibt es Szenen, die an den legendären Sketch von Peter Frankenfeld „Papa geht’s gut“ erinnern. Nicht zu vergessen, die Jahrgangs-Spekulatius, die bestimmt schon Jahre im Amt lagerten und nun für das Santa-Seminar hervorgekramt wurden … Auch das Rollenspiel, in dem akribisch der Auftritt des Weihnachtsmannes beim Kunden geprobt wird, strapaziert im positiven Sinn die Lachmuskeln. Dass das Schauspielerquintett nicht selbst ins Lachen gerät, lässt staunen. Sicher nur eine Kleinigkeit, die aber zeigt, wie ernsthaft sich Regisseur Jürg Schlachter und die Schauspieler mit dem „Santa-Seminar“ auseinandergesetzt haben. Was übrigens bei Komödien, die nicht nur der Belustigung des Publikums dienen, sondern auch zum Nachdenken anregen, wichtig ist.  Und Dramaturgin Sylvia Martin beweist erneut, was in ihr steckt. Ob Drama, Tragödie oder Komödie – sie entwickelt bei jeder Inszenierung ein besonderes Gespür für die gelungenen Umsetzungen der Stücke.

Erwähnenswert sind die Kostüme, die unter der Leitung von Kirstin Versümer – sie feierte am Premierenabend 40-jähriges Berufsjubiläum am TdA – geschneidert und ausgesucht wurden.  Auch die Bühnen-Kulisse überzeugt: Kalter Schulungsraum gegen strahlenden Weihnachtsbaum und funkelnde Accessoires.  Fazit: Das Santa-Seminar ist die ideale Vorbereitung auf das Fest der Liebe, denn sie führt vor, wie wir Weihnachten nicht feiern sollten….

Schade, dass die begeisternde Weihnachts-Komödie nicht im Großen Saal gespielt wird. So können nur einige hundert Zuschauer am „Santa-Seminar“ teilnehmen. Aber, wie auf der Premierenfeier zu hören war, wird nach zusätzlichen Vorstellungsterminen gesucht, zu denen, die bisher feststehen. Das wäre Stendal zu wünschen!